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Niels Klims unterirdische Reise

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tor- oder Schulmeisterstelle in meinem Vaterland versprechen.<br />

Vorhin noch nannte man mich einen Gesandten der Sonne,<br />

jetzt aber war ich so arm, dass ich mir kaum zutraute, etwa<br />

bei einem Bischof oder Probst als Bedienter angenommen zu<br />

werden. Vor kurzem waren Ruhm, Ehre, Hoffnung, Wohlstand<br />

und Sieg meine Gefährten, nun aber begleiteten mich Sorgen,<br />

Elend, Bekümmernis, Tränen und Wehklagen. Endlich betrachtete<br />

ich mich noch als ein Kraut, das bald welk wird, denn ich<br />

war geschwind entstanden und geschwind wieder vergangen.<br />

Und das ich’s kurz mache: Der Schmerz, der Widerwillen, die<br />

Bekümmernis, der Zorn und die Verzweiflung machten mich<br />

so verwirrt in meinem Kopf, dass ich mich bald erstechen, bald<br />

mich aber wieder in die Höhle hineinstürzen wollte, aus der ich<br />

herausgekommen war, um zu versuchen, ob eine neue <strong>unterirdische</strong><br />

<strong>Reise</strong> etwa glücklicher für mich ausfallen möchte. Beides<br />

nahm ich mir dreimal vor, ich ließ aber auch dreimal wieder<br />

davon ab. Am meisten aber hielten mich die Grundsätze der<br />

christlichen Religion von diesem Vorhaben zurück, nach denen<br />

es verboten ist, sich vor der Zeit selbst das Leben zu nehmen.<br />

Ich bemühte mich daher, von diesem Berg durch den rauen,<br />

engen und ungebahnten Weg, der nach Sandwik führt, hinabzusteigen,<br />

weil aber mein Gemüt durch die tiefsinnigen Gedanken<br />

ganz zerstreut war, stolperte ich ein über das andere Mal, denn<br />

alle meine Gedanken waren noch ganz von der Fünften Monarchie<br />

eingenommen. Die leeren, jedoch noch ganz frischen<br />

Bilder davon schwebten mir so beständig vor meinen Augen,<br />

dass sie mich fast aller Sinne beraubten. Und der Verlust meiner<br />

Ehre und Gewalt war auch in der Tat so groß, dass er nach<br />

meinen Gedanken durch kein Glück in meinem Vaterland ersetzt<br />

werden konnte. Bildete ich mir ein, wenn mir gleich die<br />

Statthalterei von Bergen, oder, was noch mehr wäre, von ganz<br />

Norwegen aufgetragen würde, so wäre doch dies gar kein Vergleich<br />

mit meinem vorigen Glück und nur ein elender Trost für<br />

einen Monarchen so vieler Reiche, die er selbst gestiftet hatte.<br />

Jedoch beschloss ich bei mir selber, wenn mir etwa eine Statt-

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