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Erst dann erhob er sich, den friedlich stillhaltenden Stieglitz von sich abschüttelnd, und sah<br />
vermutlich wie ein Schneemann aus. Der Park war voller Zivilbeamter. Bestimmt<br />
nicht<br />
weniger als fünfzig. Draußen vor dem Park sah man noch mehr.<br />
»Alles besenrein, Euer Hochgeboren«, sagte einer aus dem Einsatztrupp, mit eisgrauem<br />
Schnauzbart im jungen Gesicht. »Keiner, den man noch verhaften müßte.«<br />
»Doch! Hier lebt einer«, erwiderte Fandorin, während er sich den Schnee abklopfte.<br />
»N-n-... Nehmt ihn und legt ihn dort auf die Bank.«<br />
Gehorsam hoben die Agenten den Gymnasiasten an, legten ihn jedoch sogleich zurück.<br />
»Von wegen!« brummelte<br />
der Schnauzbärtige. »Der hat doch mindestens zehn Löcher.«<br />
348<br />
Und tatsächlich: Das Gesicht des Jungen, wiewohl die Röte aus ihm noch nicht gewichen<br />
war, ließ keinen Zweifel zu. In der Stirn, etwas unter dem Haaransatz, klaffte ein Loch,<br />
auch war der Schnee auf seinem Mantel an mehreren Stellen rot von Blut.<br />
Jetzt war klar, wieso der arme Kerl so gezuckt hatte.<br />
Verstört blickte Fandorin auf den leblosen Körper, der ihm als Schutzschild vor den<br />
Kugeln<br />
gedient hatte. Er bemerkte Posharski nicht, der von hinten auf ihn zugerannt kam.<br />
»Sie sind am Leben! Na, Gott<br />
sei Dank!« rief er und packte Fandorin von hinten bei den<br />
Schultern. »Ich hatte es kaum zu hoffen gewagt! Aber nun sagen Sie mir um Himmels<br />
willen, was Sie<br />
in dem linken Haufen zu suchen hatten! Ich habe Ihnen doch hundert Mal<br />
eingeschärft: In den rechten müssen Sie springen, in den rechten! Ist doch wirklich ein<br />
Wunder, daß es Sie nicht erwischt hat!«<br />
»Ja, was denn, das ist doch der rechte!« rief der Staatsrat aufgebracht.<br />
Seine hilflosen Hüpfer<br />
im Liegen fielen ihm wieder ein. »Und ich b-b-... bin reingesprungen!«<br />
Entgeistert blickte der Fürst ihn an. Erst ihn, dann die Bank und den Haufen, dann wieder<br />
ihn. Schließlich begann er zaghaft zu kichern.<br />
»Naja. Wie man's<br />
nimmt ... Ich hab eben nicht auf der Bank gesessen, sondern vor ihr<br />
gestanden. Und da war der Haufen rechts von der Bank. Wenn man drauf sitzt, ist er<br />
natürlich links ... O nein, das hält man nicht<br />
aus! Zwei weise Männer ... Zwei<br />
Bilderbuchstrategen ...«<br />
Worauf der Vizedirektor der politischen Polizei einen hysterischen Lachkrampf bekam, der<br />
ihn in die Knie zwang -und wohl zumindest teilweise<br />
davon herrührte, daß die Ner-<br />
venanspannung nachließ.<br />
349<br />
Fandorin lächelte, Posharskis Fröhlichkeit steckte an. Doch dann blieb sein Blick erneut an<br />
der schmächtigen Gestalt im Gymnasiastenmantel hängen,<br />
und er wurde gleich wieder<br />
ernst.<br />
»Wo ist G-g-... Grin?« fragte er. »Er hat dort gesessen. Als General a.D. verkleidet.«<br />
»Er ist nicht dabei, Euer Hochgeboren«,<br />
sagte der Schnauzbärtige stirnrunzelnd, nach den<br />
auf der Allee liegenden Körpern umgewandt. »Eins, zwei, drei, vier, fünf. Mit dem<br />
Gymnasiasten hier sechs. Verdammt, wo ist der siebte? Es waren sieben!«<br />
Der Fürst<br />
hatte zu lachen aufgehört. Betreten blickte er in die Runde, biß die Zähne<br />
zusammen, stöhnte.<br />
»Er ist abgehauen! Ausgerechnet durch diesen Graben ... Ein schöner Sieg! Und ich hatte<br />
im Kopf schon die Meldung verfaßt: keine Verluste, Kampfgruppe komplett vernichtet ...«<br />
Er faßte nach Fandorins<br />
Arm, preßte ihn.