Zeitsprung
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70 Jahre Pforzheimer Zeitung + 225 Jahre Zeitung in Pforzheim<br />
7<br />
FRÜHER WAR ALLES GANZ ANDERS<br />
Vom Angstschweiß triefende Glieder<br />
„<br />
Jakob und Rosa Esslinger in ihrer Druckerei.<br />
FOTOS: PZ-ARCHIV<br />
„Von dem Gedanken geleitet, unserer Stadt wieder die<br />
ortsgebundene und ortsansässige Zeitung zu geben, die in<br />
Pforzheim gestaltet, gedruckt und verlegt wird, sind wir von<br />
dem Bewusstsein erfüllt, dass die Einwohnerschaft der<br />
Drei-Täler-Stadt diesen Schritt begrüßt und unterstützt.<br />
Der völlige Zusammenbruch der deutschen Presse im Jahre<br />
1945 und die Schließung von Verlagen und Redaktionen hatte<br />
einen Zustand geschaffen, der auf die Dauer untragbar wurde.<br />
(...). Wir wollen als neutrale und überparteiliche Zeitung uns in<br />
den Dienst unseres Verbreitungsgebiets stellen und von hier<br />
aus zu den weltbewegenden Fragen von Politik, Kultur und<br />
Wirtschaft, unter ganz besonderer Pflege des lokalen und<br />
heimatlichen Teiles unserer Zeitung, Stellung nehmen.“<br />
Jakob Esslinger<br />
Verleger der „Pforzheimer Zeitung“<br />
„<br />
wendet sich am 1. Oktober 1949 mit diesen Worten direkt an die Leser.<br />
Hauchdünn ist das<br />
hellbraune Papier aus<br />
dem PZ-Archiv. Ein<br />
wenig geknickt und<br />
mit kleinen Rissen versehen,<br />
bilden zwei vorne<br />
und hinten bedruckte<br />
Zeitungsseiten<br />
das „1. Abendblatt<br />
zum Pforzheimer Beobachter“<br />
vom Juni<br />
1894. Mittlerweile sind<br />
diese Seiten über 125<br />
Jahre alt.<br />
Obwohl sich die<br />
schnörkelige Frakturschrift<br />
anfangs eher<br />
mühevoll entziffern<br />
lässt, wird schnell<br />
klar: Hier ist ein Eklat<br />
in wohlfeile Worte gegossen<br />
worden. 1894<br />
wurde also vermeldet:<br />
„Pforzheim, 29. Juni<br />
(Glücklich entkommen)<br />
Ein dicker Herr, den<br />
man Sonntags immer<br />
am Bahnhof spazieren sieht und der hauptsächlich<br />
die Abfahrt und Ankunft der Züge<br />
mustert zum Ärger der Beamten, bemerkte<br />
neulich am Bahnhof einen Goldschmiedstift<br />
Am Samstag, 30. Juni 1894, erschien das „1. Abendblatt<br />
zum Pforzheimer Beobachter“ Nr. 150.<br />
FOTO: SCHMID<br />
und sah, dass der<br />
Junge eine brennende<br />
Zigarre im Mund<br />
hatte (tatsächlich<br />
war es eine Chokolade-Zigarre).<br />
Der dicke<br />
Herr war der<br />
Meinung, es sei eine<br />
von Tabak und<br />
schlug sie dem Burschen<br />
aus dem<br />
Mund.<br />
Auf dieses hin machte<br />
nicht nur dieser,<br />
sondern auch seine<br />
anderen anwesenden<br />
Kameraden erbärmlichen<br />
Krach<br />
mit dem dicken<br />
Herrn und um dieser<br />
Blamage (oder<br />
auch noch Prügel)<br />
glücklich zu entkommen,<br />
floh er in<br />
aller Eile den<br />
Schloßberg hinab.<br />
Auf dem Marktplatze<br />
hinter dem Kriegerdenkmal ließ<br />
er sich vor Angst und Mattigkeit nieder<br />
und trocknete seine vom Angstschweiß<br />
triefenden Glieder.“ nad<br />
„Mit der ,Pforzheimer Zeitung‘ wird<br />
erstmals in Pforzheim selbst wieder<br />
eine Zeitung hergestellt.<br />
Ich begrüße das Wiedererscheinen<br />
einer ausgesprochenen Pforzheimer<br />
Heimatzeitung, die mit dazu berufen<br />
sein wird, die Interessen des gesamten<br />
Wirtschaftsbezirks Pforzheim,<br />
insbesondere die des Stadt- und<br />
Landkreises Pforzheim,<br />
wahrzunehmen.“<br />
Richard Dissinger (1892 bis 1959)<br />
Landrat von 1945 bis 1959 im damaligen Landkreis Pforzheim,<br />
in seinem Grußwort in der ersten Ausgabe der PZ.<br />
„Der Wunsch der Gründer der ,Süddeutschen Allgemeinen Zeitung‘,<br />
eine Zeitung herauszugeben, die in allen Werdestufen in<br />
Pforzheim hergestellt wird und dadurch engstens mit der Stadt,<br />
ihrer Bevölkerung und ihrer Umgebung verbunden ist, geht nun<br />
heute, wenn auch erst nach langer Zeit und unter anderen Verhältnissen,<br />
in Erfüllung. Ich möchte der ,Pforzheimer Zeitung‘,<br />
die ab 1. Oktober als einzige Zeitung in<br />
Pforzheim hergestellt wird, die besten<br />
Wünsche der Stadtverwaltung und<br />
auch meine persönlichen Wünsche<br />
mit auf den Weg geben; hoffentlich<br />
gelingt es ihr, sich das Vertrauen der<br />
Bevölkerung als eingesessene Zeitung<br />
in weitestem Umfange zu erwerben.<br />
Das Bild der Stadt erhält durch die<br />
Herausgabe einer ortsansässigen<br />
Zeitung und die Wiederinbetriebnahme<br />
einer Zeitungsdruckerei<br />
eine neue Note und eine weitere<br />
Bereicherung.“<br />
Johann Peter Brandenburg (1905 bis 1977), Oberbürgermeister<br />
in Pforzheim von 1947 bis 1966, brachte seine Glückwünsche<br />
in der ersten PZ-Ausgabe an.<br />
Wir gratulieren der Pforzheimer Zeitung<br />
zum siebzigsten Geburtstag und sagen<br />
Danke für engste langjährige Verbundenheit.<br />
Aus der Region – für die Region