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Kutsche vom Hospital der Philanthropischen Gesellschaft endlich eintraf, war der<br />

Krankentransport sinnlos geworden, die Zeit umsonst vergeudet.<br />

Zu alledem mußte der Staatsrat den ganzen Weg zum Bolschoi Gnesdnikowski zu Fuß<br />

gehen - um diese Nachtzeit begegnete man keiner einzigen Droschke.<br />

Als er endlich eintraf, lag die Gasse still und finster, nur in den beiden Stockwerken des<br />

bekannten Gebäudes brannte fröhliches Licht. An Schlaf schien bei der Geheimen Staats<br />

polizei heute niemand zu denken. Schon auf dem Korridor wurde Fandorin Zeuge einer<br />

interessanten Szene: Mylnikow war mit seinem Trupp<br />

bei der Auswertung der abendlichen<br />

109<br />

Operation. Sämtliche<br />

sechzehn Agenten standen längs der Wand aufgereiht, der<br />

Kollegienassessor schlich vor ihnen auf und ab wie ein riesiger Kater und tat mit stupider<br />

Magisterstimme seine Belehrungen kund: »Und ich wiederhole das Ganze noch einmal,<br />

damit<br />

ihr Tölpel es euch hinter die Ohren schreibt. Bei der Festnahme einer Gruppe von<br />

Politischen, insbesondere wenn Verdacht auf Terrorismus besteht, wird verfahren wie<br />

folgt. Erstens: Überrumpelung.<br />

Eindringen mit Gebrüll und Getöse, auf daß ihnen die<br />

Knie weich werden. Auch der tapferste Mann erstarrt, sofern man ihn kalt erwischt.<br />

Zweitens: Bewegungsunfähigkeit herstellen.<br />

Jeder Delinquent hat auf seinem Fleck zu<br />

verbleiben wie angenagelt, darf keinen Finger mehr rühren können, geschweige einen<br />

Mucks von sich geben. Drittens: nach Waffen durchsuchen. Auf die Idee seid ihr wohl<br />

nicht gekommen, wie? Dich frage ich, Guskow, du hast den Einsatz doch angeführt.«<br />

Mylnikow war vor einem älteren Agenten stehengeblieben, dem immer noch das Blut<br />

aus<br />

der geschundenen Nase troff.<br />

»Aber Herr Mylnikow, Euer Hochwohlgeboren!« brummte Guskows Baßstimme. »Das<br />

waren doch alles Grünschnäbel, halbe Kinder, das sah man doch gleich. Da hab ich ein<br />

Auge für.«<br />

»Ich werd dir gleich auf dein Auge«, parierte der Kollegienassessor in mildem Ton. »Spar<br />

dir deine gescheiten Gedanken, du Schaf. Tu, wie dir befohlen ... Und viertens: keinen der<br />

Delinquenten aus dem Auge lassen. Vor euch Nichtsnutzen darf das werte Dämchen<br />

in<br />

Seelenruhe ihre Kugelspritze aus dem Ridikül holen, und keiner merkt es. Ich fasse<br />

zusammen.« Mylnikow legte die Arme hinter den Rücken,<br />

54<br />

wiegte sich auf den Absätzen. Seine Mannschaft erwartete mit angehaltenem Atem den<br />

Urteilsspruch. »Kopfprämien bekommen nur Schirjajew und Shulko. Fünfzehn<br />

Rubel pro<br />

Nase für die Inhaftnahme eines gefährlichen Terroristen, aus meiner Kasse. Plus<br />

Erwähnung im Tagesbefehl. Und von<br />

dir, Guskow, kriege ich zehn Rubel Bußgeld.<br />

Außerdem zeitweilige Degradierung vom Oberagenten zum gemeinen Agenten, für einen<br />

Monat. Ist doch nur<br />

gerecht, findest du nicht?«<br />

»Zu Befehl, Euer Hochwohlgeboren«, sprach der arme Sünder und ließ den Kopf hängen.<br />

»Nur nicht aus dem operativen Einsatz entfernen, wenn ich bitten darf. Ich mach die<br />

Schande wett, das schwöre ich Euch, ich mach sie wett.«<br />

»Gut, ich will es glauben.«<br />

Mylnikow wandte sich nach dem Staatsrat um und tat, als bemerkte er ihn erst jetzt.<br />

»Fein, daß Sie sich herbemüht haben, Herr Fandorin. Oberstleutnant Burljajew und<br />

Titularrat Subzow fühlen dem Früchtchen schon eine geschlagene Stunde auf den Zahn,<br />

leider ohne Erfolg.«

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