SOCIETY 378
Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko. Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko.
Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
SOCIETY
Wir haben ja das Glück, Wohnsitze auf beiden Kontinenten zu haben –
einen in Wien und einen in Richmond und wir genießen das Beste von
beiden Welten.
herzustellen zwischen den in Virginia
und West Virginia ansässigen österreichischen
Firmen und den Regierungsvertretern
sowie den Gouverneuren.
Was hat sie damals, in den achtziger
Jahren, nach Virginia geführt?
Ich wollte schon immer in den USA
leben, also suchte ich mir einen Job,
der mir das ermöglichte. Bei der Firma
Franz Haas Machinery of America
wurde ich fündig. 1985 übersiedelte
ich mit meiner Familie nach Virginia
und fing als Geschäftsführer in ihrer
Niederlassung in Richmond an. Ich,
meine Frau Monika und unsere zwei
Söhne Nikolaus und Christopher,
schätzen die Lebensqualität, die man
besonders in Virginia vorfindet. Auch
die geschichtliche Vergangenheit dieser
Region ist sehr spannend, die USA
wurden dort ja eigentlich begründet.
Könnten Sie sich jetzt noch vorstellen,
zurück nach Österreich zu gehen?
Wir haben ja das Glück, Wohnsitze auf
beiden Kontinenten zu haben – wir genießen
das Beste von beiden Welten.
Den Großteil des Jahres verbringen wir
zwar – auch aus beruflichen Gründen
– in den USA, aber wann immer ich
Sehnsucht nach Österreich habe, setze
ich mich in den Flieger. Die Direktverbindung
Washington-Wien hat ja eine
Flugzeit von nur zehn Stunden. Ich bin
Doppelstaatsbürger und fühle mich
sowohl als Österreicher als auch als
Amerikaner. Aber nachdem ich bereits
in zahlreichen anderen Ländern – von
Ägypten über Indien bis Südafrika und
Frankreich – gelebt habe, identifiziere
ich mich noch viel mehr als Weltbürger.
Wie viele Österreicher leben in
Richmond, Virginia und wie sieht der
Austausch mit Ihnen aus? Gibt es eine
enge Community?
Da es kein Meldewesen in den USA
gibt, ist es schwer, eine genaue Zahl zu
nennen, außerdem wird die Privatsphäre
groß geschrieben, ich vermute
aber ein paar Tausende. Mit einer
Kerngruppe, Wirtschaftsvertretern,
politischen Funktionären, etc. bin ich
im laufenden Kontakt.
Virginia ist der Inbegriff der historischen
USA – hier entstand die Verfassung
und ganze acht US-Präsidenten
kamen bis dato aus Virginia – was bedeutet
es für Sie, Österreich in einem
so geschichtsträchtigen Bundesstaat
vertreten zu dürfen?
Das ist sicher etwas ganz Besonderes
und auch der Grund, warum wir
nach wie vor unseren Hauptwohnsitz
dort haben. Ich schied 1998 aus der
Firma Haas aus und lernte dann Frank
Stronach kennen, der mir einen Job bei
der Magna anbot, weswegen wir zurück
nach Österreich gingen. Nur ein Jahr
später zogen wir aber aus verschiedensten
Gründen wieder nach Virginia,
weil dort einfach die Lebensqualität so
hoch ist. Virginia und die Hauptstadt
Richmond haben außerdem einen
wirklich sehr interessanten und beeindruckenden
historischen Background:
Richmond war die Hauptstadt des
Südens während des Bürgerkrieges,
vier der ersten fünf Präsidenten kamen
aus Virginia, das erste Weiße Haus
wurde dort errichtet und es gibt riesige,
traditionsreiche Universitäten dort.
Das immense Kultur- und Geschichtsgut
ist unter anderem ein wesentlicher
Grund, warum wir uns dort so wohlfühlen.
Außerdem ist es landschaftlich
wunderschön und die sogenannte
„Southern Hospitality“ stets spürbar.
Die Freundlichkeit und Offenheit der
Leute, die „can do“ attitude, das ist
schon etwas sehr Besonderes.
Virginia ist außerdem einer der wirtschaftlich
erfolgreichsten Staaten
der USA – auf welcher Grundlage fußt
dieser Erfolg?
Neben den ausgezeichneten Schulen
und Universitäten, aus deren Absolventen
sich ein ausgesprochen guter
Arbeiterpool ergibt, ist auch die Lage
im Zentrum der Ostküste sehr vorteilhaft,
weil man im Umkreis von 200
Meilen einen Großteil der Bevölkerung
erreichen kann. Das sind die Gründe,
warum auch meine Firma dort angesiedelt
ist. Außerdem haben wir eine ausgezeichnete
Wirtschaftsinfrastruktur,
die Gründung eines Unternehmens ist
relativ einfach und auch die Arbeitsgesetze
sind sehr unternehmerfreundlich.
An Ressourcen mangelt es ebenfalls
nicht – im Westen wird Bergbau betrieben
und Importe und Exporte können
vom großen Hafen Norfolk aus gut
abgewickelt werden.
Wie stehen Sie mit amerikanischen
Regierungsvertretern in Kontakt?
Ich vertrete Österreich in den Bundesstaaten
Virginia und West-Virginia, die
geografisch gesehen mehr als doppelt
so groß sind wie Österreich und etwa
elf Millionen Einwohner zählen. Mit den
lokalen Gouverneuren stehe ich im
Austausch, außerdem bin ich im Board
verschiedener lokaler Vertretungen.
Mit der Staatsregierung der USA bin ich
aber kaum in Kontakt, das übernimmt
dann der österreichische Botschafter.
Wie würden Sie generell den Austausch
zwischen den USA und Österreich
beschreiben?
Beim Kultur- und Bildungsaustausch
gibt es einen Nachholbedarf, etwas,
woran wir arbeiten. Generell sind die
diplomatischen und wirtschaftlichen
Beziehungen zwischen Österreich und
den USA ausgezeichnet. Die beiden
Staaten verbindet eine Vielzahl von
gemeinsamen Interessen und die USA
waren immer ein treuer Verbündeter
Österreichs. Ich bin stolz Bürger beider
Staaten zu sein!
INTERVIEW
105