FALSTAFF KARRIERE 05/2017 - POWERED BY HOGASTJOB.COM
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karriere / SCHNECKEN<br />
»Das Schneckenland«<br />
Familie Drehmann-Westermann<br />
und Familie Wolski.<br />
Thinktank<br />
Gugumuck hat für artgerechte<br />
Ernährung nachhaltige Landwirtschaftskonzepte<br />
für den urbanen<br />
Raum aufgebaut.<br />
><br />
Schnecken benötigen laut Gugumuck 85<br />
Prozent weniger Futtermittel als Rinder, um<br />
ein Kilogramm Muskelfleisch zu erzeugen,<br />
und besitzen noch dazu doppelt so viel<br />
Eiweißgehalt wie Rindfleisch.<br />
Anfänglich hat Gugumuck jede freie Minute<br />
in die Aufzucht investiert. »Es gab keinen<br />
Referenzbetrieb, so musste ich alles von Gehegebau,<br />
Fütterung, Vermehrung, Bewässerung<br />
bis hin zur Verarbeitung selbst erlernen. Ich<br />
habe anders als andere Züchter von Anfang<br />
an nicht die Schneckenzucht in den Mittelpunkt<br />
gestellt, sondern die Schnecken am<br />
Teller.« Die Spitzengastronomie war begeistert,<br />
der Gast noch nicht überzeugt. Daher rief<br />
Gugumuck 2012 das erste Schneckenfestival<br />
ins Leben. Weitere Projekte waren der Bau<br />
einer eigenen Manufaktur mit Bistro, eine eigene<br />
Augarten-Gugumuck-Schneckenpfanne,<br />
Durch den Wegfall von<br />
Gülle, weniger Treibhausgase<br />
und einen geringen<br />
Wasserverbrauch sind<br />
Schnecken eine umwelt- und<br />
klimafreundliche Alternative.<br />
ein Future Garden. Überrascht war Gugumuck<br />
selbst von dem Anklang seines Sechs-Gänge-<br />
Schneckenmenüs.<br />
Als es bei Dickel mit der Nachfrage endlich<br />
so weit war, erfuhr sie vom Veterinäramt, dass<br />
sie für ihren Betrieb eine Schlachterlaubnis<br />
benötigt. Die gelernte Bauführerin machte also<br />
eine Fortbildung in Schneckenschlachtung.<br />
»Eigentlich«, sagt sie, »ist nicht viel dabei.«<br />
Die Tiere kommen in siedendes Wasser, werden<br />
zehn Mal gewaschen und drei Stunden in<br />
einem Gemüsefond gekocht, anschließend<br />
schockgefrostet. Ihr erster Auftrag 2009 war<br />
zugleich ein lukrativer: »Feinkost Käfer tätigte<br />
mit 500 Stück die erste Bestellung und ist<br />
nach wie vor mein Kunde.« Um die Schneckentradition<br />
weiter zu etablieren, hat Gugumuck<br />
spannende Projekte in petto: Zurzeit<br />
wird ein Schneckenporzellan in der Porzellanmanufaktur<br />
Augarten in Handarbeit produziert.<br />
Gemeinsam mit Fritz Wieninger hat er<br />
einen geeigneten Weingarten am Wiener Nussberg<br />
gefunden und den ersten Wiener Schneckenwein<br />
präsentiert. Die Pläne für einen Food-<br />
Anhänger in Schneckenform sind bereits fertig,<br />
der bei Caterings oder auch als Schneckenschank<br />
eingesetzt werden soll.<br />
<<br />
Aufbau des eigenen Schneckenbusiness<br />
Gehege. Ein Gehege, bestenfalls im Outdoorbereich,<br />
mit Schattenplätzen und einer Vegetation, die möglichst<br />
lange grün ist, wie vielen Kräutern und Salaten.<br />
Wichtig ist ein Zaun, der aus Holzlatten bestehen<br />
kann, die beispielsweise mit einem Gemisch<br />
aus Pflanzenschmierfett und Salz bestrichen werden.<br />
Der Boden hat kalkhaltig zu sein. Andernfalls<br />
ist der pH-Wert mit Kalk richtig einzustellen. Die<br />
Schnecken brauchen den Kalk für ihr Haus. Mit<br />
Sprühnebel-Düsen kann nachts das Gehege<br />
bewässert werden. Pro Quadratmeter sollten nicht<br />
mehr als 20 bis 30 Schnecken gehalten werden.<br />
Zuchtstart. Kauf von Mutterschnecken beim Schneckenzüchter.<br />
Nicht erlaubt ist das Sammeln in der<br />
Natur. Die Mutterschnecken legen bereits Eier.<br />
Fütterung. Schnecken sind genügsam: Karotten,<br />
Reste von Schalen, Salate oder Kräuter wie Fenchel<br />
und Thymian, Äpfel, Mangold, Gemüse u. v. m.<br />
stehen auf ihrem Speiseplan.<br />
Pflege. Je feuchter die Umgebung, je besser die<br />
Vegetation, desto schneller vermehren sich die<br />
Schnecken. Schnecken sind Zwitter und befruchten<br />
sich gegenseitig. Eine befruchtete Schnecke kann 20<br />
bis 30 Eier legen.<br />
Wachstum. Bis man die ersten Schnecken sammeln<br />
kann, braucht es mindestens zwei Jahre. So lange<br />
braucht zum Beispiel die einheimische Weinbergschnecke<br />
Helix pomatia bis zur Geschlechtsreife.<br />
Ernte. Zwei Mal pro Jahr ist eine Ernte möglich. Die<br />
Monate Mai und im Herbst zwischen September und<br />
November eignen sich ideal. Es müssen genügend<br />
Schnecken für die Weiterzucht verbleiben. Pro Schnecke<br />
kann man am Ende mit fünf Gramm Fleisch rechnen.<br />
Verarbeitung. Nachdem die Schnecken ihre Eier gelegt<br />
haben, können sie eingesammelt werden. Dann<br />
folgt das Entlüften: In Kisten geschlichtet, werden die<br />
Schnecken an einen dunklen, kühlen, trockenen Ort<br />
gebracht. Nach spätestens zehn Tagen fallen sie in den<br />
Schlafmodus – das ist ein natürlicher Vorgang. In diesem<br />
Zustand können Schnecken monatelang verharren.<br />
So können die Schnecken dann verarbeitet oder<br />
im Frühjahr wieder ausgesetzt werden. Zum Abtöten<br />
werden die Schnecken (im Schlafzustand) zehn Minuten<br />
in kochendes Wasser gegeben. Danach können<br />
das Fleisch aus dem Haus und der Eingeweidesack<br />
entfernt und das Muskelfleisch entschleimt werden.<br />
Das Fleisch drei Stunden köcheln lassen. Am besten<br />
in einem Gemüse- oder Weißweinfond.<br />
!<br />
TIPP<br />
Gugumuck bietet Schneckenzucht-Seminare<br />
für die eigene erste Schneckenzucht an.<br />
Fotos: Andreas Gugumuck, beigesetllt<br />
36 falstaff karriere <strong>05</strong>/<strong>2017</strong>