Niels Klims unterirdische Reise
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und nächtliches Studieren erlangen können. Doktoren werden<br />
diejenigen genannt, die in der Gelehrsamkeit aufs Höchste<br />
gekommen sind, oder wie die Europäer sagen, auf den Gipfel<br />
eines gewissen Berges Parnass, den neun Jungfern bewohnen<br />
sollen, gestiegen sind. Nach diesen folgen die Magister, die ihre<br />
gelehrten Titel mit etwas weniger Unkosten erhalten können<br />
als die Vorigen, und daher auch für etwas weniger gelehrt gehalten<br />
werden. Hieraus kann man sehen, wie gütig man in den<br />
Hohen Schulen der oberen Erde gegen die Menschen ist, da sie<br />
ihnen einen so geraden und leichten Weg zur Gelehrsamkeit<br />
bahnen. Gegen Mitternacht aber sind die Hohen Schulen etwas<br />
unfreundlicher, indem sie niemandem die höchsten Ehrentitel<br />
und Würden erteilen, der nicht vorher examiniert worden ist.<br />
Die Gelehrten unterscheiden sich von den Ungelehrten<br />
durch Sitten und Kleidung vornehmlich aber durch die Religion,<br />
denn diese glauben nur an einen Gott, jene hingegen<br />
verehren viele Götter und Göttinnen. Die vornehmsten Götter<br />
der Gelehrten sind Apollo, Minerva und die neun Musen, darauf<br />
folgen noch viele andere kleineren Götter, die besonders<br />
die Poeten anzurufen pflegen, wenn sie in Raserei geraten. Die<br />
Gelehrten selber aber werden, nach den mancherlei Arten ihrer<br />
Studien, auch in vielerlei Klassen eingeteilt. Denn einige<br />
heißen Philosophen, andere Dichter oder Poeten, noch andere<br />
Sprachlehrer und wieder andere Naturkundler, Metaphysiker<br />
und so weiter.<br />
Ein Philosoph ist ein gelehrter Kaufmann, der die Regeln<br />
von der Kunst, sich selbst zu verleugnen, wie man Mäßigkeit<br />
ausüben und Armut geduldig ertragen solle, um ein gewisses<br />
Geld feilbietet und so lange über den Reichtum eifert und dagegen<br />
schreit, bis er endlich selbst reich geworden ist. Der Vater<br />
dieser Philosophen ist ein gewisser Seneca, der auf die beschriebene<br />
Weise königliche Schätze zusammenbrachte.<br />
Ein Poet ist derjenige, der sich durch alberne Fratzen und<br />
Raserei hervortut, daher ist die Raserei das eigentliche Kennzeichen,<br />
woran man die besten Dichter erkennen kann. Denn