Procycling 05.2019
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DAS LETZTE WORT<br />
JENS VOIGT<br />
Die Frühjahrsklassiker sind in vollem Gange und Jens gibt sein erstes Feedback.<br />
© Getty Images<br />
Auch in diesem Frühjahr<br />
konnte das Quick-Step-<br />
Team sich wieder dominat<br />
präsentieren. (Seid nachsichtig, ich<br />
gewöhne mich immer noch daran,<br />
dass sie eigentlich Deceuninck–<br />
Quick-Step heißen!) Der Name mag<br />
neu sein, aber die Art und Weise,<br />
wie sie Rennen fahren, ist es nicht.<br />
Fast jedes Jahr beginnt das Team die<br />
Saison mit einer Reihe von Siegen.<br />
Diese Liste wird bisher von Julian<br />
Alaphilippe bei Mailand–San Remo<br />
angeführt. Wir alle sollten ihm etwas<br />
Respekt zollen – seit Jahren<br />
ist es im Frühjahr eines der besten<br />
Teams. Außerdem wäre es einfach<br />
unwahr zu sagen, dass das Team<br />
nach den Klassikern von der Bildfläche<br />
verschwindet. Es strebt nach wie<br />
vor Etappensiege bei der Tour de<br />
France an und tritt das ganze Jahr<br />
über auf höchstem Niveau an. Man<br />
kann mit Sicherheit sagen, dass Fahrer<br />
wie Alaphilippe oder Bob Jungels<br />
auch bei den kommenden großen<br />
Rennen ein Wort mitzure den haben.<br />
Und mit Elia Viviani hat Deceuninck<br />
einen der erfolgreichsten Sprinter der<br />
letzten zwei Jahre. Daher führt in<br />
keinem Rennen der Weg an diesen<br />
Fahrern vorbei.<br />
Auch wenn sie bisher ein tolles<br />
Jahr hatten, war ein weiteres großes<br />
Team, Sky (bzw. ab Mai Ineos), bei<br />
den Klassikern bisher weniger sichtbar.<br />
Es setzte nicht zu viel aufs Spiel<br />
bei den Eintagesrennen, und es ist<br />
schwer zu erkennen, dass sich das<br />
bei den gepflasterten Veranstaltungen<br />
ändern wird.<br />
Es ist lustig, dass Deceuninck,<br />
kurz, nachdem ich darüber geschrieben<br />
hatte, wie dominant das Team<br />
war, im letzten Test vor Flandern –<br />
Gent–Wevelgem, keinen einzigen<br />
Fahrer in den Top Ten hatte. Es gab<br />
wirklich starke Leistungen von anderen<br />
Teams wie Jumbo-Visma und<br />
Trek-Segafredo. Das ist ein gutes<br />
Zeichen, denn es zeigt, dass sie<br />
nicht geschlagen sind und erkannt<br />
haben, dass sie nicht warten dürfen,<br />
bis Deceuninck seinen eigenen Plan<br />
für das Rennen durchsetzt, sondern<br />
versuchen, früh zu gehen und ihr<br />
eigenes Glück zu suchen. Wir stehen<br />
vor offeneren und unberechenbareren<br />
Rennen – sobald jeder merkt,<br />
dass ein Team oder Fahrer besiegbar<br />
ist, wollen sie es alle versuchen.<br />
Wir hatten die Gelegenheit, auch<br />
bei den Klassikern einige ziemlich<br />
spannende und fantastische Frauenrennen<br />
zu erleben, zum Beispiel<br />
Dwars door Vlaanderen, wo Ellen<br />
van Dijk nach einem 15-Kilometer-Solo<br />
gewann. Fabian Cancellara<br />
hätte es nicht besser machen können.<br />
Chapeau, Ellen!<br />
„ES GAB WIRKLICH STARKE LEISTUNGEN VON<br />
ANDEREN TEAMS WIE JUMBO-VISMA UND<br />
TREK-SEGAFREDO. DAS IST EIN GUTES<br />
ZEICHEN, DENN ES ZEIGT, DASS SIE NICHT<br />
GESCHLAGEN SIND UND ERKANNT HABEN,<br />
DASS SIE NICHT WARTEN DÜRFEN.“<br />
Ein weiterer Fahrer, der mich in<br />
diesem Frühjahr fasziniert hat, ist<br />
Mathieu van der Poel. Am 5. Januar<br />
holte er sich seinen 100. Karrieresieg<br />
beim Gullegem-Cyclo-Cross,<br />
blieb aber nicht stehen – er wurde<br />
Vierter in Gent–Wevelgem und<br />
krönte dies mit einem spektakulären<br />
Sieg bei der Dwars door Vlaanderen.<br />
Auf diesen Jungen muss man in Zukunft<br />
achten – er könnte Weltmeister<br />
im Cyclo-Cross, Mountainbike<br />
oder Straßenrennen werden, weil er<br />
in allem richtig gut ist.<br />
Auch ihm habe ich die Daumen<br />
gedrückt, aber Weltmeister Alejandro<br />
Valverde hat es bei seinem ersten<br />
Auftritt bei der Flandern-Rundfahrt<br />
nicht geschafft. Dafür konnten<br />
Mathieu van der Poels Allround-<br />
Talent zieht Jens’ Aufmerksamkeit<br />
auf sich.<br />
wir den sagenhaften Ritt und ersten<br />
Profisieg von Alberto Bettiol bestaunen.<br />
Wir sind gespannt, was der<br />
25-jährige Fahrer von EF Education<br />
First–Drapac noch zu seinem Palmares<br />
zufügen wird.<br />
Jens Voigt beendete seine Profi -<br />
karriere 2014 nach 18 Jahren.<br />
Der Berliner war einer der angriffslustigsten<br />
und beliebtesten Fahrer<br />
im Peloton. Unter anderem hielt er<br />
für 42 Tage den Stundenweltrekord.<br />
114 PROCYCLING | MAI 2019