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»Das ist arg, Herr Kollege, das ist wirklich arg. Wir halten den Schwanz der Eidechse in<br />

Händen, und die Eidechse selbst ist uns wieder entwischt. Und läßt sich einen neuen<br />

Schwanz wachsen, das ist sie ja gewöhnt.«<br />

»Was t-tun wir?« fragte der Staatsrat. Seine blauen Augen blickten bestürzt in die des<br />

Fürsten, die schwarz, aber ebenso bestürzt waren.<br />

»Sie tun erst mal gar nichts«, erwiderte Posharski matt. Er hatte überhaupt nichts<br />

Auftrumpfendes mehr an sich, schien niedergeschlagen und sehr müde. »Sie gehen am<br />

besten in die Kirche und stiften eine Kerze, denn heute morgen ist der Herrgott erschienen<br />

und hat ein Wunder an Ihnen vollbracht. Und anschließend gehen Sie schlafen. Ich kann<br />

schon keinen<br />

171<br />

vernünftigen Gedanken fassen, und Sie erst recht nicht. Wir können einstweilen bloß<br />

darauf hoffen, daß unsere Spitzel<br />

und Agenten ihn irgendwo schnappen. In das Quartier<br />

wird er nicht zurückkehren, er ist ja nicht blöd. Jeder in der Stadt, der sich auch nur<br />

ansatzweise als Roter zu erkennen gegeben hat, wird überwacht. Genauso<br />

sämtliche<br />

Hotels. Ich lege mich auch erst mal aufs Ohr.<br />

Wenn etwas ist, wird man mich wecken, und<br />

ich gebe Ihnen Bescheid. Aber sehr wahrscheinlich ist das nicht.« Er winkte ab. »Morgen<br />

früh basteln wir neue Fallstricke. Für heute ... Je passe"".«<br />

Ein Kerze ging Fandorin nicht aufstellen - purer Aberglaube.<br />

Und zum Schlafen sah er sich<br />

nicht berechtigt. Die Pflicht verlangte von ihm, beim Generalgouverneur vorzusprechen<br />

(wo er sich, diverser schwer zu beeinflussender Umstände wegen, schon vier Tage nicht<br />

hatte sehen lassen), um über den Stand der Ermittlungen<br />

Bericht zu geben.<br />

So wie er aussah, naß vom Schnee, mit zerrissenem Kragen und geknittertem Zylinder in<br />

der Residenz zu erscheinen war allerdings ganz ausgeschlossen; er mußte also erst noch zu<br />

Hause vorbeifahren, brauchte dafür aber nicht länger als eine<br />

halbe Stunde. Um Viertel<br />

nach elf betrat Fandorin in frischem Rock und makellos weißem Hemd mit<br />

Derby-Krawatte das Vorzimmer Seiner Erlaucht.<br />

Bis auf den fürstlichen<br />

Sekretär war niemand in dem großen Raum, weshalb der Staatsrat<br />

den Gepflogenheiten entsprechend ohne Anmeldung durchzugehen gedachte, aber da<br />

meldete sich ersterer mit delikatem Hüsteln zu Wort: »Bitte um Geduld, Herr Staatsrat,<br />

Seine Erlaucht haben Damenbesuch.«<br />

* (franz.) Ich passe.<br />

171<br />

Also beugte Fandorin sich über den Tisch und schrieb ein Billett:<br />

Herr Generalgouverneur, erlauben Sie, betreffs der heutigen Operation und aller<br />

vorausgehenden Ereignisse Bericht zu erstatten. E.F.<br />

»Bitte sch-schnellstmöglich übergeben!« sagte er zu dem bebrillten Sekretär, der das Papier<br />

mit einem Diener entgegennahm und in der Tür zum Kabinett<br />

verschwand.<br />

Fandorin wartete gleich dahinter, denn er durfte damit rechnen, unverzüglich vorgelassen<br />

zu werden. Doch der Sekretär kam wieder, ging an ihm vorbei und setzte sich wortlos<br />

zurück auf seinen Platz.<br />

»Hat er's gelesen?« fragte der Staatsrat unzufrieden.<br />

»Das weiß ich nicht. Aber daß das Billett von Ihnen ist, hab ich ihm geflüstert.«<br />

Fandorin nickte, lief ungeduldig auf dem Teppichband auf und ab. Die Tür blieb<br />

geschlossen.<br />

»Wen hat er denn bei sich?« konnte Fandorin sich nun nicht mehr enthalten zu fragen.

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