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Sekretär sein konnte, in der Ecke etwas heller ein Schreibtisch. Die schlanke weibliche<br />
Gestalt, die reglos neben dem Fenster<br />
stand, hatte er nicht gleich bemerkt. Auffällig ihr<br />
unproportional<br />
großer Kopf -Fandorin mußte zwei Schritte auf sie zugehen, um zu<br />
erkennen, daß die Dame ein Reitbarett mit Feder und Schleier trug.<br />
»Bitte Platz zu nehmen, meine Herren«, sprach die Frau mit gedämpfter<br />
Stimme (leicht<br />
zischend, beinahe ein Flüstern), wies mit graziöser Geste auf ein paar Sessel. »Seien Sie<br />
gegrüßt, Pjotr. Wo brennt<br />
es denn? Und wer ist Ihr Begleiter?«<br />
42<br />
»Das ist mein Kollege, Sonderbeauftragter des Fürsten Dolgorukoi«, erwiderte Burljajew,<br />
den Flüsterton aufnehmend. »Er führt die Untersuchungen im Mordfall Generaladjutant<br />
Chrapow. Vielleicht haben Sie schon gehört davon?«<br />
Diana nickte. Sie wartete, bis die Gäste Platz genommen hatten, und setzte sich ebenfalls -<br />
auf den Diwan, der an der gegenüberliegenden Wand stand.<br />
»Und woher? In den Z-z-... Zeitungen hat davon noch nichts gestanden.«<br />
Die Bemerkung war in normaler Lautstärke gefallen - nach dem vorherigen Wispern klang<br />
sie ungeheuer laut.<br />
»Die Spatzen pfeifen<br />
es von den Dächern«, raunte die »Mitarbeiterin« spöttisch. »Wir<br />
Revolutionäre haben auch unsere Telegrafen, was glauben Sie!«<br />
»Nein, bitte g-genauer: Woher haben Sie das?« Der Staatsrat ließ sich auf die Koketterien<br />
nicht ein.<br />
»Diana, es ist sehr wichtig«, gurrte Burljajew, womit er die Schärfe der Frage wohl etwas<br />
abmildern wollte. »Sie können sich gar<br />
nicht vorstellen, wie sehr ...«<br />
»Und ob ich das kann!« Die Frau lehnte sich zurück. »Der<br />
Fall Chrapow könnte die Herren<br />
alle miteinander von den liebgewordenen Sesseln kippen. Hab ich recht, Herr Fandorin?«<br />
Ihre raunende tiefe Stimme hat eine sinnliche Wirkung, ohne Frage! ging es Fandorin durch<br />
den Kopf. Dazu der Moschusduft,<br />
die lasziven Bewegungen der feingliedrigen Hand, wie<br />
sie lässig mit dem Ohrring spielt... Nur zu verständlich, daß bei der Gendarmerie wie bei<br />
den »Geheimen« die Leidenschaften hochkochten.<br />
»Woher wissen Sie, wie ich heiße?« Fandorin neigte sich ein wenig nach vorn. »Hat Ihnen<br />
irgendwer von mir erzählt?«<br />
42<br />
Diana schien zu lächeln, das Wispern wurde honigsüß: »Nicht nur einmal. Für Sie<br />
interessiert sich in Moskau so mancher, Monsieur. Sie sind eine interessante Figur.«<br />
»Ja, was denn nun, hat jemand in letzter Zeit mit ihnen über den Herrn Staatsrat<br />
gesprochen oder nicht?« fuhr Burljajew dazwischen. »Gestern zum Beispiel? Ist jemand<br />
hier gewesen?«<br />
Fandorin äugte mißmutig nach seinem ungebetenen Sekundanten, während Diana sich<br />
lautlos amüsierte.<br />
»Bei mir gehen viele ein und aus, Pierre. Ob jemand über Monsieur Fandorin gesprochen<br />
hat, das weiß ich, ehrlich gesagt, nicht mehr ...«<br />
Sie rückt nicht damit raus! sagte sich Fandorin, dem das »Pierre« sehr wohl aufgefallen war.<br />
Zeitverschwendung.<br />
Währenddessen legte er noch etwas mehr Metall in seine Stimme: »Sie haben noch nicht auf<br />
meine erste Frage geantwortet. Von wem wissen Sie, daß G-g-... General Chrapow tot ist?«<br />
Diana erhob sich jäh, ihr Raunen, eben noch katzenfreundlich, wurde scharf wie das<br />
Zischen einer gereizten Schlange.