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WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021

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WIKO

Mountainbiker… Längst weiß auch

der Wald nicht mehr so recht, was er

eigentlich sein soll. Holzfabrik, Naturschutzreservat,

Sehnsuchtsort …

Fabian Röhnisch kennt das. „Wirklich

recht machen können wir es allen eigentlich

nie“, sagt er. Zusammen mit

Gernot Handke leitet er die Forstbetriebsgemeinschaft

(FBG) Franken

Süd. Gemeinsam sind sie für fast die

Hälfte des altmühlfränkischen Walds

zuständig, den die 2.800 Mitglieder

zur Beratung und Holzvermarktung in

die FBG einbringen. Wenige kennen

sich zwischen Gunzenhäuser Stadtwald

und Jura-Fichtenforst in Sachen

Wald besser aus.

Man trifft sich im neuen Verwaltungsgebäude

an der Treuchtlinger Heusteige.

Zwischen Holz und Naturstein.

Die beiden passionierten Waldmenschen

wissen von jeder Holzdecke,

jedem Holzboden, jeder

Holztür, wo es einst als Baum

wuchs. Also: Wie steht es

denn um den Wald in der

Region?

Wenn man es gerne groß

mag, könnte man sagen:

Dieses Jahrhundert

könnte für den Wald

das der Wahrheit sein.

Wenn man nicht alles

ganz weit oben aufhängen

muss, klingt es bei Gernot

Handke immer noch so: „Wir stehen

vor einem dramatischen Umbruch.“

Klar, der Klimawandel, an ihm kommt

kein Text über den Wald vorbei. Er

ist längst da, aber seine Auswirkungen

noch zart. „Die Katastrophe wird

kommen“, stellt Fabian Röhnisch klar,

„die Frage ist nur wann.“ In benachbarten

Gebieten – so viel lässt sich

sagen – ist die Katastrophe weiter. Im

Ansbacher Land haben an einzelnen

Standorten große Kiefernbestände

schon den Geist aufgegeben.

Das ist der Anfang der „Katastrophe“.

Sie wird weitergehen, indem mehr

Schädlinge kommen, die leichteres

Spiel mit den geschwächten Bäumen

haben. Das Resultat werden mehr Löcher

in dem Meer aus Wipfeln sein.

Und in dieses Mehr an Löchern werden

dankbar die Stürme greifen, die

dank Klimawandel immer häufiger

und heftiger werden. Es ist ein Teufelskreis,

in dessen Mitte ein Wald

steht, der einen Mehrfrontenkrieg

führt.

Und ein Holzmarkt, der zunehmend

auf die Seite der Abnehmer ausschlägt.

Denn: Die Schädlings- und

Unwetterereignisse spülen immer

wieder Holz in großen Mengen auf

den Markt, das wegmuss. Das Ergebnis

ist erwartbar: Dumpingpreise

für einen Rohstoff, der eigentlich ein

wichtiger Teil einer nachhaltigeren

Zukunft sein müsste.

Was kann langfristig helfen? Der Umbau

des Waldes. Zumindest, was den

Klimawandel betrifft. Klar, hört man ja

seit zwei und läuft hinter den Kulissen

seit vier Jahrzehnten. Weniger Nadelbäume

und Monokulturen, mehr

Mischwälder und Laubbäume.

Klingt gut, ist aber ein Problem. Zumindest

wirtschaftlich. Denn Nadelholz

wächst nicht nur schneller und

gerader, es hat auch die besseren

Materialeigenschaften und lässt sich

– etwa als Bauholz – einfacher wirtschaftlich

verwerten.

Das erklärt, warum der Waldumbau

nicht von selbst in die Gänge kam,

sondern erst unter den Schmerzen

der aufziehenden Katastrophe stattfindet.

Wirtschaftlich betrachtet ist

er erst mal eine ziemlich blöde Idee.

Man muss Geld investieren, um als

Resultat ein Ergebnis zu bekommen,

das in Zukunft weniger wert ist. Das

ist nicht gerade aus dem Bilderbuch

der Betriebswirtschaftslehre.

ALSO, ALLES TRÜBSAL IM WALD?

Nein, überhaupt nicht. Denn es gibt

mächtige Gegenbewegungen, die

Hoffnung machen. „Das Holzzeitalter

ist gerade angebrochen“, sagt etwa

Martin Neumeyer, der Vorsitzende

der Bayerischen Staatsforsten, in

zahlreichen Interviews. „Weil Holz ein

immer gefragterer Wertstoff ist, der

unschlagbare ökonomische und ökologische

Eigenschaften hat“, schiebt

Bayerns Oberförster hinterher. „Wald

und Holz können Antworten auf wichtige

Zukunftsfragen geben. Wie die

Energieversorgung oder die Substitution

von fossilen Energieträgern.“

Das klingt doch gleich ganz anders.

Und tatsächlich: Wenn die Klimabilanz

in Zukunft stärker in Produkte eingepreist

wird, führt kein Weg am Holz

vorbei. Nicht nur, dass es fast von

selbst wächst und kaum CO 2

-Emission

bei seiner Produktion verursacht,

nein, es bindet in seinem natürlichen

Wachstum sogar Kohlenstoffdioxid.

Viel besser könnte man sich einen

Rohstoff für die gewünschte Dekarbonisierung

der Wirtschaft kaum erfinden.

Verbrennt man das Holz, bekommt

man Energie, die zumindest nur das

CO 2

freisetzt, das sie vorher der Umwelt

entzogen hat. Erheblich besser

ist die stoffliche Verwertung von

Holz. Deshalb soll der Holzbau in Zukunft

nicht nur der Waldwirtschaft

einen stärkeren Absatzmarkt bieten,

sondern auch für einen „zweiten

Wald“ in Städten und Dörfern sorgen.

Fest verbaut könnte dort das Holz zu

einem gigantischen CO 2

-Speicher

werden, der zugleich viel energieintensiver

hergestellte Baustoffe wie

etwa Beton ersetzt. Ein doppelter

Gewinn sozusagen. Ach was, ein dreifacher,

denn im Wald braucht es Platz

für die nächste Generation Pflanzen,

die neue Tonnen CO 2

aus der Atmosphäre

holt.

So schön das in der Theorie alles

klingt, in der Praxis ist das „Holzzeitalter“

noch nicht angekommen.

Beispiel Holzbau: Es wird zwar in

Deutschland immer mehr mit Holz

gebaut, aber im Vergleich zu Skandinavien

oder Kanada ist die Quote

nach wie vor überschaubar. Schaut

man in den Landkreis, sieht man vor

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