WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021
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WIKO
ist nicht immer möglich, „ich kann meine
Kinder ja nicht im Schlot aufhängen,
während ich am PC sitze“, so der
lakonische Kommentar einer Mutter zu
dem Thema.
Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit
oder Erwerbsarbeit und Care-Arbeit
weichen auf. Und nicht immer ist
das von Vorteil. Die Arbeitszeit wird oft
entzerrt, auf den Abend verlegt oder
verlängert. 37 Prozent arbeiten im
Homeoffice mehr Wochenstunden als
im Büro, fand die Hans-Böckler-Stiftung
heraus. 53 Prozent sagen, dass
sie durch das mobile Arbeiten für Arbeitgeber,
Kollegen oder Kunden länger
erreichbar sind als vor Corona.
Mehr als ein Drittel gab zu, die Arbeit
im Homeoffice anstrengender zu finden.
Hier müssen klare Betriebsvereinbarungen
her. Das Landratsamt
Weißenburg-Gunzenhausen etwa hat
Mitte 2020 die Arbeitsgruppe „Berufe
und Familie“ eingerichtet. Flexibilität
als Wettbewerbsvorteil – aber
in einem klar gesteckten Rahmen.
Hier war bisher ein Aufgabenschwerpunkt,
mit der Erstellung einer Dienstvereinbarung
die arbeitsrechtliche
Voraussetzung für Homeoffice zu
schaffen.
Wie wird es langfristig weitergehen?
Wird das Homeoffice seinen festen
Platz in der Arbeitswelt einnehmen?
Sind Großraumbüros künftig verwaist?
So einfach ist es offenbar nicht. Zu
schnell scheinen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer wieder in die alten
Muster zurückzufallen.
Ein Blick auf
die Zahlen:
Während des
ersten Lockdowns
im Frühjahr
2020 erledigten der Böckler-Stiftung
zufolge fast 30 Prozent der Angestellten
ihren Job aus dem Homeoffice.
Man könnte nun meinen, im
„Lockdown light“ im November waren
es noch mehr; schließlich hatte man
inzwischen genug Zeit, sich umzustellen.
Doch das Gegenteil ist der Fall: Nur
noch 14 Prozent der Beschäftigten arbeiteten
von zu Hause aus.
Nach mehreren Monaten Corona-Krise
wissen die Vorgesetzten mittlerweile,
welche ihrer Mitarbeiter tatsächlich
im Homeoffice „abtauchen“,
dort unstrukturiert, unproduktiv oder
abgelenkt sind. Nicht alle sind für
das eigenständige Arbeiten geeignet
und werden besser ins Büro zurückbeordert.
Das erzählen die Chefs in
vertraulichen Gesprächen und fühlen
sich zumindest in diesen Einzelfällen
in ihrem Misstrauen bestätigt. Doch
viele Arbeitnehmer kehren auch gerne
ins Büro zurück. Fast 40 Prozent gaben
in der Hans-Böckler-Umfrage an,
nach Corona wieder weniger Heimarbeit
zu machen. „Ich merke, dass ich
mich weniger
mit dem Unternehmen
identifiziere“, gesteht eine
Angstellte, die derzeit fast ausschließlich
im Homeoffice sitzt. Und von fast
allen hört man, dass der Austausch
mit Kolleginnen und Kollegen fehlt.
Und damit ist nicht der belanglose
Plausch gemeint, sondern auch die Innovationskraft,
die im kommunikativen
Miteinander steckt. Es ist ein offenes
Geheimnis: Die besten kreativen Ideen
entstehen nicht in der Konferenz, sondern
in der zwanglosen Atmosphäre
am Kaffeeautomaten.
Wie so oft liegt die Wahrheit irgendwo
in der Mitte. Es hilft vielleicht, das
Homeoffice nicht wortwörtlich als
Schreibtisch in den eigenen vier Wänden
zu verstehen, sondern stellvertretend
für den Wunsch nach einer
neuen Arbeitskultur: weg vom starren
Nine-to-five-Bürojob, hin zu individuellen
Lösungen mit mehr Flexibilität,
mehr Freizeit und Vereinbarkeit von
Beruf und Familie. „So ein Zwischending“
ist das, was sich die Angestellten
als langfristigen Corona-Effekt erhoffen.
Heimarbeit dann, wenn sie es wünschen
und brauchen. Und dennoch hin
und wieder der persönliche Kontakt zu
den Vorgesetzten, zu Kollegen und Geschäftspartnern.
Dazu braucht es aber
klare Vereinbarungen und Regelungen,
damit das mobile Arbeiten nicht auf
Kosten der Mitarbeiter geht.
Für eine euphorische Bilanz in Sachen
Homeoffice ist es also zu früh, wir stecken
noch mitten im Diskurs. Doch die
Karten sind neu gemischt: Die Angestellten
sind in einer deutlich besseren
Verhandlungsposition, um flexible Arbeitsmodelle
durchzusetzen. Corona
hat gezeigt, was alles möglich ist.
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