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21 d’Isarwinkler

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Wer von uns ist schon perfekt?<br />

Und ist das überhaupt wünschenswert,<br />

für sich und auch für den<br />

Partner? Kleine und große Macken<br />

machen uns doch aus und gehören<br />

nun mal dazu, so wie der individuelle<br />

Fingerabdruck. Mal schauen, was<br />

Sie und Er zu berichten haben.<br />

Für ihn ist es unbegreiflich, mit welcher<br />

Perfektion sie mehrmals täglich<br />

die Wolldecke auf der Couch<br />

zusammenfaltet und welch hohen<br />

Stellenwert das perfekte Ergebnis<br />

dabei für sie hat. Er fragt sich, ob<br />

er das in seinem Leben überhaupt<br />

schon mal gemacht hat? Überraschend<br />

ist außerdem, wie oft sie<br />

in ihren gemeinsamen vier Wänden<br />

Möbel umstellt, umdekoriert<br />

oder sonstige Veränderungen<br />

vornimmt. Als würde sie sich<br />

permanent für „Schöner Wohnen“<br />

bewerben. Veränderungen,<br />

die dafür handwerkliches Tun<br />

erfordern, werden dabei von ihr<br />

besonders kreativ und mit kurzer<br />

Haltbarkeitsdauer in Angriff<br />

genommen. Dabei ist MacGyver<br />

ihr großes Vorbild. Hoch lebe der<br />

FI-Schalter!* Besorgniserregend findet<br />

er allerdings den Dialog, den sie<br />

mit ihren zwei Katzen führt. Die<br />

überaus liebevollen Wortschöpfungen<br />

machen ihn fast ein bisschen<br />

eifersüchtig und ausnahmsweise<br />

macht er sich sogar etwas Sorgen,<br />

was die Nachbarn darüber denken.<br />

Von wieder anderen Frauen spricht<br />

man von einem überaus ausgeprägten<br />

Reinigungsfetisch. Wöchentlich<br />

werden hier Schubladen, Speisekammerschränke<br />

und Kühlschränke<br />

ausgeräumt, gereinigt und neu<br />

eingeräumt. Ordnung ist das halbe<br />

(dreiviertelte) Leben. Auch hier<br />

kann er meist nicht mitreden. Apropos<br />

reden: bei so mancher Dame enden<br />

ziemlich viele Sätze mit „Woast<br />

scho?“ oder „Gäh?“ oder „der oder<br />

die hod gsogt ...“ – als wär’ der Monolog<br />

nicht schon lang genug. Aber<br />

so ist das nun mal mit so manchen<br />

Gewohnheiten.<br />

Er hingegen pflegt seine Macken<br />

und überzeugt mit vielerlei Geräuschen.<br />

Das nächtliche Schnarchen<br />

gehört natürlich wie selbstverständlich<br />

zum guten Ton. Sorgen machen<br />

ihr allerdings die Geräusche, die er<br />

von sich gibt, wenn er seine Socken<br />

Macken<br />

Zwei Geschlechter,<br />

zwei Welten,<br />

zwei Meinungen!<br />

Text: Michaela Probst Bild: Freepik<br />

anzieht. Lautes Stöhnen, empfindet<br />

sie (macht seit fünf Jahren Pilates)<br />

als übertrieben und kann Ähnlichkeiten<br />

zu anderer anstrengenden<br />

aber sehr lustvollen Tätigkeit nicht<br />

wegdenken. Sogar beim Bewegen<br />

der Computer-Maus, inkl. anstrengendem<br />

Denksport, ist beizeiten ein<br />

leises Stöhnen zu hören. Beim Telefonieren<br />

mit dem Handy kann von<br />

leise keine Rede sein. Egal wer sich<br />

noch im Raum, im Haus oder im<br />

Ort befindet, jeder darf den lautstarken<br />

Telefon-Dialog mithören. Dabei<br />

wird immer wiederkehrend die unzureichende<br />

Netzabdeckung angesprochen,<br />

ohne über einen Wechsel<br />

des Telefonanbieters nachzudenken.<br />

Manch anderer Er, erfreut sich über<br />

das gute Essen seiner lieben Frau<br />

und tut dies durch hörbares Schmatzen<br />

kund (in China bedeutet das<br />

ein Lob an die Küche). Es soll sogar<br />

Männer geben, die besonderen<br />

Wert auf das eigene Besteck legen.<br />

Es muss immer und ausnahmslos<br />

sein Löffel in der Kaffeetasse stecken<br />

und das Papa-Besteck gibt’s<br />

sogar in zweifacher Ausführung,<br />

weil ohne bleibt ihm vielleicht das<br />

Essen im Hals stecken. Wer weiß?<br />

Man hört auch immer wieder von<br />

Männern, die plötzlich anfangen,<br />

mit der Zunge zu schnalzen oder<br />

wieder andere beißen so laut<br />

die Zähne zusammen, dass es<br />

für alle um ihn hörbar ist. Was<br />

das wohl zu bedeuten hat? So<br />

richtig laut und kurz vor der<br />

Schallgrenze wird es, wenn er<br />

krank ist. Männerschnupfen ist<br />

wahrlich harmlos gegen diesen<br />

gemeinen Männerhusten. Auch<br />

wenn böse Stimmen behaupten,<br />

sein Resonanzkörper hätte ganz<br />

leicht zugenommen (es ist kaum zu<br />

erkennen), ist sie immer wieder erstaunt,<br />

wie laut Mann husten kann.<br />

Ähnliche Geräuschpegel sind beim<br />

Kartenspielen oder Mensch-ärgere-dich-nicht<br />

zu verzeichnen, aber<br />

selbstverständlich nur, wenn er gewinnt.<br />

Sein Lieblingskommentar<br />

und seine Standardmeinung, und<br />

wie sie findet, die schönste Macke<br />

an ihm: „Mir Wurscht!“ Und auch<br />

wenn sie diese zwei Wörter manchmal<br />

zur Weißglut bringen, mag sie<br />

ihn so wie er ist. Gerade weil er<br />

nicht immer alles bierernst nimmt<br />

und so auch locker über ihre Macken<br />

hinwegsehen kann.<br />

*FI = der Fehlerstrom-Schutzschalter ist eine Schutzvorrichtung, die bei Fehlerströmen von selbst den Stromkreis<br />

abschaltet und so vor lebensbedrohlichen Stromschlägen schützt.<br />

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