WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021
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WIKO
allem Einfamilienhäuser aus Holz.
Das ist gut und wichtig, aber was ist
mit größeren Gebäuden? Bislang
Fehlanzeige. Mietshäuser werden
weiter aus Beton gebaut. Und öffentliche
Großbauten mit Holz als Vorzeigebeispiele?
Gibt es nicht. Die Weißenburger
Vierfachhalle als Holzbau?
Nie diskutiert. Der Neubau der Senefelder-Schule?
Schnell abgewunken.
Dabei geht Holzbau auch in ganz
Groß, wie vor allem in den Metropolen
bei mehrstöckigen Mietshäusern
gezeigt wird.
Allerdings wird es auf lange Sicht
auch Entwicklungsleistungen brauchen,
denn auch hier gilt bislang: Vor
allem Nadelholz landet im Bau. Beim
FBG-Gebäude an der Treuchtlinger
Heusteige aber hat man vorgemacht,
dass auch die Buche als Leimholzbinder
funktioniert und zudem noch weniger
Material braucht.
Es werden auf Dauer mehr Absatzmöglichkeiten
für das Laubholz geschaffen
werden müssen, das im
Zuge des Waldumbaus gerade in die
bayerischen Wälder kommt. Die Bauwirtschaft
ist eine Option, als außergewöhnlich
spannend gilt aber ein
ganz anderer Markt. Die sogenannte
Bioökonomie. Dahinter verbirgt sich
die Idee eines Wirtschaftsmodells,
das seine Ressourcen möglichst
weitgehend aus erneuerbaren Rohstoffen
deckt. Bei der Zulieferung an
Rohstoffen wäre neben der Landwirtschaft
vor allem die Forstwirschaft
gefragt. Zahlreiche Forschungsprojekte
laufen. T-Shirts und Pullover
aus Holzfasern sind längst Realität,
auch Plastik-Ersatz, Biogas oder sogar
Biotreibstoffe können aus Holz
gewonnen werden. In Politik und
Wissenschaft gilt dieser Bereich der
Verwendung von Holz als eine der Zukunftsperspektiven.
Das eröffnet den
Waldbesitzern auf dem Land interessante
Absatzmärkte.
Zumal das wirtschaftliche Potenzial
nicht nur bei der Tiefe der Wertschöpfung,
sondern auch bei der Menge
groß ist. In Deutschland gilt die Bewirtschaftung
der Wälder als nachhaltig.
Tatsächlich wachsen seit Jahren
die Holzvorräte in den Wäldern
sogar wieder an, und in Deutschland
hat der Wald in den letzten 50 Jahren
sogar um 1,5 Millionen Hektar zugenommen,
wie das Bundesministerium
für Landwirtschaft feststellt. Auch
in Altmühlfranken dürfte mehr Holz
wachsen als geerntet wird. „Vor allem
in den Privatwäldern wachsen die
Vorräte“, glaubt Gernot Handke. Ohnehin
sei der Wald in der Region eher
älter und könnte zielgerichtete Ernte
in den meisten Fällen gut vertragen.
Und das sei letztlich auch aus Klimaschutzsicht
wünschenswert. „Dazu
brauchen wir einen bewirtschafteten
Wald“, erklärt Handke. Damit altes
Holz verwertet wird – idealerweise
als dauerhafter Speicher – und
neue Baumgenerationen neues CO 2
aufnehmen können. In der ganzen
Diskussion ist allerdings klar: Die
Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
des Walds liegen in
der Unversehrtheit seines Ökosystems,
das eben neben der Holzproduktion
noch andere, sehr wichtige
Aufgaben hat.
Hier aber glauben die beiden FBG-
Förster an Vereinbarkeit. Gerade in
Altmühlfranken seien die Wälder heute
aus ökologischer Sicht in einem
besseren Zustand als etwa nach den
beiden Weltkriegen. Das liegt nicht
zuletzt daran, dass es vor Ort viele
Klein- und Kleinstwaldbesitzer gibt,
die sehr unterschiedlich mit ihren
Wäldern umgehen. Das mag aus der
Bewirtschaftungsperspektive nicht
ideal sein, bringt aber Vielfalt. Dort
wird viel gemacht, hier gar nichts und
da gibt es einen Liebhaber, der seinen
Wald voller Nistkästen gehängt
hat. Diese kleinteilige Struktur tut
der Biodiversität eher gut. Genauso
wie die Tatsache, dass der Nutzungsdruck
nicht brutal ist. Frühere Generationen
hätten den Wald ausschließlich
als Rohstofflager gesehen und
ihn komplett ausgeräumt. Bis hin zum
Waldboden, der als Streu in den Ställen
landete.
Dass der Wald als wirtschaftliche
Komponente vor Ort allerdings keine
große Rolle spielt, liegt auch daran,
dass er zwar viele Köpfe, aber keine
Gesichter hat. Will heißen: Es gibt
zwar Tausende von privaten Waldbesitzern
in Altmühlfranken, vielleicht
einige Dutzend Firmen für Waldarbeiten,
einige Handvoll Zimmerer
und eine Handvoll kleiner Sägewerke,
aber große Weiterverarbeiter gibt es
nicht. Die Wertschöpfung des Walds
verteilt sich eben auf 34.000 Hektar
und nicht auf einige Hunderttausend
Quadratmeter Fabrikgelände, wie das
bei der Industrie der Fall ist.
Dürfte man sich etwas wünschen,
wäre es sicher, dem forstwirtschaftlichen
System vor Ort noch mehr Perspektive
in der Veredelung und damit
Tiefe in der Wertschöpfung zu geben.
Das würde dem Wald auch als Arbeitgeber
mehr Respekt bringen. Nicht
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