WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WIKO
Und plötzlich
ging es doch VON
MIRIAM ZÖLLICH
Die Corona-Pandemie gibt dem Homeoffice einen ordentlichen Schub. Doch
die anfängliche Euphorie weicht der Erkenntnis: Die Erfahrungen sind vielfältig,
das Meinungsbild diffus, und das letzte Wort ist noch lange nicht gesprochen.
Es ist wahrlich keine gewagte These,
wenn man sagt: Ohne Corona-Pandemie
wäre das Homeoffice für Tausende
Arbeitnehmer noch ein ähnlich sagenumwobener
Ort wie Atlantis. „Vor Corona
gab es ganz selten mal eine Nachfrage
nach Homeoffice-Lösungen“,
sagt Jürgen Reutelhuber, Chef des
Weißenburg IT-Dienstleisters Amro.
Reutelhuber und sein Team betreuen
etliche Unternehmen und Verwaltungen
in der Region mit IT-Lösungen,
haben also einen ganz guten Einblick.
Und der ist: „Homeoffice gab es früher
höchstens mal für Außendienstler
oder für den Chef, der von zu Hause
mal was nachschauen wollte.“
Wer jetzt denkt, das liegt an der ländlichen
Struktur im beschaulichen Altmühlfranken,
hat weit gefehlt: Auch
bundesweit war die Arbeit von zu Hause
bis 2020 nur eine Randerscheinung.
Die Hans-Böckler-Stiftung forscht seit
Jahren zum Thema Homeoffice. Und
trotz des technischen Fortschritts
konnten vor Corona gerade einmal vier
Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland
die Flexibilität genießen, ihren Job
von zu Hause aus zu erledigen.
Warum das so ist, lässt sich halbwegs
valide mutmaßen. Kein Chef und keine
Chefin gibt gerne zu, in Wirklichkeit
nicht genug Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit
der Mitarbeiter zu
haben. Dass Arbeitgeber gerne die
Kontrolle behalten wollen, erfährt
man aber durch sekundäre Daten: So
hat die Hans-Böckler-Stiftung festgestellt,
dass die Hersteller von Überwachungssoftware
derzeit hohe Zuwachsraten
verzeichnen. Und in einer
Umfrage aus Prä-Corona-Zeiten gaben
70 Prozent der Arbeitnehmer an,
sie würden nicht von zu Hause aus arbeiten,
weil „Vorgesetzte Anwesenheit
erwarten“.
Hört man sich in Altmühlfranken um,
so bestätigen Angestellte aus unterschiedlichsten
Branchen diesen
Eindruck. Da war Homeoffice in den
Chefetagen gar nicht gern gesehen.
Körperliche Abwesenheit wurde nur in
seltenen Ausnahmefällen mal toleriert
oder mit ein bis zwei Tagen pauschal
im Monat gedeckelt. „Die denken halt,
wir tun daheim weniger“, so die Einschätzung.
Dann kam das Virus und
mit ihm der erste Lockdown, was wie
ein Brandbeschleuniger für die mobile
Arbeit wirkte. Fast ein Drittel der deutschen
Arbeitnehmer wechselte ins
Homeoffice. Auch in Weißenburg-Gunzenhausen
wurde hektisch umgestellt,
Amro und andere IT-Dienstleister
konnte sich vor Kundenanfragen kaum
retten. Glücklicherweise ist der Schritt
zum mobilen Arbeiten nur klein, wenn
die IT von vornherein professionell aufgesetzt
wird.
x52