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Diplomarbeit - Leben und Werk des Dichters Gottfried August Bürger

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somit hierarchisch. Das Feldmodell jedoch „evoziert die Fläche in ihrer horizontalen Dimension“. 28<br />

Dabei geht Bourdieu nicht von einer allgemeinen Gesellschaftstheorie aus, sondern entwickelt auf<br />

die Praxis einzelner Felder beschränkte Theorien – von denen zwar Abstraktionen <strong>und</strong><br />

Übertragungen auf andere Felder möglich sind 29 , jedoch keine allgemeine Theorie der „Gesellschaft“<br />

(ein Begriff, der bei Bourdieu zweifelhaft geworden ist) aufgestellt wird.<br />

Die Feldtheorie bricht mit marxistischer Theoriebildung an einem entscheidenden Punkt – sie lehnt<br />

das Konzept sozialer Klassen ab. Damit verb<strong>und</strong>en lehnt sie auch eine Determinierung durch das<br />

Ökonomische „in letzter Instanz“ ab. Von Marx übernimmt Bourdieu den Begriff <strong>des</strong> Kapitals, den er<br />

jedoch ausweitet, indem er von ökonomischem, kulturellem, sozialem <strong>und</strong> symbolischem Kapital<br />

spricht. Dadurch gelangt er zu einem anders gelagerten Klassenbegriff: „Ausgehend von der<br />

Dotierung mit diesem Kapital <strong>und</strong> von den Positionen im Feld, von der Hypothese ähnlicher<br />

Dispositionen lassen sich Klassen heraus präparieren, die theoretischer Natur sind“. 30 Klasse ist nun<br />

mehr eher eine heuristische <strong>und</strong> vorläufige Klassifikation als ein realer Zusammenhang.<br />

2.2.1. Feld <strong>und</strong> Habitus<br />

Die Begriffe Feld <strong>und</strong> Habitus sind Versuche, die „substantialistischen Oppositionen<br />

‚Individuum/Gesellschaft‘, ‚Individuum/Klasse‘“ zu überwinden. 31 Handeln entfaltet sich für Bourdieu<br />

als relationales Verhältnis von Institutionen (objektivierte Geschichte) <strong>und</strong> Dispositionen<br />

(inkorporierte Geschichte, Habitus).<br />

Der Habitusbegriff stellt den Versuch dar, die theoretische Lücke zwischen Individuum<br />

(Neukantianismus) <strong>und</strong> Struktur (Strukturalismus) zu überwinden. Als Vermittlungsglied zwischen<br />

Subjekt <strong>und</strong> Struktur ist der Habitus eine Disposition, die eine generative Fähigkeit (im Sinne<br />

Chomskys) beinhaltet. Damit wirft der Habitusbegriff Licht auf die Kodierungen sozialer Praxis <strong>und</strong> ihr<br />

Verhältnis zu individuellen Positionen im Feld. 32<br />

Bourdieus Felder sind in weberscher Tradition autonom wie konstruktivistisch – ein<br />

Analyseinstrument zum Anzeigen von Konfliktlinien <strong>und</strong> Positionen in umkämpften Bereichen der<br />

Gesellschaft (analog zu Webers Idealtypen). Durch den Feldbegriff soll die Autonomisierung<br />

gesellschaftlicher Bereiche <strong>und</strong> die dadurch entstehende komplexe Vermittlung von Individuum, Feld<br />

<strong>und</strong> sozialem Raum analysierbar werden. Das Feld vermittelt dabei zwischen der Praxis der Akteure<br />

<strong>und</strong> der Struktur. Für die Handlungen innerhalb <strong>des</strong> Fel<strong>des</strong> nimmt Bourdieu eine „allgemeine<br />

Ökonomie der Praxis […] [an], innerhalb der ökonomische Praktiken im engeren Sinn bloß einen<br />

28 Jurt: Das literarische Feld, S. 75.<br />

29 Die Annahme dabei ist, dass zwischen den Feldern strukturelle <strong>und</strong> funktionelle Homologien bestehen. Vgl.<br />

Jurt: Das literarische Feld, S. 83.<br />

30 Jurt: Das literarische Feld, S. 75.<br />

31 Jurt: Das literarische Feld, S. 79.<br />

32 Vgl. Bourdieu: Regeln der Kunst, S. 285f.<br />

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