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Niels Klims unterirdische Reise

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liche Tage ganz ruhig und unbeweglich liegen bleiben und mit<br />

Ungeziefer gespeist werden, dessen man zu der Zeit eine große<br />

Menge auffängt und sammelt. Denn durch diese Speise lassen<br />

sie sich noch so lange aufhalten, bis man alles zubereitet hat,<br />

was diejenigen vonnöten haben, die verbannt werden sollen.<br />

Dies geschieht nun folgendermaßen. An die Netze, unter denen<br />

die Vögel verstrickt liegen, wird eine Kiste oder ein Kasten<br />

mit einem Strick fest angebunden. Ein jeder solcher Kasten ist<br />

nur auf einen Baum oder eine Person eingerichtet. Wenn nun<br />

die Zeit ihres Abzugs herankommt und die Fliegen abnehmen,<br />

die ihnen zur Speise dienten, so schwingen die Vögel sich in<br />

die Höhe und fliegen wieder auf und davon. Auf diese Weise<br />

war das wunderbare Fuhrwerk beschaffen, auf dem ich nebst<br />

anderen Gefangenen in eine neue Welt geführt werden sollte.<br />

Ich hatte damals zwei Bürger aus Potu zu <strong>Reise</strong>gefährten, die<br />

anderer Verbrechen wegen ins Elend wandern mussten. Der<br />

eine war ein Metaphysiker, der die Gesetze dadurch übertreten<br />

hatte, dass er von dem Wesen Gottes und der Natur der Geister<br />

disputiert hatte. Anfangs hatte man ihn zur Ader gelassen, als<br />

man ihn aber kurz darauf wieder ertappte, wurde ihm die Verbannung<br />

nach dem Firmament zuerkannt. Der andere war ein<br />

Schwärmer, der gegen die Religion und obrigkeitliche Gewalt<br />

allerhand Zweifelknoten geknüpft und auf diese Weise alle beide<br />

zu stürzen schien. Dieser wollte den Gesetzen des Landes<br />

nicht gehorchen, indem er vorgab, der bürgerliche Gehorsam<br />

sei gegen sein Gewissen. Seine Freunde hatten sich bemüht,<br />

mit den stärksten Beweisgründen seine Halsstarrigkeit zu unterbrechen,<br />

indem sie ihm zeigten, wie vielem Gelächter und<br />

Verspottungen dergleichen eingebildete Gewissensskrupel und<br />

sich selbst gemachte Eingebungen unterworfen seien. Sie sagten<br />

ihm ferner, es werde öfters eine Melancholie, die aus verderbten<br />

Säften im Körper entstehe, mit einem Eifer, einem guten<br />

Gewissen oder einer himmlischen Eingebung konfundiert; ja,<br />

sie wiesen ihm nach, wie töricht es sei, sich auf den Ausspruch<br />

seines Gewissens zu berufen und wie unbillig man verlange,

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