UNDERDOG #67
Schwerpunkt: Anti everything
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Frauenrockbands
Über den Einbruch von Punk und New
Wave in die herrschende Langeweile der
70er Jahre ist genug geschrieben
worden. Darum verzichten wir großmütig
und aufatmend auf Musiksoziologie und
halten fest: hinter den verwirrend
vielfältigen und oft skurrilen Masken
verbirgt sich einheitlich etwas
Sinnvolles: anti-autoritäre und antielitäre
Musik. Und antörnend, weil
mensch nach dem Hören guter Platten
sofort selber loslegen möchte. Die
‚Punkbewegung‘ hat für Frauen*
ungeheuer viel gebracht. Zunächst
einmal: Ohne Frauen* geht es nicht. Es
gibt immer mehr
gemischtgeschlechtliche Gruppen oder
reine Frauenbands. Frauen* nicht nur als
Sängerinnen, sondern als
Schlagzeugerinnen, Gitarristinnen,
Frauen an Synthis und Saxos: Siouxsie
and the Banshees, Lora Logic von
Essential Logic, Lydia Lunch bei Teenage
Jesus, Adele Bertei und Pat Place bei den
Contortions, Tina Weymouth bei den
Talking Heads, Vi Subversa bei Poison
Girls, Gaye bei den Adverts, Judy Nylon
bei Snatch, Poly Styrene bei X-Ray-Spex.
Dann Raincoats, Slits, Mo-dettes. Dann
DIN A Testbild, Hans-a-plast, Liebesgier,
Ätztussis. Eine Geschichte ohne Ende –
immer in Bewegung.
Eine dieser frühen Bands in der Rockund
Popgeschichte ist die Band
UnterRock mit ihrer Platte „Mach mal
deine Schnauze auf.“
Sonya Seymour 2 lobte 1980 in einem
Feature für ‚Emma‘ UnterRock und
erklärte ihre Bewunderung für die
‚betonte Hässlichkeit‘ der Punks:
„Aussehen ist ungeschlechtlich und
ungeheuerlich.“ Den aggressiven Stil von
UnterRock beschrieb Seymour als nicht
„wohlig konsumierbar.“
Sie zitierte Songtexte, in denen die Band
das Lesbischsein als öffentliche Identität
reklamierte: „Wir sind keine Kellerasseln,
wir sind lesbisch(...)ich will in keinem
Ghetto leben, für mich soll es auch ein
Draußen geben.“ Zudem formulierte eine
der Musikerinnen den Anspruch, auf
Frauen zuzugehen, um ihnen zu zeigen,
„dass Frauenbewegung nicht nur zarte
Stimmchen und Kaffeeklatsch ist,
sondern Frauen können auch aggressiv
sein.“ Diese Frauen könnten dann
erkennen: „dufte/stark, die haben nicht
so Flitterflatterkleidchen lila gefärbt,
sondern auch eine Persönlichkeit.“
Solche Aussagen karikierten
Frauengruppen als wirkungslos und
machten sich über die Politik einer
‚neuen Weiblichkeit‘ lustig, wie sie
manche in alternativen Milieus
engagierte Frauen vertraten, die
selbstgefärbte Baumwollkleidung trugen,
um sich der Massenmode zu entziehen,
oder die ‚weiche‘, ‚weibliche‘ Lyrik
schrieben. Seymour berichtete über
2 Sonia Seymour Mikich wurde 1951 in Oxford
geboren, wuchs in London auf, studierte Politologie,
Soziologie und Philosophie und volontierte von 1982
bis 1984 beim Westdeutschen Rundfunk (WDR). Seit
Mai 2014 ist Sonia Seymour Mikich Chefredakteurin
des WDR Fernsehen. Dort ist sie u.a. verantwortlich
für die Auslandsberichterstattung (z.B.
Europamagazin), investigative Formate (z.B.
Monitor, die story), Dokumentationen, Wirtschafts-
(z.B. Plusminus) und Sportberichterstattung (z.B.
Sportschau), das ARD-Morgenmagazin und die
Tagesschau-Zulieferredaktion.
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