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SOCIETY 378

Die neue SOCIETY-Ausgabe mit den Fokusländern United Kingdom und China, Interviews mit Botschaftern von u.a. Frankreich, Kroatien, Mexiko. Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.

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Porträts von Prinz Charles, Chris Lohner und Hugo Portisch.

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SOCIETY

Ganz Österreich für

Black Lives Matter

Die Black-Lives-Matter-Bewegung ist auch in Österreich

angekommen, wo junge Menschen im Sommer

landesweit gegen Rassismus protestierten.

Vom 3. bis zum 10. Juni 2020 haben auf

Österreichs Straßen beinahe 100.000

Menschen gegen strukturellen Rassismus

und für Black Lives, also für das Leben

und die menschenwürdige Existenz

schwarzer Menschen, demonstriert.

Die Black-Lives-Matter-Demonstrationen

fanden in acht von neun Bundesländern

statt. Medienberichten zufolge

waren 80 bis 90% der DemonstrantInnen

jung. Sie trugen Plakate mit starken

Botschaften, wie zum Beispiel “White

Silence is Compliance” (dt. inh.: „Das

Schweigen weißer Menschen ist eine

Zustimmung [von strukturellem Rassismus]“)

oder “pro-black isn‘t anti-white”

(dt. „Für Schwarze zu sein, bedeutet

nicht, gegen weiße Menschen zu sein“).

Solidarische Botschaften getragen von

jungen weißen Menschen; ein Bild, das

vor 21 Jahren, als der Nigerianer Marcus

Omofuma bei seiner Abschiebung

durch Polizeigewalt ums Leben kam,

nicht denkbar gewesen wäre. Grund

für die tagelangen Demonstrationen

in Österreich war der qualvolle Tod des

Afroamerikaners Georg Floyd während

einer Festnahme am 25. Mai 2020 in

Minneapolis im Bundesstaat Minnesota.

Ein Polizist drückte mit seinem

linken Knie Floyds Genick zu Boden.

Obwohl der am Boden liegende Mann

16 Mal “I can’t breathe!“ sagte, ignorierte

der Polizist dessen Worte und verharrte

in seiner Position. Acht Minuten und 46

Sekunden lang rang der Afroamerikaner

um sein Leben und wurde letztendlich

durch das gewaltsame Vorgehen

der Polizisten getötet. Die Tat wurde

von der 17-jährigen Passantin Darnella

Frazier gefilmt, die das Video noch

am gleichen Tag unter dem Titel „Sie

töteten ihn direkt vor ‚Cup Foods‘ an der

Ecke 38th Street und Chicago Avenue!“

und dem Hashtag „Polizeibrutalität“

auf ihrer Facebookseite veröffentlichte,

von wo aus es sich rasant verbreitete.

Rassistische Ideologien waren im 17.

und 18. Jahrhundert fester Bestandteil

der europäischen Aufklärung. Sie

dienten dazu, Herrschaftssysteme zu

installieren und die Versklavung von

Afrikanern durch die europäischen

Kolonialmächte zu legitimierten. Der

Kampf gegen Sklaverei hat in Österreich

bereits früh begonnen. Der Wiener

Schriftsteller Johann Pezzl beschrieb

die Verschleppung von AfrikanerInnen

von der Goldküste im heutigen Ghana

nach Jamaika schon im Jahre 1784 als

eine „europäische Bestialität”.

Die Umsetzung der Anliegen, die im

Rahmen der Black-Lives-Matter-Bewegung

in Österreich an die Öffentlichkeit

drängen, ist eine Gelegenheit, sich eindeutig

zu positionieren. Wie die Chefredakteurin

des Magazins „Fresh – Black

Austrian Lifestyle“, Vanessa Spanbauer,

in der Sendung „Im Zentrum“ sagte:

„Man kann nicht mehr nichts sagen.

Denn entweder [ist] man damit okay,

dass Menschen so umgebracht werden,

dass Menschen herabgewürdigt

werden oder man ist damit nicht okay.”

PolitikerInnen sind jetzt aufgefordert zu

handeln und das Anliegen der 100.000

DemonstrantInnen nicht ungehört zu

lassen. Wird die Bekämpfung von anti-

Schwarzem Rassismus nicht zu einer

Priorität der Bundes- und Landesregierungen

erklärt, steigt die Befürchtung,

dass sich nichts weiterentwickeln und

auch nicht positiv ändern wird. Das

wäre ein fataler Fehler.

Text: Simon INOU*

*Wiener Journalist aus Kamerun

Foto: pixabay

DIVERSITY

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