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Niels Klims unterirdische Reise

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— 145 —<br />

Familie kann eine kleine Republik vorstellen, denn sie sind keinen<br />

Gesetzen und keiner Obrigkeit unterworfen, doch halten<br />

sie unter sich eine Art von gesellschaftlichem Wesen und in allgemeinen<br />

Angelegenheiten beratschlagen sich die Alten miteinander,<br />

die denn immer Friede und Einigkeit zu erhalten suchen<br />

und vornehmlich diese Regel aus dem natürlichen Gesetz einführen:<br />

»Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem<br />

anderen zu.« An allen Stadttoren und an allen Haustüren<br />

war das Bild der Freiheit ausgeschnitzt zu sehen, die auf Ketten<br />

und Banden trat, wobei gleich die Aufschrift stand: »Die goldene<br />

Freiheit«. In der ersten Stadt, in die ich kam, sah alles ziemlich<br />

ruhig aus, doch sah ich, dass sich die Einwohner durch gewisse<br />

Binden voneinander unterschieden, welche die Merkmale<br />

besonderer Fraktionen waren, in die die Bürgerschaft eingeteilt<br />

war. Die Zugänge an den Häusern der Mächtigsten waren mit<br />

sieben bewaffneten Wächtern besetzt und es schien, als wenn<br />

sie nur alle darauf lauerten, dass nach beendetem Stillstand der<br />

Krieg von neuem angehen möchte. Ich floh daher voller Furcht<br />

aus diesem Freien Land und hielt mich nicht eher für sicher, bis<br />

ich es aus den Augen verloren hatte.<br />

Das nächste Land, das gleich neben diesem lag, hieß Jochtana.<br />

Was ich von diesem Land wusste, setzte mich in Erstaunen,<br />

weil ich glaubte, es würde allhier noch viel unordentlicher,<br />

ja unsicherer und verwirrter zugehen als in dem Freien Land,<br />

denn hier wurden alle Religionen, Sekten und Ketzereien geduldet<br />

und alle Lehren, die nur an irgendeinem Ort dieses<br />

Planeten gelehrt wurden, kamen hier gleichsam wie zu einem<br />

Mittelpunkt zusammen und wurden öffentlich vorgetragen.<br />

Da mir nun hierbei einfiel, was für traurige Folgen aus dem<br />

Unterschied der Religionen in den meisten Ländern unseres<br />

Europa entstanden, wagte ich beinah nicht, in die Hauptstadt<br />

Jochtansii einzukehren, weil hier so viele Kirchen und einander<br />

entgegengesetzte Sekten wie öffentliche Plätze und Gassen<br />

anzutreffen waren. Aber als ich hineinkam, verschwand meine<br />

Furcht augenblicklich, weil ich die größte Einigkeit regieren sah

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