Zeitsprung
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70 Jahre Pforzheimer Zeitung + 225 Jahre Zeitung in Pforzheim<br />
3<br />
Inhalt<br />
Zeit(spr)ung<br />
70 Jahre PZ und<br />
225 Jahre Zeitung<br />
Buch 1:<br />
Zeit für Gestern<br />
Stöbern Sie mit uns in der<br />
ersten Ausgabe von 1949,<br />
und erfahren Sie, wie<br />
Zeitungsmacher arbeiteten<br />
und Leser lebten. ....... 1 – 16<br />
Buch 2:<br />
Zeitraffer<br />
Nicht nur Pforzheim und<br />
der Enzkreis veränderten<br />
sich, auch das Verlagshaus<br />
befand sich stets im<br />
Wandel. ................. 17 – 32<br />
Buch 3:<br />
Zeit für uns<br />
Bei uns greifen viele Abteilungen<br />
ineinander. Wieso,<br />
weshalb, warum? Wir beantworten<br />
häufig gestellte<br />
Kinderfragen. ........ 33 – 48<br />
Buch 4:<br />
Zeit für die Leser<br />
Im Fokus steht immer der<br />
Leser. Auch in diesem<br />
Buch, das sich thematisch<br />
zwischen Fakten und Fake<br />
News bewegt. ....... 49 – 64<br />
Buch 5:<br />
Zeitvertreib<br />
Rätselfüchse und Bastelbegabte<br />
kommen hier auf ihre<br />
Kosten. Zu gewinnen gibt es<br />
auch etwas. ... Seiten 65 – 80<br />
Buch 6:<br />
Zeit nutzen<br />
Wir lieben unsere Heimat.<br />
Wo und wie sich diese<br />
am besten genießen<br />
lässt, zeigen unsere<br />
Ausflugs-, Koch- und<br />
Lesetipps..... Seiten 81 – 96<br />
Buch 7:<br />
Zeit fürs Herz<br />
Ob Promi oder Bedürftiger –<br />
wir nehmen uns aller gleichermaßen<br />
an. Es menschelt<br />
auf den ........ Seiten 97 – 112<br />
Buch 8:<br />
Was die Zeit bringt<br />
Die Zukunft der Medienhäuser<br />
kennt keiner<br />
genau. Doch die aktuellen<br />
Entwicklungen lassen zumindest<br />
einiges<br />
erahnen. .... Seiten 113 – 128<br />
Ganz nah<br />
bei den<br />
Lesern bleiben<br />
Sie nennen es „Newspaper Endgame“. Etwa jeder<br />
vierte Zeitungsverlag wird bis zum Jahr 2025 vom<br />
Markt verschwinden. Die digitalen Euphoriker im<br />
Silicon Valley sind seit langem dabei, den Tod der<br />
Tageszeitungen zu prophezeien. In der Tat hat in<br />
den letzten Jahren auch in der deutschen Zeitungslandschaft<br />
eine Flurbereinigung großen Ausmaßes stattgefunden.<br />
Etablierte Heimatzeitungen wie auflagenstarke Regionalzeitungen<br />
sind zwar nicht vom Markt verschwunden,<br />
sondern sind – der wirtschaftlichen Not gehorchend – in großen<br />
Verlagshäusern „aufgegangen“. Wachstum durch Zukauf<br />
als gängige Formel. Mit den üblichen Begleiterscheinungen:<br />
Schöpfung von Synergie-Effekten wie Ausdünnung der Redaktion,<br />
Stilllegung der eigenen Druckerei, Zusammenführung<br />
von Buchhaltung und Vertrieb.<br />
Tatsächlich haben manche Verleger – erschreckt durch die<br />
Wucht des digitalen Strukturwandels – in der Tageszeitung kein<br />
zukunftsfähiges Geschäftsmodell mehr gesehen. Das Internet,<br />
dieser neue Kommunikationskosmos, sollte zum Rückgrat unseres<br />
gesamten Lebens werden. Wirklich?<br />
Zwar hat sich die Rolle der Tageszeitung keineswegs verändert,<br />
wohl aber deren Wahrnehmung. In der jüngeren Leserschaft ist<br />
die Bedeutung der gedruckten Zeitung stark rückläufig. Und<br />
auch der Anzeigenmarkt zeigt Schwächen: Neue alternative<br />
Möglichkeiten und das Wachstum beim Gesamtangebot schaffen<br />
immer mehr Plattformen, auf denen man Werbung schalten<br />
kann. Dabei ist die Rolle der regionalen Tageszeitung heute relevanter<br />
denn je. Unter diesen Umständen ist hervorzuheben, dass<br />
die bezahlten Tageszeitungen nach wie vor Reichweiten haben,<br />
von denen andere Medien nur träumen können.<br />
Also „Endgame“ auch im Pforzheimer Medienhaus? Keineswegs!<br />
Wir wollen nicht den Untergangspropheten<br />
das Feld überlassen. Wir wollen mutig denken und uns<br />
nicht als Auslaufmodell begreifen. Denn längst sind wir vom<br />
Zeitungshaus zum Medienhaus mutiert; dies in<br />
der Erkenntnis, dass Online nicht der Sargnagel<br />
an der Entsorgungskiste der Zeitungen ist,<br />
sondern ein ebenso eigenständiger wie ergänzender<br />
Distributionskanal, der auch für die<br />
gedruckte Zeitung hilfreich sein kann. Klar ist<br />
allerdings, dass unser Geschäftsmodell des<br />
„Nachrichtenhändlers“ im Internet<br />
nicht einfach fortgeschrieben werden<br />
kann. Ein intelligenter Transfer der redaktionellen<br />
und werblichen Angebote<br />
