WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021
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WIKO
Anders als Sonnenschein oder Windstärke
lässt sich mit dem Durchstrom
eines Gewässers vergleichsweise konstant
rechnen. Die Kehrseite der Medaille
ist, dass dieses konstante Energievolumen
auch dann anfällt, wenn es
gar keine großen Abnehmer für diese
Energie gibt, etwa nachts.
Hier kommt ein neues Geschäftsfeld
ins Spiel, das man bei Ossberger
in Weißenburg gerade in den Blick
nimmt. Von der Wasserkraft zum Wasserstoff
ist es nicht weit und Wasserstoff
ist das Thema der Stunde. Die
Bundesregierung hat milliardenschwere
Förderpogramme aufgelegt,
um Deutschland zum Wassrstoff-Land
zu machen. Man glaubt, dass das Gas
der Energieträger der Zukunft sein
wird. Und die Bundesregierung ist
ganz offenbar nicht die Einzige, die diesen
Glauben pflegt. An den Börsen begeistern
sich Anleger gerade nahezu
blind für alles, was mit dem Gas zu tun
hat, aus dem die Träume sind.
Das hat einen nachvollziehbaren
Grund: Wasserstoff verbrennt nahezu
emmissonsfrei und ist zudem fast
endlos vorhanden. Der Traum von
der grünen, von der nachhaltigen,
von der dekarbonisierten neuen Wirtschaft
scheint greifbar. Ein verlockendes
Szenario, weil es nahelegt, dass
man doch gar nicht so viel ändern
müsste, wenn man nur den Grundenergieträger
austauscht. Wasserstoff
statt Erdöl und die Sache ist erledigt?
So einfach ist es allerdings nicht. Die
Sache hat einen nicht unerheblichen
Haken. Wasserstoff kommt nahezu
ausschließlich in gebundener Form
vor. Und zwar als H 2
O, also Wasser.
Um ihn aus dieser Verbindung zu lösen,
braucht es Energie. Erheblich
mehr Energie als man nachher über
die Verwertung des Wasserstoffs in
einer Brennstoffzelle wieder zurückbekommt.
Ist die Wasserstoffwirtschaft
also im Grunde eine dumme Idee?
Natürlich nicht, sie muss aber richtig
aufgezogen werden. Und damit wären
wir wieder in Weißenburg und bei der
Firma Ossberger. „Die Wasserstoffwirtschaft
macht nur dann Sinn, wenn
man den Wasserstoff auch mit nachhaltigen
Energien erzeugt“, erklärt Geschäftsführer
Dr. Karl-Friedrich Ossberger.
Bei diesem Ansatz bleiben die
erneuerbaren Energien – Wind, Sonne,
Wasser – die eigentliche Rettung,
aber Wasserstoff ist das Medium, das
die Speicherung dieser Energie ermöglicht.
Eine Art Batterie in Gasform.
Nur dass man für die Produktion dieser
„Batterie“ nicht endliche Rohstoffe
verbraucht, tonnenweise CO 2
und Müll
produziert, von dem man noch nicht so
recht weiß, wie man ihn entsorgt.
Ossberger denkt nun über dezentrale
Wasserstoff-Produktionsanlagen
nach, die mit den eigenen Wasserkraftwerken
gekoppelt sind. Tagsüber
wird der Strom von den Besitzern der
Turbinen selbst genutzt oder zu guten
Preisen ins Stromnetz eingespeist,
nachts aber, wenn den Strom keiner
haben will, nutzt man ihn für kostenlose
Produktion von Wasserstoff.
Mit dem kann man dann die eigene
Fahrzeugflotte betreiben, ihn an Wasserstofftankstellen
verkaufen oder
auch gleich selbst eine eröffnen. Firmenchef
Ossberger ist mit Nachdruck
an dem Thema dran und baut sich ein
Netzwerk, das erste Impulse für die
Entwicklung geben soll. „Dass das
Zentrum für Wasserstoff in Bayern in
Nürnberg beheimatet ist, bietet gute
Chancen für Kooperationen“, ist Ossberger
überzeugt. Zumal sein Unternehmen
bereits zweimal bewiesen hat,
dass man sich aus eigener Innovationskraft
heraus diversifizieren kann.
Man gründete in den vergangenen
Jahrzehnten mit der Kunststoff- und
der Oberflächentechnik zwei Bereiche
fast aus dem Nichts, die heute längst
eigenständig funktionieren und wichtige
Teile des Unternehmens sind.
Warum sollte das in einer Weiterentwicklung
im historischen Kernbereich
der Firma nicht funktionieren, wo
man in Sachen Know-how so gut aufgestellt
ist wie kaum einer auf der
Welt? Und das noch in einem Gebiet,
in dem gerade nichts weniger als die
Zukunft der weltweiten Wirtschaft verhandelt
wird.
In Gunzenhausen kümmert man sich
im Moment eher um die Zukunft des
Individualverkehrs, die man nicht im
Wasserstoff, sondern in der E-Mobilität
zu Hause sieht. 2018 hat sich in
der Altmühlstadt das Start-up Dezony
gegründet. Die Idee: eine intelligente
Ladestation für Einfamilienhäuser, die
die Energiewende vom Dach in den
Tank bringt. „Das Zuhause ist unsere
Nische“, erklärt Marco Schomber,
der zusammen mit Rüdiger Sonntag
und Davide Di Bella als Gründer hinter
dezony steht. „Der Markt bei den
Ladesäulen im öffentlichen Bereich
kommt stark, da sind auch große
Unternehmen schon drin. Aber da
wurden vor allem Allzwecklö-
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