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WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021

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WIKO

Arbeitgeber ihren Mitarbeitern offenbar

nur sehr bedingt zutrauen. Nicht

umsonst stimmen viele dem durch Corona

auferlegten Homeoffice nur zähneknirschend

zu und möchten nach

dem Ende der Pandemie schnellstmöglich

wieder alle ins Präsenzbüro

zurückbeordern (siehe Artikel S. 52-

54). Dabei könnten sich die Unternehmen

von digitalen Nomaden einiges

abschauen, findet Kathrin Lucia Meyer.

Als Erstes: „Dezentrales Arbeiten ist

kostensparend.“ Unternehmen brauchen

weniger Büroflächen, die Mitarbeiter

sparen sich Fahrtkosten. „Das

ist auch noch umweltfreundlicher“,

zeigt die freiberufliche Journalistin auf,

„und die Arbeitnehmer sind entspannter,

wenn sie nicht pendeln müssen.“

Insgesamt zufriedener, ausgeglichener,

motivierter, ja sogar gesünder?

„Ich habe kaum Krankheitstage, auch

nicht im Winter – da bin ich ja dann eh

im Süden.“

Surf-and-Work-Camps in Südspanien,

Coworking-Spaces auf den Kanaren,

Yoga- und Business-Retreats

in Thailand: Das gibt es, aber nicht

immer muss ortsunabhängiges Arbeiten

so aussehen. Mathias Hertlein

etwa sitzt in seinem Arbeitszimmer in

Markt Berolzheim. 2016 zog der Software-Entwickler

von Berlin zurück in

seine altmühlfränkische Heimat, die

allerdings nicht gerade als Mekka der

IT- und Softwarebranche gilt. Zudem

wünschte er sich Freiheit, Flexibilität

und abwechslungsreiche Projekte.

Also wagte Hertlein den Schritt in die

Selbstständigkeit und schuf sich seinen

maßgeschneiderten Arbeitsplatz

in der Provinz eben selbst. Während

andere Softwareentwickler in Chiang

Mai an ihren Laptops arbeiten, sitzt

Mathias Hertlein zufrieden in seinem

neu gebauten Haus mit Frau und Kind

in B-Heim.

So wird ortsunabhängiges Arbeiten

auch zum Vorteil für die Region. Qualifizierte

Arbeitskräfte bleiben hier oder

kommen zurück, zahlen hier Steuern,

kaufen hier ein, gründen hier ihre Familien.

Zwar sind es meistens die Branchen

Medien, Marketing und IT, in denen

digitale Nomaden zu finden sind.

Doch theoretisch funktioniert das

Modell auch in anderen Berufen. „Das

ist ein ganz großes Potenzial, das man

auch nutzen sollte“, findet Hertlein. Und

aktiv unterstützen. Denn eine gute, flächendeckende

Breitbandversorgung

ist das A und O. Videokonferenzen,

internetbasierte Anwendungen, Dateitransfers:

Ohne die entsprechende

Internet-Infrastruktur geht es nicht.

Ganz ohne Menschen geht es aber

auch nicht. „Für manche Dinge ist der

persönliche Austausch enorm wichtig“,

hat Mathias Hertlein festgestellt.

Die Auftraggeber einmal analog kennenlernen,

an Team-Meetings teilnehmen,

Netzwerk-Treffen besuchen:

„Das ist wichtig für das Zwischenmenschliche,

aber im persönlichen

Austausch steckt auch viel Kreativität

und Innovationskraft.“ Kathrin Lucia

Meyer braucht ebenfalls den sozialen

Kontakt und sucht ihn meistens in

Coworking-Spaces. „Dort kann ich

mich mit Gleichgesinnten austauschen,

aber auch mit Menschen aus

anderen Branchen – und dadurch ganz

neuen Input und Perspektiven bekommen.“

Digitales Nomadentum, ortsunabhängiges

Arbeiten: Was derzeit noch

wie eine Nische für Individualisten erscheint,

könnte auch die Arbeitskultur

in Unternehmen dauerhaft verändern.

Mathias Hertlein hofft auch auf eine

Trendwende weg von starren Zeitmodellen

hin zum flexiblen, ergebnisorientierten

Arbeiten. Außerdem freie

Wohnortwahl, bessere Vereinbarkeit

von Familie, Freizeit und Beruf, Selbstverwirklichung,

Eigenverantwortung.

Umfragen bestätigen: Das sind die Dinge,

die sich die Arbeitnehmer zunehmend

wünschen. Kathrin Lucia Meyer

ist überzeugt: „Solche Arbeitsmodelle

können in Zukunft für Unternehmen ein

Wettbewerbsvorteil sein.“

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