in die digitale Welt und Social Media<br />
– im Pforzheimer Medienhaus ist<br />
er längst Realität. Insofern ist unser<br />
Ziel klar: Wir müssen ein zukunftsfähiges,<br />
digitales Unternehmen aufbauen,<br />
bevor der Tag kommt, an<br />
dem Print nicht mehr tragbar sein<br />
sollte. Wir sind mit unseren rund<br />
200 Mitarbeiterinnen und Mitar-<br />
beitern ständig am Orchestrieren dieses Veränderungsprozesses,<br />
ein Agieren im „trial & error“-Modus, in dem permanent<br />
ausprobiert, verworfen, verbessert und gelernt wird. Eine Herausforderung<br />
der besonderen Art!<br />
Aber was ist unser Geschäft? Das Bedrucken von Papier<br />
mit Nachrichten? Das tun wir immer noch mit großem<br />
Erfolg. Denn trotz ihrer schwierigen wirtschaftlichen<br />
Situation in der Medienwelt erbringen die Zeitungen unverändert<br />
eine große publizistische Leistung. Und nach wie vor Vorhanden<br />
ist auch die feste Verankerung in der Stammleserschaft.<br />
Fundierte Marktuntersuchungen bestätigen immer wieder: Die<br />
„Pforzheimer Zeitung“ ist – getragen von der Glaubwürdigkeit<br />
bei den Lesern – eine lokale Marke, sie ist ein Stück Heimat!<br />
Denn nichts ist für die Menschen bedeutsamer als das, was sich<br />
in ihrer unmittelbaren Umgebung abspielt. Hier, wo sich fast<br />
alle Probleme unserer Gesellschaft spiegeln, ist auch die „Pforzheimer<br />
Zeitung“ mehr als ein Übermittler von Nachrichten. Sie<br />
ist der Kitt in unserer Gesellschaft. Insofern kann man Zeitungen<br />
nicht allein auf Auflagen und Konditionen reduzieren,<br />
sondern auf ihre Funktion für Leser und Anzeigenkunden.<br />
„<br />
„Die Lokalzeitung ist das letzte<br />
Integrationsmedium in einer Gesellschaft mit<br />
vielen medialen Brüchen. Lediglich die<br />
Regionalzeitung spricht unabhängig von<br />
Beruf oder Bildungsstand alle an.“<br />
Professor Ernst Elitz, Gründungsintendant des Deutschlandradio<br />
Demokratie braucht starken Journalismus nicht nur<br />
in den nationalen Gazetten des Landes, sondern vor<br />
Ort. Auch wenn es pathetisch klingen mag, aber<br />
richtig ist doch: Kein anderes Medium kann nationale und<br />
regionale Entwicklungen durch seine journalistischen Darstellungsformen<br />
sauberer, ausgewogener und besser in den<br />
unmittelbaren Lebensraum der Menschen einordnen. In einer<br />
Welt, die immer lauter, schneller und unübersichtlicher erscheint,<br />
wird auch die Heimatzeitung –dieser „local hero“ –<br />
seinen Platz finden.<br />
Insofern sehe ich mit gewisser Sorge jene Entwicklungen,<br />
welche die digitale Welt mit sich bringt. Zunehmend geriert<br />
sich das Internet als eine neue fünfte Gewalt. Dort findet man<br />
kluge Gedanken, aber auch bestürzend hässliche Tiraden,<br />
Hass und Hetze. Von den falschen Leuten „bedient“, wird das<br />
Internet zum Querulantenmedium. Jeder Trottel kann sich da<br />
verbreiten, und die Journalisten müssen aufpassen, dass sie<br />
sich nicht auf dieses Niveau herablassen.<br />
W<br />
ir wissen: Gebraucht werden wir nur, wenn und solange<br />
unsere Leser das, was wir schreiben, lesen<br />
wollen. Weil sie unsere Art der Darstellung ansprechend<br />
und unsere Auswahl relevant finden. Weil sie unsere<br />
Fakten verlässlich, unsere Recherche sauber, unsere Meinung<br />
inspirierend und unsere Haltung fair finden. Wir sind fest davon<br />
überzeugt, dass ein gesellschaftliches Zusammenleben, wie<br />
wir es uns wünschen, den Journalismus braucht. Und den gibt<br />
es unter jeder Realität. Aber gebraucht werden wir nur, wenn<br />
wir uns um die lokalen Bedürfnisse, Wünsche und Probleme<br />
der Menschen kümmern.<br />
Insofern leitet sich unsere gesellschaftliche Daseinsberechtigung<br />
– und damit auch unsere wirtschaftliche Lebensgrundlage<br />
– nicht daraus ab, dass wir uns für wichtig und unverzichtbar<br />
halten. Sondern nur daraus, dass unsere Leser uns<br />
für wichtig halten.<br />
Schlussendlich aber gilt: Eine Gesellschaft, die nur<br />
noch glotzt und twittert und nicht mehr liest, verfügt<br />
nicht mehr über die selbe Qualität. Denn nur eine<br />
Gesellschaft, die liest, ist eine Gesellschaft, die denkt.<br />
Und genau damit verbinden wir Medienleute in der<br />
Pforzheimer Poststraße manche Hoffnung.<br />
ALBERT ESSLINGER-KIEFER<br />
Verleger der Pforzheimer Zeitung