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Niels Klims unterirdische Reise

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kann durch ein vorher unternommenes Examen gar leicht<br />

erfahren werden. Denn einem dummen und unwissenden<br />

Kopf ist es sehr schwer, seine Dummheit und seinen Unverstand<br />

zu verbergen, da im Gegenteil ein Heuchler sich<br />

fromm stellen und ein Schalk in der Haut seine Schelmerei<br />

meisterlich zu verbergen weiß. Ferner sind Geschicklichkeit<br />

und Frömmigkeit gar nicht einander zuwiderlaufende Tugenden,<br />

sondern sie können gar wohl bei einem Menschen<br />

beisammenstehen, eben wie Dummheit und Frömmigkeit<br />

nicht immer miteinander verbunden sind. Wenn aber ein<br />

geschickter Mann zugleich Frömmigkeit besitzt, so ist er<br />

vollkommen. Ein dummer und ungeschickter Mann ist<br />

entweder fromm oder böse. Ist er böse, so ist es klar, dass<br />

die Unwissenheit Missgeburten zeugt, wenn sie mit Bosheit<br />

verknüpft ist; ist er aber fromm, so kann er wegen seiner<br />

Dummheit die Tugenden, so er besitzt, nicht zur Ausübung<br />

bringen, und wenn er selber nicht Bubenstücke auszuüben<br />

sich untersteht oder vornehmen kann, so wird es doch sein<br />

Knecht oder Diener tun, der ihm zur Hand geht. Denn ein<br />

dummer Besitzer von einem Landgut hat für gewöhnlich<br />

einen verschlagenen Verwalter, und ein unwissender Richter<br />

ist für gewöhnlich mit einem schalkhaften Gerichtsschreiber<br />

versehen, der ohne Furcht allerhand Betrügereien ausübt,<br />

indem er es später immer auf seinen Herrn schiebt,<br />

wenn ihm ein Streich misslungen. Daher ist bei der Vergabe<br />

der Ämter vornehmlich immer auf die Geschicklichkeit<br />

zu sehen.<br />

16. Niemand hat als hoffärtig allzu schnell zu verdammen<br />

und wegen seines Hochmuts allein von Ehrenstellen auszuschließen,<br />

wenn er um ein Amt anhält, dem er sich gewachsen<br />

zu sein glaubt. Denn wenn ein Fürst bei der Vergabe<br />

der Ämter gar zu sehr auf die Demut sehen wollte, so<br />

würde auch der Allerhochmütigste sich demütig anstellen,<br />

weil er versichert wäre, dass er hierdurch sicher und eher<br />

seinen Zweck erreichen würde. Und der Fürst würde auf

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