FALSTAFF KARRIERE 05/2017 - POWERED BY HOGASTJOB.COM
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THINK<br />
PIG<br />
Sie trotzen dem Vorurteil, Schlachten sei nichts für Frauen:<br />
ein Porträt über moderne Fleischenthusiastinnen und ihren<br />
persönlichen Zugang zu einer zutiefst archaischen Handlung,<br />
die schon lange nicht mehr den Männern vorbehalten ist.<br />
TEXT SONJA PLANETA<br />
Zwanzig Sekunden. Mehr dürfen<br />
zwischen Bolzenschuss und Stechen,<br />
dem Öffnen der Venen von<br />
Schlachttieren, nicht vergehen. So<br />
verlangt es das durch Verordnung<br />
(EG) Nr. 1099/2009 europaweit einheitlich<br />
geregelte Tierschutzgesetz bei Schlachtungen.<br />
20 Sekunden, die für Isabell Wiesner höchste<br />
Konzentration bedeuten. Weitere anwesende<br />
Personen – in der Regel sind das Teilnehmer<br />
an den von ihr und ihrem Mann Christoph<br />
angebotenen Schlachtkursen – dürfen sich<br />
der Landwirtin in dieser Zeit auf höchstens<br />
drei Meter nähern. »Ich hatte mal einen<br />
Fotografen dabei, der lag fast unter der Sau.<br />
Wenn ich schießen und stechen muss, kann<br />
ich aber keine Rücksicht darauf nehmen, ob<br />
jemand freie Sicht hat. Seither bestehe ich auf<br />
Abstand«, erklärt Wiesner. Andernfalls könne<br />
sie eine tiergerechte, sprich möglichst<br />
angst-, schmerz- und stressfreie Schlachtung<br />
nicht gewährleisten – was Wiesner zutiefst<br />
widerstrebt.<br />
ROUTINIERT, ABER KEINE ROUTINE<br />
Stressfrei zu schlachten, bedeutet, das Tier in<br />
seiner gewohnten Umgebung zu erlegen, also<br />
etwa am Feld in der Herde, so wie es auch<br />
Isabell und Christoph Wiesner handhaben.<br />
Seit 1999 züchten die beiden Aussteiger auf<br />
ihrem Bio-Hof »Arche De Wiskentale« in<br />
Wischathal in Niederösterreich Mangalitza-<br />
Schweine in Freilandhaltung. An ihre erste<br />
Tötung erinnert sich Isabell Wiesner noch<br />
genau: eine Ziege, kurz vor dem Sterben, die<br />
sie von ihrem Leid erlösen wollte. »Es war<br />
nicht so, dass ich mich geweigert hätte, aber<br />
bis dahin war für mich immer klar: Christoph<br />
schießt. Er war allerdings auf Urlaub.<br />
Am Telefon hat er mir dann erklärt, wo ich<br />
den Schlachtschussapparat ansetzen muss«,<br />
erzählt Wiesner. Heute schießt und sticht einmal<br />
sie, einmal ihr Mann, je nachdem, wer in<br />
der besseren Position ist, um rasch handeln<br />
zu können. Routine stellt sich für die studierte<br />
Landschaftsplanerin aber nicht ein: ><br />
<strong>05</strong>/<strong>2017</strong> karriere falstaff<br />
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