WIKO – Wirtschaftskompass Altmühlfranken Ausgabe 2021
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
WIKO
sungen entwickelt“, analysiert
Schomber. „Unser
System aber ist von der
ersten Schraube bis zum
letzten Algorithmus ausschließlich auf
das Einfamilienhaus ausgelegt.“
Klingt gut, aber gibt es zu Hause nicht
schon eine Vorrichtung, aus der Strom
kommt und mit der man E-Autos laden
kann? Besser bekannt als Steckdose?
Schomber lacht, er hört diesen
Einwand nicht zum ersten Mal. Dann
beginnt er schnell und strukturiert mit
der Erklärung, warum die Dezony-Ladestation
von einer Steckdose so weit
entfernt ist wie die Fackel von der LED.
Beginnen wir bei der Strommenge.
„Früher konnte man sein E-Auto wirklich
noch mit der Steckdose laden,
aber mittlerweile sind die Akkus so
groß, dass man da teilweise 40 Stunden
bräuchte.“ Bald kamen deshalb
die ersten sogenannten Wallboxen
auf den Markt, die E-Auto-Ladungen
mit Starkstrom zu Hause möglich
machten. „Die sind dann einfach stur
mit 11 kW ins Auto, komme, was da
wolle.“
Hier setzt Dezony an. Ihre Ladestation
ist nämlich nicht nur eine technische
Einrichtung zur Abgabe von Strom,
sie ist auch eine umfangreiche
und komplizierte
Softwarelösung. Die zielt
vor allem darauf ab, eigenen
Strom in die Autobatterie zu
bekommen. Mit Photovoltaik auf dem
Dach wird die Dezony-Station zur Solar-Tankstelle.
Und zwar ohne – für den
Hausbesitzer teuren – Umweg über
das allgemeine Stromnetz.
„Unsere Station ist intelligent, das
heißt, sie kommuniziert mit der PV-Anlage
auf dem Dach und dem Speicher
im Keller“, erklärt Schomber. So viel
wie möglich eigener Strom, so wenig
wie möglich Netzstrom soll im Akku
landen.
Aber das ist nicht alles an Intelligenz,
was die Säule zu bieten hat. Denn eines
der Hauptprobleme der individuellen
E-Mobilität wird die Kapazität der
Stromversorgung auf den letzten 200
Metern sein. Also von der Trafostation
ins Einfamilienhaus. Schomber: „Auf
der Strecke sind die Energieversorger
praktisch blind.“ Nicht unproblematisch,
denn wenn in einigen Jahren
in einer Wohnsiedlung am Abend die
Hälfte aller Autos 20 Kilowatt aus ihrem
Starkstromanschluss ziehen, kann
es in der Straße schnell dunkel werden.
„Wir haben die Technik und die Software,
das zu verhindern, weil unser
System auch in die Richtung kommunizieren
kann“, so Schomber. Eine Sache,
die auch für lokale Energieversorger
noch sehr spannend werden kann.
Wie genau die technischen
und die Softwarelösungen für
ihre Dezony- Station aussehen,
dazu wollen sich die drei
Gründer nicht äußern.
Das ist zentrales Geschäftsgeheimnis.
Fakt ist, dass Technik
und Software funktionieren: Es
gibt bereits eine Testanlage in
Gunzenhausen. Jetzt muss der
fertige Prototyp noch für die serielle
Fertigung fit gemacht und ein
Vertriebssystem aufgebaut werden.
„Dazu braucht es Geld und einen Investor“,
erzählt Schomber. 700.000
Euro will man einsammeln, um diese
Schritte gehen zu können.
Und es sieht gut aus. „Wir haben bereits
einen an Bord, nun brauchen
wir noch einen zweiten. Wir gehen
davon aus, dass wir das in den nächsten
Monaten closen können“, so der
Gunzenhäuser Unternehmer. Schon
im dritten oder vierten Quartal soll die
Ladestation als Ergänzung zur PV-Anlage
auf dem Dach dann auf dem Markt
sein. Im Vertrieb will man auf Automobilkonzerne,
PV-Installateure und Online-Portale
setzen. Auch hier laufen
die Gespräche.
„Produktion und Firmensitz sollen in
Gunzenhausen sein“, stellt Schomber
klar. „Wir alle drei kommen aus Gunzenhausen
und wir wollen hier zeigen,
dass man als Start-up auch auf
dem Land erfolgreich sein kann.“ Ein
Nachteil sei ein möglicher Sitz auf dem
Land nicht. „Im Gegenteil: Wir haben
es nicht weit nach Nürnberg, München
und Augsburg und es gibt schon
starke Industrie im Kunststoff.“ Und
außerdem ist die Region einfach wunderschön,
sagt Schomber und lacht.
Wenn es an etwas fehlt, dann vielleicht
an guten Strukturen für Gründer. Aber
da wollen sie ja jetzt mit gutem Beispiel
vorangehen. Mit einer Ladestation, die
die Energiewende nach Hause bringt
und die der Beginn eines dezentralen,
intelligenten Stromnetzwerks sein
könnte.
97