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Diplomarbeit - Leben und Werk des Dichters Gottfried August Bürger

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Der Diskurs um Volk <strong>und</strong> Volkspoesie zeigt das literarische Feld in einer sehr frühen Stufe der<br />

Autonomie. Das Feld ist noch nicht völlig autonom von benachbarten Teilfeldern, wie Philosophie,<br />

Theologie <strong>und</strong> den Staatswissenschaften. Als Exponenten <strong>des</strong> Fel<strong>des</strong> treten Figuren auf, die in<br />

mehreren verschiedenen Bereichen tätig sind <strong>und</strong> deren Kapital durchaus noch zwischen<br />

verschiedenen Feldern konvertierbar ist (Herder kann sein Kapital als Literat in die Theologie<br />

mitnehmen, Schlözer <strong>und</strong> Sulzer haben großen Einfluss aufs literarische Feld). Auch das Problem der<br />

Autorschaft von Volkspoesie ist in den Schriften Herders noch nicht präsent, während es bei Schiller<br />

<strong>und</strong> <strong>Bürger</strong> schon in Vordergr<strong>und</strong> steht <strong>und</strong> noch mehr in den Auseinandersetzungen zwischen<br />

Arnim, Brentano <strong>und</strong> Grimm.<br />

Merkbar ist, dass sich die Institution Kunst als solche mit der Gesellschaftsstruktur verändert; die sich<br />

ändernden gesellschaftlichen Machtverhältnisse <strong>und</strong> eine sich konstituierenden bürgerlichen Klasse<br />

finden auch in den institutionellen Zusammenhängen <strong>des</strong> Literaturbetriebs ihren Niederschlag.<br />

Dieser strukturelle Aspekt tritt beim nächsten Untersuchten Diskurs, der Debatte zwischen Schiller<br />

<strong>und</strong> <strong>Bürger</strong>, noch stärker in den Vordergr<strong>und</strong>.<br />

3.2 Der Autor spricht zum Volk – Die Schiller-<strong>Bürger</strong> Debatte 1791<br />

Hatte Herder in den 1770er Jahren einen wahren Boom der Volkspoesie ausgelöst, war <strong>Gottfried</strong><br />

<strong>August</strong> <strong>Bürger</strong> sicher einer seiner eifrigsten Rezipienten. Seine Leonore wurde 1773 veröffentlicht,<br />

1776 erschien sein Herzensausguß über Volkspoesie. Herder setzt in Von Ähnlichkeit der mittlern<br />

Englischen <strong>und</strong> Deutschen Dichtkunst noch große Hoffnung auf eine Erneuerung der deutschen<br />

Poesie durch <strong>Bürger</strong>. Davon distanzierte sich Herder später, da <strong>Bürger</strong> den Gegensatz zwischen<br />

Sinnlichkeit <strong>und</strong> Vernunft verabsolutierte.<br />

Im Zentrum dieses Abschnitts steht die Debatte zwischen <strong>Gottfried</strong> <strong>August</strong> <strong>Bürger</strong> <strong>und</strong> Friedrich<br />

Schiller um Volkspoesie. Die Debatte fand im Jahr 1791 innerhalb von drei Monaten statt. Zuerst<br />

erschien Über <strong>Bürger</strong>s Gedichte von Schiller anonym in der Allgemeinen Literatur Zeitung vom 15.<br />

<strong>und</strong> 17.01.1791. Im Intelligenzblatt der Allgemeinen Literatur Zeitung vom 06.04.1791 erscheint<br />

<strong>Bürger</strong>s Vorläufige Antikritik. Gerüchteweise war zu diesem Zeitpunkt schon bekannt, dass es sich<br />

beim Rezensenten um Schiller handelt. In derselben Ausgabe erscheint Schillers Verteidigung <strong>des</strong><br />

Rezensenten gegen obige Antikritik, wiederum anonym. In <strong>Bürger</strong>s Nachlass befindet sich ein Entwurf<br />

für eine Erwiderung auf die Verteidigung, die von der Bestürzung darüber gekennzeichnet ist,<br />

tatsächlich Schiller als den Rezensenten erkannt zu haben. 120<br />

Gezeigt werden soll die Auseinandersetzung zwischen einer mittlerweile selbst wieder historisch<br />

gewordenen Avantgarde (die Autorengeneration Herders war im literarischen Feld bereits fest<br />

120 Vgl. Riedel: Kommentar zu Schillers Rezensionen, S. 1295, 1296 u. 1302.<br />

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