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Niels Klims unterirdische Reise

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— 154 —<br />

schrieb er dieses Urteil mit eigener Hand, ließ das gewöhnliche<br />

Siegel darauf drücken und befahl, es zu publizieren, doch linderte<br />

er es in soweit, da ich ein Fremdling und aus einer neuen<br />

und unbekannten Welt hergekommen sei, wo ein frühkluger<br />

Verstand unter die Tugenden gerechnet werde, so sollte ich<br />

dieser wegen mit der Todesstrafe verschont bleiben. Damit<br />

aber gleichwohl durch Erlassung der Strafe die Gesetze nicht<br />

geschwächt würden, sollte ich bis zum Birkenmonat gefänglich<br />

verwahrt, sodann aber nebst anderen Übertretern der Gesetze<br />

nach dem Firmament verbannt werden.<br />

Nach Publizierung des Urteils wurde ich ins Gefängnis gelegt.<br />

Meine Freunde rieten mir damals, ich solle gegen dieses<br />

Urteil protestieren, weil unter meinen Richtern so viel Frauen<br />

und Jungfrauen gewesen seien, die in ihrer eigenen Sache gerichtet<br />

hätten. Anderen aber schien es ratsamer, ich solle mein<br />

Vergehen erkennen und dasjenige, was geschehen sei, durch<br />

meine natürliche und angeborene Dummheit entschuldigen.<br />

Aber ich verwarf diesen Vorschlag beständig, weil ich allzu viel<br />

Respekt gegen die Menschen auf unserer oberen Erde hegte,<br />

sodass ich sie durch ein so niederträchtiges Bekenntnis nicht<br />

hätte beschimpfen wollen. Nicht lange hernach erfuhr ich, der<br />

Fürst wolle mir alle Strafen erlassen, wenn ich nur bei ihm um<br />

Gnade anhielte und um Vergebung meines Fehlers bäte, obgleich<br />

die Rahagna, oder die Schatzmeisterin, mit Händen und<br />

Füßen sich dagegen zur Wehr setzte, dass ich meine Freiheit erhalten<br />

sollte. Doch dass ich die Wahrheit offenherzig bekenne,<br />

ich kümmerte mich gar nicht um dieses Urteil, denn das Amt,<br />

das ich verwaltete, war mir unerträglicher als der Tod und ich<br />

war es überdrüssig, länger bei diesen Bäumen zu leben, die vor<br />

allzu großer Weisheit hätten bersten mögen; überdies hoffte ich<br />

auch, meine Umstände könnten sich vielleicht im Firmament<br />

bessern, denn ich hatte gehört, dass dort alle Fremdlinge ohne<br />

Unterschied sehr gütig aufgenommen würden.

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