männer* | II/23
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
Bei dieser Aushandlung geht es auch<br />
darum, seine persönlichen Grenzen<br />
artikulieren zu können und die Grenzen<br />
meiner Partner zu respektieren. In aktuellen<br />
feministischen Debatten wird dieses<br />
Aushandlungs- und Zustimmungskonzept<br />
als Teil der Prävention sexueller Gewalt<br />
diskutiert. Da wir als sexuelle Subjekte<br />
aber nicht immer wissen, was wir wollen,<br />
unsere Grenzen nicht immer klar sind und<br />
unsere Vorlieben darüber hinaus auch<br />
Veränderungen unterliegen, zeigt sich,<br />
dass ein “Ja heißt Ja”-Prinzip auch an seine<br />
Grenzen kommt, wenn es um die Prävention<br />
sexueller Gewalt geht.<br />
DAS SCHWEIGEN BRECHEN<br />
Dass es mit Zustimmung und Konsens<br />
doch nicht so einfach ist, zeigt sich in den<br />
letzten Jahren am Beispiel der #MeToo-<br />
Bewegung und der Aufdeckung sexueller<br />
Übergriffe in der Filmbranche. Diese<br />
Bewegung machte es 2017 möglich, um<br />
über Sexismus und sexuelle Gewalt als tiefsitzendes<br />
gesellschaftliches Problem patriarchaler<br />
Herrschaft zu diskutieren und<br />
dabei auch Fragen zu sexuellem Konsens<br />
zu verhandeln. Im Jahr 2022 fällt allerdings<br />
auf, dass diese Fragen bei schwulen und<br />
bisexuellen Männern kaum medial oder<br />
wissenschaftlich diskutiert wurden und<br />
das, obwohl gerade in diesem gesellschaftlichen<br />
Klima, die Chancen gutstehen, das<br />
bisherige Schweigen gegenüber nicht-heterosexuellen<br />
Opfern sexueller Gewalt zu<br />
brechen und ernst zu nehmen.<br />
Die Frage nach dem fehlenden Diskurs zu<br />
sexueller Gewalt bei schwulen und bisexuellen<br />
Männern lässt sich allerdings nicht<br />
so einfach beantworten: Es ist einerseits<br />
gut möglich, dass schwule und bisexuelle<br />
Männer von weitaus weniger sexuellen<br />
Übergriffen betroffen sind als Frauen. Eine<br />
Studie aus Großbritannien verrät aber, dass<br />
62 Prozent der befragten schwulen Männer<br />
bereits gegen ihren Willen auf Partys berührt<br />
wurden. Andererseits zeigen uns<br />
Studien seit den 1970ern oder Filme, dass<br />
Männer für schwulen Sex wie an öffentliche<br />
Klappen schon vor Jahrzenten auf non-verbale<br />
Codes angewiesen waren, um sich<br />
vor heterosexuell-männlicher Gewalt zu<br />
„Da wir als sexuelle Subjekte aber nicht<br />
immer wissen, was wir wollen, unsere<br />
Grenzen nicht immer klar sind und<br />
unsere Vorlieben darüber hinaus auch<br />
Veränderungen unterliegen, zeigt sich,<br />
dass ein „Ja heißt Ja”- Prinzip auch an<br />
seine Grenzen kommt...“<br />
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