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Niels Klims unterirdische Reise

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tigeres oder besseres Zeugnis erwirken und er solle den Herren<br />

doch mein akademisches Zeugnis zeigen, in dem ich weise und<br />

verständig und ein Student von der besten Art genannt werde.<br />

Aber er antwortete mir, dass mein Zeugnis wohl in unserer oberen<br />

Welt seinen Wert haben möchte, wo man vielleicht mehr<br />

auf den Schatten als auf den Körper und mehr auf die Schale<br />

als auf den Kern sehe. Aber bei ihnen gelte es nichts, da sie auf<br />

den innersten Grund einer Sache gingen. Er redete mir ferner<br />

zu, ich solle mein Schicksal nur immer geduldig tragen, zumal<br />

mein Zeugnis unmöglich umgestoßen oder geändert werden<br />

könne; denn es gäbe bei ihnen kein größeres Laster, als jemanden<br />

mit unverdienten Lobsprüchen zu versorgen. Doch da er<br />

meinen Schmerz ein wenig lindern wollte, redete er mir aufs<br />

Freundlichste zu und sagte unter anderem zu mir, ich solle mir<br />

doch nicht so sehr zu Herzen gehen lassen, was ich mir in ganz<br />

törichter Weise wünschte. Ich sollte nur bedenken, wie der Neid<br />

insgeheim diejenigen wieder stürze, die vom Glück auf den<br />

höchsten Gipfel der Ehre erhoben worden waren, dass alle Ehre<br />

eitel und vergänglich sei. Denn je höher man steige, desto tiefer<br />

wäre der Fall, und je mehr man Schätze gesammelt und Reichtümer<br />

erworben, umso empfindlicher sei später ihr Verlust, zumal,<br />

wenn es sich plötzlich und unvermutet zutrüge. Dies alles aber<br />

hätte ich in meinem geringen oder mittelmäßigen Stand nicht<br />

zu befürchten und was das Zeugnis angehe, das mir die Karatti<br />

erteilt, so bestätigte dies, dass sie die scharfsichtigsten und aufrichtigsten<br />

Richter seien, die weder durch Geschenke bestochen,<br />

noch durch Drohungen erschreckt werden könnten und daher<br />

auch nur einen Finger breit von der Wahrheit abwichen, und<br />

so sei es auch in diesem Fall der Wahrheit gemäß eingerichtet<br />

worden. Endlich gestand er mir recht offenherzig, dass er selber<br />

die Blödigkeit meines Verstands schon längst eingesehen, und<br />

dass er schon anfangs aus meinem hurtigen Gedächtnis und der<br />

Geschwindigkeit, mit der ich eine Sache erfasste, beschlossen<br />

habe, dass aus mir nicht viel Besonderes werden würde, weil<br />

ich mich wegen mangelnder Urteilskraft schwerlich zu einem

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