männer* | II/23
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SEXUALITÄT<br />
/<br />
sexueller konsens<br />
Substanzkonsum und sexuellem Konsens<br />
befragt. In dieser Studie gaben drei von 30<br />
befragten Männer an, dass sie Opfer von<br />
nicht-konsensuellem Sex geworden sind.<br />
So berichten sie unter anderem darüber,<br />
das Bewusstsein durch eine Überdosierung<br />
von GHB verloren zu haben, um danach<br />
festzustellen, dass sie anal penetriert<br />
worden sind. Die Penetration, die unter<br />
diesen Umständen stattgefunden hat, war<br />
nicht konsensuell, dennoch zögerten die<br />
befragten Männer, dies als sexuellen Übergriff<br />
oder Vergewaltigung zu bezeichnen,<br />
obwohl sie die Erfahrung als beunruhigend<br />
empfanden. Darüber hinaus erwähnten<br />
andere Männer im Rahmen der Studie,<br />
dass sie die Frage nach sexuellem Konsens<br />
in vielen Situationen nicht eindeutig<br />
beantwortet konnten. Viele Teilnehmer<br />
waren der Meinung, dass die Bereitschaft<br />
zur Zustimmung zum Sex auf mehrtägigen<br />
Sex Partys verschwimmen kann.<br />
Beim Betreten sexueller schwuler Räume,<br />
seien es Darkrooms, Saunen oder (Cruising-)Bars,<br />
akzeptieren wir, dass sexuelles<br />
Verhalten eine sehr willkommene Option<br />
ist und jeder die Freiheit hat, daran teilzunehmen.<br />
Je nach Setting muss eine<br />
ungewollte Berührung nicht immer einen<br />
sexuellen Übergriff darstellen. Nein zu<br />
sagen oder es anders zu kommunizieren,<br />
muss aber immer eine Möglichkeit sein.<br />
Darüber hinaus muss es schwulen und<br />
bisexuellen Männern aber auch gelingen,<br />
sensibel dafür zu sein, dass mein Gegenüber<br />
auch mal nicht in der Lage ist, Nein<br />
zu sagen. Zum Beispiel dann, wenn Substanzen<br />
konsumiert wurden.<br />
und Awareness-Konzepte in heterosexuellen<br />
und queer-feministischen Kontexten<br />
existieren. Dass sich aber das Prinzip von<br />
Konsens und Zustimmung als Teil eines<br />
Awareness-Konzeptes zur Prävention<br />
sexueller Gewalt nicht als hinreichend erweist,<br />
zeigen die hier beschriebenen unterschiedlichen<br />
Settings und Orte schwuler<br />
Subkultur in der sich die schwulen und<br />
bisexuellen Männer nicht ausschließlich<br />
als autonome und rational handelnde<br />
Subjekte bewegen, die zu jeder Zeit wissen<br />
sollen, was sie wollen und das auch noch<br />
kommunizieren können sollen. Rona<br />
Torenz plädiert in ihrem Buch „Ja heißt Ja?<br />
Feministische Debatten um einvernehmlichen<br />
Sex“ hingegen für eine fehlerfreundlichere<br />
Sexualkultur und einen<br />
realistischen Umgang mit Ambivalenzen<br />
und Grenzüberschreitungen die sie als Teil<br />
der Sexualität und als „Multidimensionalität<br />
des Wollens“ beschreibt. Zur Prävention<br />
sexueller Gewalt und Übergriffe fordert sie<br />
deshalb weniger Konsensmoral, dafür aber<br />
die konsequente Sichtbarmachung und<br />
Bekämpfung von Machtungleichheiten mit<br />
dem Ziel der Befähigung zur Reflexion der<br />
Subjekte. Eine Forderung, die sich vor dem<br />
Hintergrund diverser Sex Orte schwuler<br />
Subkultur, als besonders vielversprechend<br />
für einen Diskurs um sexuelle Gewalt bei<br />
schwulen und bisexuellen Männern erweisen<br />
könnte.<br />
Dieser Beitrag ist Teil des sexpositiven<br />
Blogprojektes „Mein schwuler Sex“ der<br />
Deutschen Aidshilfe. Mehr davon auf:<br />
www.maenner.media/sex<br />
DER NOTWENDIGE DISKURS<br />
Der Diskurs um sexuelle Gewalt und die<br />
Prävention sexueller Übergriffe in schwulen<br />
Räumen steht bis heute aus und das<br />
obwohl bereits zahlreiche Publikationen<br />
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