continuum - Zentrum für Lehrerbildung - Universität Duisburg-Essen
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Studienbezogene Förderbedarfe und Förderungswünsche von Lehramtsstudentinnen mit Migrationshintergrund<br />
gegenüber neutral verhalten: „Die einen haben eher Vorurteile, die anderen haben eher<br />
keine Vorurteile, das ist total unterschiedlich.“<br />
Im Grunde hat nur die Studentin, die im ersten Semester ohne Kopfbedeckung studiert hat<br />
und sich dann <strong>für</strong> das Tragen eines Kopftuches entschieden hat, Vergleichsmöglichkeiten,<br />
wie sich das Leben an der <strong>Universität</strong> ohne und mit Kopftuch anfühlt. „Es gibt einen<br />
Unterschied.“, sagte sie und machte ihn daran fest, dass sie bisweilen in die Situation<br />
gerät, sich <strong>für</strong> ihren Entschluss rechtfertigen zu müssen oder dass auch die DozentInnen<br />
ihr mit einer anderen Einstellung/ bzw. Erwartungshaltung begegnen als zuvor.<br />
An den in den Interviews beschriebenen Reaktionen einiger Dozenten zeigt sich, dass<br />
zuweilen auch bei diesen vorgefertigte Meinungen von Kopftuchträgerinnen existieren.<br />
Mit dem Kopftuch werde assoziiert, so der Eindruck einiger Probandinnen, dass die<br />
Trägerinnen im Studium Probleme hätten und Hilfestellungen benötigten. So berichtete<br />
eine Probandin mit Kopftuch von einem Dozenten, der auf sie zugekommen sei und sie<br />
darauf angesprochen habe, dass sie doch wahrscheinlich Probleme hätte: „Der kam dann<br />
halt zu mir und sagte, Frau G., mit dem Kopftuch, Sie sind ja auch, ne, Sie haben bestimmt<br />
Probleme und so. Und ich habe gedacht, was will der von mir und hinterher haben wir halt<br />
ein bisschen miteinander gesprochen.“ Im Verlauf der Unterhaltung bot der Dozent ihr<br />
seine Hilfe an, was allein darauf beruhte, dass er aufgrund des Kopftuches Rückschlüsse<br />
auf die Studiensituation der Studentin gezogen hatte und nicht ihr Auftreten oder ihre<br />
tatsächlichen Leistungen einer genauen Beobachtung unterzogen hat; hätte er dies<br />
getan, hätte er schnell gemerkt, dass es sich bei der Angesprochen um eine leistungsstarke,<br />
selbstbewusste Studentin handelt, die in der Fachschaft tätig ist, als studentische<br />
Hilfskraft arbeitet und nach eigenen Aussagen keinerlei Probleme im Studium hat. Auch<br />
andere Kopftuchträgerinnen schilderten den Eindruck, dass die Erwartungshaltung ihnen<br />
gegenüber eher pessimistisch ist – extreme Schüchternheit, aber auch fachliche und<br />
sprachliche Inkompetenz würden häufig erwartet:<br />
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„.Ja, es fängt schon mit der Sprache an. Diese (die DozentenInnen, S.D.) sagen halt so, ja,<br />
Sie können aber gut Deutsch sprechen. Ja, ich bin hier geboren und so, und dann sind sie<br />
erstmal angenehm überrascht. Oder wenn ich auch mal Vorträge halte, die selbstbewusste<br />
Art und Weise, die gefällt dann halt und ich meine, viele Studenten sind selbstbewusst, aber<br />
bei mir ist es dann was Besonderes in Anführungsstrichen.“<br />
Das Bild von der erfolgreichen Kopftuchträgerin scheint in den Köpfen vieler Lehrender<br />
nicht zu existieren, obwohl es sicherlich viele Studentinnen gibt, die ein Kopftuch tragen<br />
und im Studium sehr erfolgreich sind. Zwei Probandinnen erhoben gar den Vorwurf,<br />
dass sie auf Grund ihres Kopftuches diskriminiert würden. Eine Kopftuchträgerin räumte<br />
allerdings ein, dass sie sich eine zeitlang nur eingebildet habe, dass Dozenten ein