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Procycling 05.2019

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NACHLESE<br />

GENT–WEVELGEM / 31.03.2019<br />

KRISTOFF ZU SCHNELL<br />

FÜR EIN ZERMÜRBTES<br />

PELOTON<br />

© Kramon, Gruber Images (groß)<br />

Die gute Nachricht für den Rest des<br />

Fahrerfelds ist, dass bei Gent–<br />

Wevelgem endlich eine Möglichkeit<br />

gefunden wurde, den Würgegriff von<br />

Deceuninck–Quick-Step um die belgischen<br />

Eintagesrennen zu lockern. Die<br />

schlechte Nachricht ist, dass die verwendete<br />

Methode war, das gesamte Rennen<br />

viel härter als sonst zu fahren.<br />

Plan A des belgischen Teams lautete,<br />

das Rennen zu kontrollieren, damit es zu<br />

einem Sprint kommen und ihr Vorjahres-<br />

Zweiter Elia Viviani punkten würde. Doch<br />

der Italiener war im Finale des Rennens<br />

zermürbt und nicht fähig, seine normalerweise<br />

atemberaubende Endgeschwindigkeit<br />

auch nur annähernd zu erreichen.<br />

Nutznießer war Alexander Kristoff, der<br />

nicht der schnellste Massensprinter der<br />

Welt ist, aber bei langen und schweren<br />

Rennen in seinem Element ist. Ex-Sprinter<br />

Robbie McEwen bemerkte, dass Kristoffs<br />

Teamkollege Fernando Gaviria im Sprint<br />

einen sehr guten Job als „Ausputzer“ des<br />

Norwegers gemacht hatte – sich an sein<br />

ERGEBNIS<br />

Hinterrad gehängt hatte, um zu verhindern,<br />

dass irgendjemand von seinem<br />

Windschatten profitieren konnte. Aber<br />

Kristoffs Beschleunigung und Spitzengeschwindigkeit<br />

war der aller anderen so<br />

überlegen, dass ohnehin niemand an ihm<br />

vorbeigekommen wäre.<br />

Velon, das Kollektiv einiger World-<br />

Tour-Teams, veröffentlichte die Wattzahlen<br />

des Siegers Kristoff, aus denen hervorging,<br />

dass der Norweger fünfeinhalb<br />

Stunden lang im Schnitt 345 Watt getreten<br />

hatte. Das entspricht der Leistung,<br />

die es erfordert, um bei einer schweren<br />

Ausgabe der Flandern-Rundfahrt konkurrenzfähig<br />

zu sein. George Hincapie veröffentlichte<br />

seine normalisierte Wattzahl<br />

für die Austragung der Ronde 2011, die<br />

339 Watt betrug. (Kristoff verbrannte in<br />

der Zeit auch 7.350 Kalorien, was 16 Portionen<br />

belgischen Pommes und 16 belgischen<br />

Bier entspricht – plus ein Energie-Gel.)<br />

Doch bevor Kristoff gewinnen konnte,<br />

mussten er und der Rest des Pelotons dafür<br />

sorgen, dass Deceuninck verlor. Ausnahmsweise<br />

einmal geriet das belgische<br />

Team früh ins Hintertreffen – Seitenwind<br />

zerlegte das Peloton, als noch 200 Kilometer<br />

zu fahren waren, und während einige<br />

Teams wie Jumbo-Visma und Trek-<br />

Segafredo viele Fahrer in die 20-köpfige<br />

Gruppe bekamen, die sich absetzte, war<br />

Deceuninck nur mit Tim Declercq vertreten.<br />

Das belgische Team hat viele starke<br />

Fahrer und Declercq ist ein zuverlässiges<br />

Arbeitspferd, aber es war klar, dass er aus<br />

einer Gruppe heraus, in der sich Peter Sagan,<br />

John Degenkolb, Wout Van Aert,<br />

Matteo Trentin und Niki Terpstra befanden,<br />

niemals würde gewinnen können.<br />

FAHRER TEAM ZEIT<br />

1 Alexander Kristoff UAE Team Emirates 5:26:08<br />

2 John Degenkolb Trek-Segafredo 0:00<br />

3 Oliver Naesen AG2R La Mondiale 0:00<br />

4 Mathieu Van Der Poel Corendon-Circus 0:00<br />

5 Danny Van Poppel Jumbo–Visma 0:00<br />

Ausgepumpt<br />

liegt Degenkolb am<br />

Boden, nachdem er<br />

Zweiter hinter Kristoff<br />

geworden ist.<br />

74<br />

Siege in<br />

Kristoffs<br />

Karriere<br />

Die Aufholjagd unter Führung von Lotto-<br />

Soudal und CCC dauerte fast den Rest<br />

des Rennens. Einige wenige Überlebende,<br />

darunter Trentin und Sagan, waren bei<br />

der letzten Passage des Kemmelbergs<br />

noch vorn; einige wenige fleißige andere<br />

wie Luke Rowe und Kristoff schafften den<br />

Anschluss. Als auf den letzten 20 Kilometern<br />

alles zusammenlief, war das Peloton<br />

auf 35 Fahrer geschrumpft, wovon die<br />

meisten erledigt waren, nachdem sie entweder<br />

den ganzen Tag in der Ausreißergruppe<br />

verbracht oder den ganzen Tag<br />

Nachführarbeit geleistet hatten.<br />

Deceunincks Plan A stand, gerade so<br />

eben. Trek begann sich zu formieren. Mit<br />

Degenkolb, Jasper Stuyven und Mads Pedersen<br />

hatten sie wohl die besten Op tionen<br />

für das Finale: einen Sprinter (Degenkolb),<br />

einen Klassiker-Spezialisten (Pe dersen)<br />

und einen Fahrer, der beides konnte (Stuy-<br />

80 PROCYCLING | MAI 2019

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