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»Die Lieferung erfolgt heute. Eine große Charge. Ich benötige alle Ihre Arbeiter. Sie sollen<br />

unverzüglich ins Kontor kommen und dort warten. Werkzeug mitbringen, den kompletten<br />

Satz. Und außerdem brauchen wir einen Schlitten. Leicht und schnell.«<br />

»Ich habe verstanden. Wird sofort in die Wege geleitet.« Nadeis Stimme bebte vor<br />

Aufregung. »Herr Sievers, ich wollte Sie bitten ... Vielleicht sollte auch ich dabeisein? Ich<br />

könnte mich nützlich machen.«<br />

Grin schwieg und sah mißmutig zum Fenster hinaus. Die Zurückweisung durfte nicht<br />

beleidigend klingen.<br />

169<br />

»Ich glaube, das ist nicht nötig«, sagte er schließlich. »Es sind genügend Leute da, und Sie<br />

nützen mir mehr, wenn Sie ...«<br />

Er sprach nicht zu Ende, weil in diesem Moment zwei heiße nackte Hände um<br />

seinen Hals<br />

gekrochen kamen. Die eine knöpfte sein Hemd auf und fuhr darunter, die andere fuhr ihm<br />

über die Wange. Ein warmer Hauch kitzelte<br />

seinen Nacken. Dann ein Brennen von zwei<br />

zarten Lippen.<br />

»Ich höre nichts!« piepste die leise Stimme<br />

in seinem Ohr. »Herr Sievers, ich kann Sie nicht<br />

mehr hören!«<br />

Die in Grins Hemd verschwundene<br />

Hand ging dort um, daß ihm der Atem stockte.<br />

»... wenn<br />

Sie am Telefon bleiben«, stieß er mit Mühe hervor.<br />

»Aber ich hatte Sie doch darum gebeten! Ich sagte Ihnen doch, daß ich über die nötige<br />

Erfahrung verfüge!« Der Hörer ließ nicht locker, während eine tiefe Bruststimme<br />

ihm<br />

etwas ins andere Ohr gurrte: »Grinotschka, Liebster, komm schon . .«<br />

»Befolgen Sie ... meine Anweisung«, murmelte Grin in den Hörer und hängte ein.<br />

Er wandte sich um. Sah ein Licht aufgehen, einen kräftigen rötlichen Schein, der so viel<br />

Hitze hatte, daß sein dicker stählerner Panzer sogleich einen Riß bekam. Der Riß wanderte,<br />

wurde breiter, und aus ihm hervor strömte etwas Verborgenes, lange Vergessenes,<br />

das<br />

Verstand und Willen paralysierte.<br />

Die Instruktion begann um halb drei.<br />

In der Wohnung des Rechtsanwalts (der gerade in Warschau einen spektakulären Prozeß<br />

führte, es ging um einen Husaren, der aus unglücklicher Liebe eine leichtsinnige<br />

Schauspielerin erschossen hatte) saß man<br />

in größerer Runde: elf Männer und eine Frau. Es<br />

sprach nur einer. Die anderen, längs dreier Wände des Anwaltskabinetts im Hufeisen sit-<br />

170<br />

zend, hörten so aufmerksam zu, daß selbst Kljutschewski, der berühmte<br />

Geschichtsprofessor,<br />

neidisch geworden wäre.<br />

An der vierten Wand hing ein mit Stecknadeln befestigter großer Bogen Packpapier, auf<br />

den der Instrukteur mit Kohle Quadrate, Kringel und Pfeile gezeichnet hatte.<br />

Grin war schon auf dem Weg vom Hotel hierher in den Aktionsplan eingeweiht worden, so<br />

daß er jetzt nur noch<br />

selten auf die Zeichnung, dafür um so mehr in die Gesichter der<br />

Zuhörer sah. Der Entwurf war simpel, doch er hatte Hand und Fuß; ob er funktionierte,<br />

hing allerdings ganz von den Ausführenden ab, von denen die meisten noch nie an einem<br />

Überfall teilgenommen,<br />

das Pfeifen der Kugeln noch nicht im Ohr gehabt hatten.<br />

Verlassen<br />

durfte man sich auf Jemelja, Rachmet und Joker selbst. Stieglitz würde sein<br />

Bestes geben, doch er war ein Grünschnabel und hatte gleichfalls noch kein Pulver gerochen.<br />

Was die sechs Jungen aus der Moskauer Einheit anging, so wußte man nichts<br />

Genaues.

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