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ausgewählt. Das war, nachdem Zobel die Bombe auf Chrapow danebengeworfen hatte und<br />

in der Kampfgruppe deswegen ein Platz frei geworden war. Grin hatte Nervenstärke und<br />

Auffassungsgabe des Neulings getestet und war nicht enttäuscht worden.<br />

Bei der Aktion in Jekaterinograd hatte Jemelja vorzüglich seinen Mann gestanden. Als die<br />

Droschke des Gouverneurs zur angegebenen Zeit (und tatsächlich ohne Eskorte) an der<br />

unscheinbaren Villa in der Michelsonowskaja<br />

vorfuhr und der Dicke schwerfällig ausstieg,<br />

lief Grin auf ihn zu und gab zwei Schüsse ab. Dann rannte er in eine Hauseinfahrt und über<br />

den Hof auf die benachbarte Straße, wo Jemelja, den Fuhrmann mimend, auf ihn wartete.<br />

Hier aber hatten sie Pech: Just im selben Moment lief an dem falschen Fuhrwerk ein<br />

Reviervorsteher mit zwei Schutzleuten vorüber. Eben noch hatten die Polizisten irgendwo<br />

Schüsse gehört, und nun kam da ein Mann aus dem Hof gestürmt, ihnen direkt in die Arme.<br />

Zu allem Unglück hatte Grin den Revolver schon weggeworfen. Einem der Uniformierten<br />

konnte er einen Kinnhaken verpassen, die beiden anderen aber hingen ihm im nächsten<br />

Moment an den Armen, und der am Boden Liegende blies in seine Trillerpfeife. Es hätte<br />

dumm ausgehen können, doch der Novize behielt die Nerven. Ganz gemütlich kam er<br />

von<br />

seinem Bock gestiegen und hieb dem einen Schutzmann die schwere<br />

32<br />

Faust in den Nacken, so daß der zusammensackte, währenddessen wurde Grin mit dem<br />

anderen fertig. Im Nu waren sie auf und davon, den gellenden Polizeipfiff im Rücken.<br />

Wenn er Jemelja so ansah,<br />

wurde ihm warm ums Herz. Es stimmt nicht, daß das ganz Volk<br />

nur auf dem Ofen liegt, dachte er. Die helleren Köpfe und die, die ein Gewissen haben,<br />

sind schon am Aufwachen. Die Opfer also nicht vergeblich, das Blut nicht umsonst<br />

vergossen - das eigene nicht und nicht das fremde.<br />

»Das<br />

kommt, wenn einer auf dem blanken Boden schläft und sich von den Säften der Erde<br />

nährt!« sagte Rachmet grinsend und strich sich seine fesche Strähne aus der Stirn. »Ich hab<br />

derweil schon mal zu dichten angefangen, Grin. Ein Poem über dich!«<br />

Und er begann zu deklamieren:<br />

»Lebte einst ein Kerl aus Eisen, Grin genannt, der tat beweisen, daß ein hartgesottner Mann<br />

auch auf Brettern schlafen kann.«<br />

Stieglitz prustete los, Rachmet brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Es gibt noch<br />

eine andere Variante«, sagte er und fuhr fort:<br />

»Lebte einst ein armer Ritter, Nannte sich der Tapfre Grin. Zog sich ein so manchen<br />

Splitter -Weich zu ruhen quälte ihn.«<br />

Puschkin, umgemodelt, dachte Grin, während die zwei jungen Männer einträchtig und aus<br />

vollem Halse lachten. Muß wohl komisch sein. Grin wußte von sich, daß er Komik nicht<br />

32<br />

verstand. Das war nicht schlimm, er konnte damit leben. Aber aus Stahl, nicht aus Eisen!<br />

korrigierte Grin noch im stillen.<br />

Nein, es war wohl nicht zu ändern: Diesen Rachmet mochte er nicht. Ein Eskapist reinsten<br />

Wassers. Obwohl für die Sache überaus nützlich, wie er zugeben mußte. Grin hatte<br />

ihn<br />

letzten Herbst in die Gruppe aufgenommen, als er für eine Aktion im Ausland einen<br />

zweiten Mann brauchte - mit Jemelja ließ sich in Paris wenig anfangen.<br />

Zuvor hatte er für Rachmet die Flucht aus der Gefängniskutsche organisiert, als sie ihn<br />

nach der Urteilsverkündung vom Gericht abtransportierten. Über den Ulanenkornett<br />

Selesnjow war seinerzeit in allen Zeitungen geschrieben worden. Der junge Offizier hatte<br />

beim Appell einen seiner Soldaten<br />

vor dem Obersten in Schutz genommen, war von die

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