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Unterwegs berichtete Grin ihr halblaut, was sich im Brjussow-Park ereignet hatte. Nadel<br />

verzog keine Miene, doch eine Träne nach<br />

der anderen rollte die Wange hinab.<br />

Der Schlitten hielt vor einem altertümlichen schmiedeeisernen<br />

Tor mit Kronenschmuck.<br />

Dahinter lag ein Hof, noch dahinter ein großes dreistöckiges Palais, das einmal prunkvoll<br />

gewesen sein mußte, jetzt sichtlich vernachlässigt vor sich hin bröckelte.<br />

»Es ist unbewohnt,<br />

die Türen sind verbarrikadiert«, erklärte Nadel wie zur Rechtfertigung.<br />

»Als Vater starb, habe ich alle Diener entlassen. Er hat das Haus meinem Sohn vererbt, so<br />

es einen geben sollte. Wenn nicht, geht das Haus nach meinem Tod an den Georgsorden<br />

...«<br />

Es stimmte also, was man sich seinerzeit über die Braut des Zauberers erzählt hatte: daß sie<br />

eine Grafentochter war, registrierte Grin halb abwesend; sein Denken hatte sich schon<br />

davongestohlen, hin zum Eigentlichen.<br />

Nadel<br />

geleitete ihn vorbei an dem verriegelten Tor, den Zaun entlang zu einem kleinen<br />

Anbau mit Dachgeschoß, Eingang direkt von der Straße.<br />

»Hier hat früher der Hausarzt gewohnt«, sagte sie. »Jetzt wohne ich hier. Allein.«<br />

342<br />

Grin hörte nicht mehr zu.<br />

Ohne um sich zu blicken, folgte er ihr durch irgendein Zimmer, nahm in irgendeinem<br />

Sessel Platz.<br />

»Was sollen wir tun?« fragte Nadel.<br />

»Ich muß nachdenken«, erwiderte Grin beherrscht.<br />

»Darf ich mich zu dir setzen? Ich werde nicht stören ...«<br />

Doch sie störte. Ihr weicher Perlmuttblick ließ nicht zu, daß er die Gedanken ordnete, sie<br />

schweiften ab auf Nebensächliches, Unangebrachtes.<br />

Grin riß sich zusammen. Nicht von der Linie abweichen. Konzentration auf das<br />

Wesentliche.<br />

Das Wesentliche war T.G. Ihm mußte Grin auf die Schliche kommen, er ganz allein.<br />

Und dabei hatte er nichts in der Hand.<br />

Er hatte nur sein gut trainiertes Gedächtnis.<br />

Auf dieses mußte er sich jetzt verlassen.<br />

Acht Botschaften waren von T.G. eingegangen.<br />

Die erste betraf den Gouverneur von Jekaterinograd, Bogdanow. Das war kurz nach dem<br />

ersten, mißglückten Anschlag auf Chrapow, am 23. September vorigen Jahres. Der Brief lag<br />

plötzlich auf dem Eßtisch des Geheimquartiers an der Fontanka, keiner wußte,<br />

woher er<br />

kam. Maschinegeschrieben, auf einer Underwood.<br />

Nummer zwei orientierte auf Gendarmeriegeneral Seliwanow.<br />

Fand sich in Grins<br />

Manteltasche an, auf der »Parteihochzeit« am 1. Dezember vorigen Jahres. Wieder auf der<br />

Underwood geschrieben.<br />

Nummer drei: Posharski und einen unbekannten »wichtigen Agenten« betreffend,<br />

der sich<br />

dann als Mitglied des Auslands-ZK (Stassow) entpuppte. Aufgelesen vom Fußboden<br />

343<br />

im Vorsaal eines Quartiers auf der Basilius-Insel am 15. Januar. Gleiche Schreibmaschine.<br />

Nummer vier: Chrapow. Auf der Datscha in Kolpino. Jemelja fand den Zettel, um einen<br />

Stein gewickelt, unter der offenen Fensterluke. 16. Februar. T. G. hatte wieder eine<br />

Un-derwood benutzt.

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