Das Koerperschema
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26 <strong>Das</strong> Körperschema der Amputierten.<br />
des linken Armes bewirkte immer nur einen Faustschluß am rechten.<br />
Zweifellos steht also die Beweglichkeit beider Körperhälften<br />
zueinander in einem sehr engen Zusammenhang. Die kontralateral<br />
symmetrischen Mitbewegungen beruhen zweifellos auf<br />
rein körperlichen Anordnungen, deren Zentralpunkt entsprechend<br />
der ursprünglichen Annahme von WESTPHAL die Stammganglien<br />
sein dürfte. Die Mitbewegungen des Phantomgliedes könnten<br />
nun angesehen werden als die Verarbeitung der Innervationsimpulse.<br />
Diese Annahme scheint mir jedoch recht wenig wahrscheinlich<br />
zu sein, denn wir haben gar kein Recht, von Impulsen<br />
zu Mitbewegungen zu sprechen und es ist kaum anzunehmen,<br />
daß die Innervation als solche die Änderung im Körperschema<br />
hervorrufe. Viel wahrscheinlicher ist es, daß der Bewegungsentwurf<br />
und die cortical-kinästhetische Bewegungsmelodiei) der<br />
wirklich ausgeführten Bewegung symmetrisch übertragen wird.<br />
Hierbei mögen die durch die nie fehlenden Bewegungen des<br />
Muskelstumpfes bedingten kinästhetischen Eindrücke unterstützend<br />
mitwirken. Daß diese nicht maßgebend sind, geht ja<br />
schon daraus hervor, daß in dem ausführlich mitgeteilten FaHe<br />
das Phantomglied nicht einmal immer in der Richtung des Stumpfes<br />
liegt. Daß das Phantomglied und seine Struktur auf komplizierter<br />
zentraler Verarbeitung beruht, geht schon daraus hervor,<br />
daß unser Pat. die charakteristische Empfindung hatte, er gehe<br />
auf Filz. Er empfand also das gleiche wie der Tabiker mit erhaltenem<br />
Bein. Es ist übrigens bemerkenswert, daß sich, wie auch<br />
die lanzinierenden Schmerzen zeigen, der tabische Prozeß zunächst<br />
im amputierten Bein lokalisiert hat. Unser Kranker verspürt<br />
Mitempfindungen im amputierten Bein. Ich habe diese Erscheinung<br />
zunächst nicht verstanden. Denn die Mitempfindungen<br />
sind ja zweifellos zentralen Charakters. Nun habe ich bei den<br />
Amputierten, die ich untersucht habe, wiederholt gesehen, daß<br />
der Stumpf auch auf ganz entfernt liegende Reize sehr leicht anspricht.<br />
<strong>Das</strong> erinnert an die Beobachtung STRÄUSSI_ERS, daß bei<br />
bestimmten Schußverletzungen peripherer Nerven das periphere<br />
Versorgungsgebict des Nerven bei allen möglichen Reizen sehr<br />
leicht mit Schmerzen reagiert. Es mag wiederum bedeutsam sein,<br />
daß offenbar symmetrisch gelegene Reize besonders leicht zu<br />
derartigen Schmerzen führen.<br />
1) Eine exaktere Beschreibung der einschlägigen Vorgänge im Absatz IV.