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SOCIETY 378

Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko. Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.

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SOCIETY

Wie Kamerun Corona

in den Griff bekommt

Corona trifft die ganze Welt, doch einige Länder sind mit

leichten Schrammen davongekommen. Vor allem Afrika

überrascht während der Pandemie mit Vorbildwirkung.

Foto: ORF

Da ich für ein Entwicklungshilfe-Projekt

regelmäßig in Kamerun tätig bin,

sehe ich dieses Land als Vorbild in

der Corona-Bekämpfung. Man hat

es innerhalb kurzer Zeit geschafft,

mit Hausverstand und Disziplin die

Pandemie einzudämmen. Im Oktober

2020 wurden nur zwischen 50 und

maximal 200 Fälle pro Tag gemeldet.

Im Sommer waren es noch 2.000

Fälle pro Tag. Man kann nun sagen,

es wird weniger getestet. Das mag

sein, doch der Trend nach unten gibt

den kamerunischen Behörden recht.

Was hat Kamerun anders gemacht als

etwa Österreich? Nach offiziellen fünf

Fällen im Jänner – als in Österreich

Corona noch gar kein Thema war –

wurde an allen Grenzübergängen und

an allen Flughäfen die Temperatur

der Reisenden gemessen. Ab Februar

wurden direkt an allen Flughäfen Test-

Labors aufgestellt, das heißt jeder

Einreisende wurde gratis getestet. Die

ORF-Korrespondentin und SOCIETY-Gastautorin

Dr. Sonja Sagmeister-Brandner

Menschen mussten ihre Reiserouten

angeben. Und, als Österreich im April

die ersten Schockwellen erreichten,

war Kamerun schon im Halb-Lockdown

mit ersten Schulschließungen

und Zelten vor Krankenhäusern, um

Corona-Kranke separat behandeln

und so das Risiko für Spitäler verringern

zu können.

Die Flugverbindungen nach außen

wurden gekappt. Als Ende August Flieger

wieder landen durften, mussten

alle Einreisenden für mindestens zehn

Tage in ein Hotel in Quarantäne, um

sicherzustellen, dass das Virus nicht

wieder eingeschleppt wird. Doch das

ist die eine Seite, die Kontrolle der

von außen Kommenden. Die andere

Seite ist das Verhalten der Einheimischen.

Kamerun ist nicht bekannt für

hohe Disziplin und Prozess-Management,

doch in diesem Fall wiederholen

kamerunische Beamte einen

Spruch: „With Corona we do not joke

around, because also corrupt people

are scared to die.” Mit dieser Krankheit

sei nicht zu spaßen, denn auch

korrupte Menschen haben Angst vor

dem Tod. Alle machen ihren Job, um

das Virus einzudämmen. In Douala, in

der Hafenstadt, gibt es nun entlang

der Straßenmauern eigens installierte

Waschbecken, damit man sich

die Hände waschen kann. Polizisten

tragen Desinfektionsspray bei sich.

Wer das Gefühl hat, er müsse seine

Hände desinfizieren, kann einfach den

Polizisten bitten, das zu tun. Überall

hängen Info-Plakate mit Slogans wie:

„Schau auf Dich, schütze Dich…nur so

rettest Du das Leben anderer“. Noch

erstaunlicher ist, dass Menschen

Masken tragen, auch wenn es nicht

überall vorgeschrieben ist. Auffällig ist:

Kameruner tragen vor allem in den Büros

fast immer Masken und arbeiten

bei offenem Fenster, aus Angst, sich in

geschlossenen Räumen anzustecken.

Dass man in Europa in Innenräumen

ohne Masken arbeitet, versteht dort

keiner. Intuitiv verlassen etwa Kameruner

bei Privat-Treffen auch das Zimmer,

wenn zu viele Menschen in einem

Raum sind. Dieses Gefühl, wann es

gefährlich werden könnte, haben die

Afrikaner besser verinnerlicht. Man

verurteilt die Leichtigkeit des Umgangs

mit Corona in Europa, spricht

von mangelnder Erfahrung und erklärt

sich das so: Die Europäer haben Ebola

nicht erlebt und sie verlassen sich ohnehin

auf die Behandlung im Krankenhaus.

So könnten selbst Corona-Leugner

munter und ohne Konsequenz

unvorsichtig sein. In Afrika trifft man in

den Städten kaum Corona-Leugner.

Alle sind froh, dass sie sich Masken als

Schutz leisten können. Die Menschen

dort haben Erfahrung mit Pandemien

und sie sind sich einig: Wer an Corona

schwer erkrankt, kann schnell sterben,

denn in den meisten Krankenhäusern

am Land gibt es nicht einmal Beatmungsgeräte.

Afrika hat gelernt, mit

Krisen, Epidemien und Gefahren zu

leben. Gelbfieber, Malaria und Covid-

19 sind nur einige von vielen weiteren

Risiken im Leben.

KOLUMNE

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