SOCIETY 378
Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko. Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
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Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
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SOCIETY
Charles – der
nachhaltige Prinz
Niemals zuvor musste ein Thronfolger so lange
auf die britische Krone warten, wie der heute
72-jährige Prinz Charles. Doch die Wartezeit
vertreibt sich der vielseitig interessierte Sukzessor
geschickt mit Projekten und Initiativen.
Als (ehemaliger) Biobauer engagiert
er sich für eine nachhaltige Landwirtschaft,
er malt, liebt Architektur, ist der
erste Royal mit Studienabschluss und
setzt sich mit zahlreichen philanthropischen
Stiftungen für die Gesellschaft
und die Umwelt ein. Seine Mutter
Elizabeth, damals noch Kronprinzessin,
war 22 Jahr alt, als Charles Philip Arthur
George am 14. November 1948 im
Londoner Buckingham Palace geboren
wurde. Mit ihrer Krönung zur Königin
von Großbritannien und Nordirland
wurde der dreijährige Charles zum
Thronfolger. Heute, 68 Jahre später, hat
er diese Funktion noch immer inne. „Ein
Schattenkönig in Wartestellung“, nennt
ihn Sally Bedell Smith in ihrem Buch
„Prinz Charles – ein außergewöhnliches
Leben.“ Dass Prinz Charles keine gewöhnliche
Kindheit hatte, überrascht
nicht. Wie in der Oberschicht üblich,
war die Beziehung zwischen Eltern
und Kind kühl und distanziert. Körperliche
Nähe gab es kaum. Seine engsten
Bezugspersonen: die Nanny Mabel Anderson
und seine Großmutter mütterlicherseits,
die Charles Kunst und Musik
näher brachte. Seine jüngere Schwester
Anne unterschied sich charakterlich
grundlegend von ihm – sie, die Entschlusskräftige
und Selbstbewusste,
er, der Sensible und Schüchterne. Sein
jüngerer Bruder Andrew kam auf die
Welt als Charles bereits 12 Jahre alt war,
Edward vier Jahre später. Der große Altersunterschied
soll auch der Grund für
das mutmaßlich distanzierte Verhältnis
der Brüder sein. Das Zusammenleben
im Buckingham Palace war aber, so
heißt es in der Biografie, generell ein
eher unabhängiges und oftmals einsames.
Charles musste für gewöhnlich
gar einen Termin vereinbaren, um seine
Eltern sehen zu können.
VORBEREITUNG AUF DIE
THRONFOLGE
Schon von Kindesbeinen an wurde
Charles auf das spätere Regentenamt
vorbereitet. Seine Schulbildung erhielt
er in traditionsreichen Eliteschulen
wie etwa der Gordonstoun School in
Schottland. Die Zeit dort fühlte sich
für ihn jedoch wie eine „Gefängnisstrafe“
an, so schreibt Bedell Smith in
ihrem Buch, für das sie mit über 300
Freunden, Familienmitgliedern und
Palastoffiziellen sprach. Kalte Duschen,
mit Schnee bedeckte Bettdecken,
kurze Hosen das ganze Jahr über und
dazu Schikanen und Mobbing seiner
Mitschüler – dennoch befand sein
Vater Philip, der Gordonstoun ebenfalls
besucht hatte, einen Schulwechsel
als „unvertretbar“ und als Zeichen
von Schwäche. 1966, mit 17 Jahren,
verbrachte der sensible Prinz zwei
Trimester in Australien, was sich als
eine sehr bereichernde Erfahrung für
ihn herausstellen sollte. Die Menschen
begegneten ihm positiver, es gab keine
sadistischen Schikanen der Mitschüler
wie zuvor in Gordonstoun. Der Schulleiter
Thomas Garnett beschrieb ihn
später als einen „freundlichen, intelligenten,
natürlichen Jungen mit einem
guten Sinn für Humor“. Im selben Jahr
wurde er von seiner Mutter zum Counsellor
of State ernannt, was ihn erstmals
dazu befugte, offizielle Aufgaben des
Monarchen wahrzunehmen. 1967
nahm er das Studium der Archäologie
und Anthropologie am Trinity College
der Cambridge University auf, später
wechselte er zu Geschichte. Charles
war jedenfalls der erste Thronfolger,
der tatsächlich einen Uniabschluss
anstrebte und der erste, der Walisisch
lernte. Mit seinen älteren Mentoren
verstand er sich meist besser als mit
seinen Studienkollegen. Trotz ihrer
unterschiedlichen Charaktere, näherten
sich auch Charles und Anne an
und sie entwickelte sich zu einer engen
Vertrauten. Vor seinem letzten Jahr
in Cambridge verfasste er außerdem
sein erstes Buch für Kinder, „The Old
Man of Lochnagar“, das allerdings erst
über ein Jahrzehnt später veröffentlicht
werden sollte. Zwischen 1971 und 1976
absolvierte er außerdem eine Militärausbildung,
im Rahmen derer er lernte,
Hubschrauber, Propeller- und Düsenflugzeuge
zu fliegen.
Foto: Alex Hammond/Britische Botschaft
COVERSTORY
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