FALSTAFF KARRIERE 05/2017 - POWERED BY HOGASTJOB.COM
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MAGAZIN DER SOMMELIERUNION AUSTRIA<br />
KOLUMNE<br />
»Es wäre zeitgemäß,<br />
diesen Mindestwert<br />
aufzulösen, zumal<br />
die Einteilung von<br />
trockenen Weinen<br />
heute immer stärker<br />
nach Herkunft als<br />
nach Zuckergraden<br />
erfolgt.«<br />
Kellermeister Heinz Frischengruber | Weingutsleiter Roman Horvath MW<br />
WILLI KLINGER<br />
Soll man Weine noch nach<br />
Alkoholgehalt einteilen?<br />
In Deutschland und Österreich wurden<br />
die Weine traditionell nach der Zuckerpyramide<br />
eingeteilt, nach dem Motto: Je<br />
höher das Mostgewicht, desto wertvoller<br />
der Wein. Am deutlichsten wird das heute<br />
noch in der Wachau, wo die Weine in drei<br />
Gewichtsklassen als »Steinfeder«, »Federspiel«<br />
und »Smaragd« bezeichnet werden.<br />
Ganz fremd ist die Klassifikation von Weinen<br />
nach Alkohol auch dem romanischen<br />
Weinrecht nicht. Auch dort gibt es bei<br />
vielen Weinkategorien Mindestalkoholgrenzen,<br />
zum Beispiel 12,5 % beim Barolo,<br />
wobei dieser Minimalwert bei Weinen mit<br />
einer »zusätzlichen geografischen Bezeichnung«<br />
(zum Beispiel Weine aus Einzellagen)<br />
auf 13 % steigt.<br />
Interessant ist, dass zum Beispiel die<br />
beim Barolo zusätzlich mögliche Bezeichnung<br />
»Riserva« keinen höheren Alkoholwert<br />
als der »normale« Barolo erfordert.<br />
Der Unterschied besteht lediglich in einer<br />
um zwei Jahre längeren Lagerzeit (sechs<br />
Jahre bei der »Riserva« statt vier Jahre).<br />
In Zeiten, wo ein hoher Alkoholwert<br />
nicht mehr automatisch mit höherer<br />
Qualität gleichgesetzt wird, sollte man in<br />
Österreich überlegen, den im Weingesetz<br />
definierten Mindestalkohol von 13 % bei<br />
der »Reserve« abzuschaffen. Es gibt nämlich<br />
immer wieder Fälle, wo extrem lang<br />
ausgebaute und lagerfähige Weine Alkoholwerte<br />
unter 12,5 % aufweisen, die<br />
daher den Begriff »Reserve« nicht tragen<br />
dürfen, obwohl es sich um große, lagerfähige<br />
Weine handelt.<br />
Es wäre also zeitgemäß, diesen Mindestwert<br />
aufzulösen, zumal die Einteilung von<br />
trockenen Weinen heute immer stärker<br />
nach Herkunft als nach Zuckergraden<br />
erfolgt. Die Kategorisierung nach Gebietswein/Ortswein/Riedenwein<br />
setzt sich in<br />
einigen Gebieten bereits durch, wobei der<br />
Riedenwein in der Hierarchie die Spitze<br />
einnimmt.<br />
Die aktuelle Diskussion über den Alkoholgehalt<br />
von Weinen insgesamt geht im<br />
Übrigen langsam in das andere Extrem<br />
über. Die Frage ist heute nicht mehr, wie<br />
viel Alkohol Weine haben müssen, damit<br />
man von großen Weinen sprechen kann,<br />
sondern wie viel sie haben dürfen. Hohe<br />
Alkoholwerte werden vielfach automatisch<br />
kritisiert, und auch das ist falsch. Große<br />
Weine gibt es unabhängig vom Alkoholgehalt.<br />
Entscheidend sind Struktur, Finesse,<br />
Charakter und – ja, das ist die Krux –<br />
Balance!<br />
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PUNKTE<br />
<strong>FALSTAFF</strong><br />
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