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UNDERDOG #67

Schwerpunkt: Anti everything

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Frauenrockbands

so wichtigen Fragen wie nach der

Genuität einer musikalischen Form, und

ob sich Aggressivität, Sinnlichkeit und

Aktualität Gehör und Gestalt verschaffen

können. Gute Inhalte schreien geradezu

nach guten Formen, und Punk/HC

scheint allemal der beste Motor für

emanzipatorische und realitätsbezogene

Texte zu sein.

Viele Frauen* aus der Frauenbewegung

wenden ein, dass sie harten Rock oder

Punk als Mackermusik empfinden, als

frauendiskriminierend und

unterdrückerisch. Wohl gemerkt nicht

nur Text, sondern auch Form. Diese

Frauen* schlagen die Entwicklung von

alternativen Musikformen vor oder eine

Gegenkultur von und für Frauen* wie es

mit Riot Grrrl war und immer noch ist.

Während emanzipierte Frauen* sich

dabei auf Frauenarbeitslieder aus

vergangenen Jahrhunderten beriefen

oder die Musikgeschichte nach

vergessenen Komponistinnen und

Musikerinnen absuchten, war und ist

Riot Grrrl ein Statement, das sich durch

eine widerständige, subkulturelle und

eigenständige feministische Punkrock-

Szene auszeichnete. Die

Traditionslosigkeit weiblicher Kultur

wird nicht dadurch zum Verschwinden

gebracht, indem frau die Rockmusik in

die Hände der Männer lässt und die

Flucht nach rückwärts antritt. Und heute

grassiert Sexismus immer noch in jeder

Subkultur, die ihre eigenen Ausschlüsse

produziert. Deshalb gab es auch die Sista

Grrrl Riots- Bewegung, die eine Antwort

auf die Riot Grrrl Bewegung war und sich

für die Inklusion von allen Minoritäten

einsetzte. Damit ein Movement

weiterleben kann, muss es sich mit der

Zeit entwickeln und sich herausbilden.

Riot Grrrl war „jung, weiß,

Mittelschicht“, und in ihrer Einführung

zu The Riot Grrrl Collection bestätigt Le

Tigres Johanna Fateman diese

Beschreibung. Es war nicht alles weiß,

aber „wie konnten Mädchen – die aus der

überwiegend weißen

Bevölkerungsgruppe des Punks

stammen, die sich auf die Ressourcen

und die Ästhetik dieser Szene verließen –

eine wirklich integrative, revolutionäre

Agenda schmieden?"

Sista Grrrl und Afro-Punk

Es gibt keine Dokumentation von

trans-Musikerinnen in der Bewegung.

Außerdem gab es mehrere Berichte von

farbigen Frauen, die darüber

diskutierten, aus der Bewegung

ausgeschlossen zu werden und das

Gefühl hatten, es sei nur für weiße

Frauen gedacht. Tamar-kali Brown, eine

US-amerikanische Sängerin und

Komponistin, die die Entstehung des

sogenannten Afro-Punk 1 auslöste, hat

über ihre Gedanken zu Riot Grrrl als

Schwarze Frau gesprochen: „Ich habe

verstanden, worum es bei Riot Grrrl

ging“, erklärt sie. „Ich dachte nicht, dass

es exklusiv ist, aber es fühlte sich für

mich nicht inklusiv an. Ich habe weder

mich selbst noch meine Geschichte

gesehen, und so entstand später Sista

Grrrl – aus anderen farbigen Frauen, die

ich kannte, die Punkrock waren und sich

in dieser Szene bewegten und ähnliche

Gefühle hatten. Sista Grrrl war meine

Antwort auf Riot Grrrl, weil es sich

einfach super weiß anfühlte.“ Diese

Erfahrung zeigt, dass eine feministische

Bewegung nicht vollständig inklusiv sein

kann, wenn sie fast ausschließlich von

weißen, vorstädtischen, cis,

heterosexuellen Frauen geführt wird.

Der Afropunk-Bewegung wurde zwar nie

ein genaues Datum für ihre Entstehung

1 Brown ist dafür bekannt, öffentlich über die

Bewegung zu sprechen, wie sie in dem

Dokumentarfilm Afropunk über schwarze

Punkmusiker*innen erklärt. Spooner, James,

„AFROPUNK: The Movie – Trailer“:

https://www.youtube.com/watch?v=xJQRJZU0Zhc

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