Procycling 05.2019
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PROLOG<br />
FÜNF FRAGEN AN<br />
FABIAN WEGMANN, SPORTLICHER LEITER<br />
DER DEUTSCHLAND TOUR<br />
Niedersachsen<br />
HANNOVER<br />
Fabian, ihr beschreibt die Route als „vier<br />
Klassikeretappen, die sowohl Sprinter als auch<br />
angriffslustige Puncheure ansprechen“. Wie<br />
wichtig ist dabei der Termin Ende August/<br />
Anfang September?<br />
Wir haben die Deutschland Tour ganz bewusst<br />
zwischen die Tour de France und die Weltmeisterschaften<br />
gelegt. Die Fahrer, die aus der Tour<br />
herauskommen, haben dann vier Wochen Zeit<br />
gehabt, sich zu erholen, und fangen zu dem Zeit -<br />
punkt wieder an, Rennen zu fahren. Die Deutsch -<br />
land Tour ist für sie eine optimale Gelegenheit,<br />
um sich auf die Weltmeisterschaft vorzubereiten.<br />
Auch die Fahrer, die nicht auf Gesamtwertung<br />
fahren, kommen dabei gut mit – und wenn<br />
sie sich richtig belasten wollen, können sie im<br />
Finale einen raushauen.<br />
MARBURG<br />
Hessen<br />
Sachsen-<br />
Anhalt<br />
REGION HARZ /<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
GÖTTINGEN<br />
EISENACH<br />
ERFURT<br />
Thüringen<br />
Wie ist die Resonanz von internationalen<br />
Fahrern und Teams?<br />
Wir haben ja gesehen, wen wir letztes Jahr am<br />
Start hatten: Wir hatten Platz eins, zwei und vier<br />
der Tour dabei. Das hat schon gezeigt, was das<br />
Rennen für einen Stellenwert hat und dass den<br />
Fahrern das Profil gepasst hat. In diesem Jahr<br />
wird die Anzahl der UCI WorldTeams noch mal<br />
ordentlich steigen. Das Interesse ist also groß.<br />
Das zeigt, dass wir alles richtig gemacht haben.<br />
Wie sieht es mit Wildcards aus?<br />
Die beste Mannschaft der Bundesliga kann sich<br />
automatisch qualifizieren, der Stichtag dafür ist<br />
die Deutsche Meisterschaft. Das Gleiche gilt für<br />
die beste [deutsche] Mannschaft der Europe-<br />
Tour-Wertung. Allein dadurch hat die Bundesliga<br />
einiges an Aufwind bekommen. Und das soll<br />
auch der Anreiz sein. Das ist das Ziel, das wir<br />
haben. Es geht uns ja auch darum, den deutschen<br />
Radsport voranzubringen und ihm eine<br />
Plattform zu bieten. Wir brauchen den Nachwuchs,<br />
und wir brauchen mehr Rennen. Die<br />
Rennen sind in den letzten Jahren weniger<br />
geworden. Neben den beiden direkt qualifizierten<br />
Teams werden wir zwei weitere auswählen.<br />
Dabei liegt unser Fokus darauf, welche Arbeit<br />
sie machen und ob sie junge Fahrer haben,<br />
denn wir wollen natürlich auch junge deutsche<br />
Talente an den Start bringen, damit sie sich vor<br />
heimischem Publikum zeigen und beweisen<br />
können. Ein Rennen wie die Deutschland Tour ist<br />
eine Riesenbühne für so ein Team. Wann kommt<br />
ein Conti-Team sonst vier Tage ins Fernsehen?<br />
Ihre Rennen werden ja häufig nicht übertragen.<br />
Das ist dann natürlich auch für deren Sponsoren<br />
interessant, und so können sie dann wachsen.<br />
So hat es die Tour de France damals im Grunde<br />
genommen auch mit Bora–hansgrohe gemacht,<br />
als das Team noch NetApp[-Endura] hieß. Es hat<br />
eine Wildcard gekriegt, sich dann bei der Tour<br />
gut verkauft und dadurch wieder Sponsoren<br />
gewonnen. So ist es gewachsen.<br />
2018 war für den deutschen Radsport – abgesehen<br />
von John Degenkolbs Etappensieg bei der<br />
Tour de France – sehr durchwachsen. Viele<br />
prominente Fahrer wie Marcel Kittel, André<br />
Greipel oder Tony Martin hatten nicht die Form<br />
früherer Jahre.<br />
Ex-Profi Fabian Wegmann erwartet eine bis<br />
zuletzt spannende Rundfahrt.<br />
Dafür hatte ein Pascal Ackermann ein Wahnsinnsjahr.<br />
Der ist in Topform. Oder Maximilian<br />
Schachmann. Wir haben letztes Jahr gedacht,<br />
dass wir nur deutsche Sprinter haben und das<br />
Rennen möglichst flach machen müssen, damit<br />
sie eine Etappe gewinnen. Und im Endeffekt<br />
hatten wir mit Schachmann und Nils Politt zwei<br />
deutsche Etappensieger, die nicht unbedingt auf<br />
unserer Liste standen. Nils fährt auch jetzt gerade<br />
wieder grandios. So dramatisch sehe ich das also<br />
nicht. Erst letzte Woche hat Jonas Rutsch die<br />
U23-Ausführung von Gent–Wevelgem gewonnen.<br />
Wenn du da siegst, dann hast du schon ein<br />
richtiges Pfund drauf. Das ist schon ein echter<br />
Fingerzeig. Da kommt auch wieder was nach.<br />
Welche der einheimischen Fahrer können es auf<br />
das Podium der Deutschland Tour schaffen?<br />
Wenn wir sehen, wie Max [Maximilian Schachmann]<br />
drauf ist – der hat letztes Jahr eine Etappe<br />
gewonnen und ist super motiviert –, dann würde<br />
ich sagen, er ist im Moment einer der prädestinierten<br />
Fahrer für so eine Rundfahrt. Es kommt<br />
natürlich darauf an, was er für Rennen fährt und<br />
wie er dann bei der Deutschland Tour drauf ist.<br />
Aber ich gehe mal stark davon aus, dass er<br />
hochmotiviert an den Start geht. Das Gleiche<br />
gilt für Nils Politt, und auch ein John Degenkolb<br />
kann das Rennen gewinnen. Dadurch, dass wir<br />
kein ewig langes Zeitfahren oder eine extrem<br />
schwere Bergankunft haben, ist der Kreis relativ<br />
groß. Und so soll es auch sein. Es gibt ja eigent -<br />
lich nichts Schlimmeres, als wenn man vorher<br />
schon weiß, wer gewinnt.<br />
© Marcel Hilger<br />
MAI 2019 | PROCYCLING 15