SOCIETY 378
Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko. Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko.
Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.
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SOCIETY
Corona hat die Welt um
Jahre zurückgeworfen
Die Corona-Pandemie wird die Welt verändern
wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Sie wird eine
neue Epoche einleiten und sie wird vieles auf
den Kopf stellen.
Covid-19 hat die Welt um Jahre
zurückgeworfen. Nach der Pandemie
folgt die Wirtschaftskrise. Das betrifft
besonders den Kampf gegen die Armut.
Zwar wird auch in unseren Breiten
die Armut wieder zu einem Faktor,
aber das steht in keinem Vergleich
zu dem Absturz in Entwicklungs- und
Schwellenländern. Dort kehrt der
Hunger zurück. Jahre des Kampfes
gegen Armut und Elend sind verloren.
In Afrika, wo sich in den letzten zwei
Jahrzehnten Ansätze eines Mittelstandes
und einer demokratischen
Entwicklung gezeigt hatten, droht der
Rückfall in frühere Zustände, begleitet
von politischer Instabilität. Die
Bevölkerungsexplosion auf diesem
SOCIETY-Gastautor und Leiter des Außenpolitikressorts
der Kronen Zeitung, Kurt Seinitz
Kontinent trifft auf die neue Lage.
Nach Berechnungen der Weltbank
werden weltweit in diesem und dem
kommenden Jahr als Folge der Krise
bis zu 250 Millionen Menschen in
solch eine extreme Armut stürzen,
dass ihr Überleben gefährdet ist –
250-mal mehr, als durch die Pandemie
selbst bisher gestorben sind.
Erstmals seit 1998 wird zudem die
Zahl der Armen global wieder ansteigen,
Fortschritte von Jahren
werden damit zunichtegemacht. „Die
menschlichen Kosten von Covid-19
sind immens“, stellt Weltbankchef
David Malpass fest. Seit Anfang der
Neunzigerjahre war die Zahl der
Menschen, die unter der absoluten
Armutsgrenze leben, von über 35 auf
zuletzt rund 8,4 Prozent gesunken –
ein einzigartiger Erfolg, der vor allem
mit dem wirtschaftlichen Aufstieg in
China zu tun hatte, in den vergangenen
Jahren aber zunehmend auch
mit Fortschritten in vielen anderen
Entwicklungs- und Schwellenländern,
beispielsweise Indien oder Indonesien.
In unseren Breiten federt der soziale
Wohlfahrtsstaat die allergrößten
Härten ab. Aber auch seine Geldmittel
(aus immer weniger Steuereinnahmen)
sind nicht unbegrenzt. Bei uns
kann man sich den Luxus leisten, von
einer „Entschleunigung der Globalisierung“
zu schwärmen, die dem
vielfach verletzten Globus nur guttäte.
Der übergroße Rest der Welt kann
sich diesen Luxus nicht leisten. Schon
jetzt besteht ein Drittel der Weltbevölkerung
aus prekär Beschäftigten oder
Tagelöhnern.
„Die schlimmsten Auswirkungen auf
die Armut stehen uns noch bevor“,
stellt Olivier De Schutter, der UNO-
Sonderbeauftragte für extreme Armut,
fest. Die schlimmste Seuche seit der
Spanischen Grippe 1918/1919 und
die ärgste Weltwirtschaftskrise seit
dem New Yorker Börsenkrach von
1929 birgt auch die Chance zu einer
positiven Wende, falls die Menschen
zum Umdenken bereit sind. So hat
sich der Ausstoß der Treibhausgase
schon deutlich verringert – allerdings
krisenbedingt. Das könnte dauerhaft
geschehen – durch klimafreundliche
Investitionen bei dem Neustart der
Wirtschaft, etwa durch mehr Stromgewinnung
aus erneuerbarer Energie
oder durch den Ausbau des Versorgungsnetzes
für E-Autos.
Foto: Reinhard Holl
KOLUMNE
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