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»Weil ich der Mann bin, der Rußland retten kann. Ich bin klug, furchtlos und unsentimental<br />

genug dafür. Meine Gegner sind zahlreich und mächtig: Die Fanatiker der Rebellion auf der<br />

einen Seite, die stumpfen,<br />

trägen Rüsselgesichter in den Generalsuniformen auf der<br />

anderen. Lange Zeit hatte ich weder die nötigen Verbindungen noch die nötige Protektion.<br />

Mag sein, ich hätte es auch auf normalem Wege bis nach oben geschafft, doch es hätte viel<br />

zu lange gedauert, und diese Zeit haben wir nicht. Rußland hat keine Zeit mehr. Ich muß<br />

mich also sputen. Die KG ist mein Ziehkind. Ich habe diese Organisation aufgepäppelt,<br />

habe ihr einen Namen verschafft, eine Reputation. Und sie hat ihre Schuldigkeit für mich<br />

getan. Nun gehört ein Punkt hinter diese Geschichte. Heute ist der Tag, an dem ich Grin<br />

auslöschen werde. Der Ruhm, den ich diesem unbeugsamen Zeitgenossen habe<br />

zukommen lassen,<br />

fällt an mich zurück, bringt mich noch ein paar Trepp<br />

186<br />

chen nach oben, dem Endziel ganz nahe. So viel zum Kern, kurz und schnörkellos.<br />

Ausreichend?«<br />

»Und all das taten Sie nur zu Rußlands Nutz und Frommen?« vergewisserte sich Fandorin.<br />

Der Sarkasmus,<br />

der in dieser Frage steckte, schien sein Gegenüber nicht zu erreichen.<br />

»Ja. Und damit selbstredend zu meinem eigenen. Rußland und ich, wir sind eins. Schließlich<br />

ist Rußland<br />

vor tausend Jahren von einem meiner Vorväter gegründet worden, und ein<br />

anderer<br />

vor dreihundert Jahren hat für seine Wiedergeburt gesorgt.« Posharski steckte die<br />

Hände in die Taschen, wippte auf den Absätzen. »Und denke ja nicht, daß ich deine<br />

Enthüllungen fürchte, Erast.<br />

Was kannst du mir schon damit anhaben? Du hast in<br />

Petersburg niemanden, der dich stützt. Dein Moskauer Pate ist vom Sockel gestoßen.<br />

Keiner wird dir glauben, keiner dich auch nur anhören. Außer indirekten Indizien und<br />

Spekulationen kannst du nichts vorweisen. Willst du dich an die Zeitungen wenden? Die<br />

drucken es ganz bestimmt nicht. Das hier ist gottlob nicht Europa. Ich habe einen Revolver<br />

in der Tasche, mußt du wissen«, Posharski senkte die Stimme vertraulich, »und er zielt auf<br />

deinen Bauch. Ich<br />

könnte dich erschießen. Gleich jetzt und hier, in meinem eigenen<br />

Kabinett. Ich könnte verlauten lassen, du wärest ein Helfershelfer der Terroristen, mit<br />

ihnen in Kontakt über deine kleine Jüdin, und hättest versucht, mich zu töten. Das glauben<br />

zu machen fiele mir in Anbetracht<br />

der Lage nicht schwer, es brächte mir vielleicht noch<br />

einen Orden ein. Aber ich mag keine Übertreibungen. Dich muß ich nicht töten -schon<br />

weil du mir bestimmt nicht gefährlich<br />

werden kannst. Du hast die Wahl, Erast: Entweder<br />

du spielst mein Spiel, und ich bestimme die Regeln, oder du machst dich lächerlich. Es<br />

186<br />

gibt freilich auch noch einen dritten<br />

Weg, vielleicht ist er dir der genehmste: stillschweigend<br />

abzutreten. So könntest du dir die Würde bewahren, an der dir doch immer so viel liegt.<br />

Also, welchen Weg wirst du wählen? Mitspielen, aufmucken oder schweigen?«<br />

Der Staatsrat war blaß geworden, seine Brauen sprangen auf und nieder, das schmale<br />

Schnurrbärtchen zuckte. Spöttisch beobachtete<br />

ihn der Fürst, weidete sich an seinen<br />

inneren Kämpfen, geruhsam abwartend, welchen Ausgang sie nehmen würden.<br />

»Na?«<br />

»Gut«, sagte Fandorin leise.<br />

»Wenn du es möchtest, sch-schweige ich.«<br />

»Das ist reizend von dir«, sagte der Fürst mit triumphalem<br />

Lächeln und schaute auf die Uhr.<br />

»Wir haben die zehn Minuten gar nicht gebraucht, fünf waren genug. Und was das Spiel<br />

angeht, so kannst du es dir ja noch überlegen. Verbirg deinen Zentner nicht in der Erde wie<br />

der böse und faule Knecht<br />

bei Matthäus. Denn der Herr zürnt ihm.«

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