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Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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12 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

sich bei seiner ehemaligen „Patronin", meiner Mutter, neu<br />

verproviantieren. Er machte allerdings den Fehler, statt sich<br />

an den Waldrändern gegen das Dorf hin zu bewegen, über<br />

die weite baumlose Fläche des Heufelds geradewegs auf das<br />

Ziel loszusteuern und sich im Haberfeld vor den Leuten<br />

versteckt zu halten. Dies wurde sein Verhängnis. Der Entdecker<br />

erntete für seine „Heldentat" nun nicht viel Lob, denn<br />

die Dorfbewohner mochten den Gefangenen recht wohl<br />

leiden. Vetter Isidor und andere steckten dem Armen denn<br />

auch reichlich Lebensmittel zum Arrestfenster hinein. Nach<br />

kurzer Zeit wurde er abtransportiert und seitdem nicht mehr<br />

gesehen.<br />

Als ich im Hitlerkrieg mit meiner Sanitätseinheit in<br />

Guingamp in der Bretagne lag, hatte ich mehrfach Gelegenheit<br />

mit der als sehr religiös gerühmten Bevölkerung des<br />

Landes in Berührung zu kommen und sie schätzen zu lernen.<br />

Freilich machte ich auch kein Hehl aus der Abneigung gegen<br />

die Nazi. Beim Klerus sowohl, bei dem ich täglich Messe<br />

lesen konnte, wie auch bei den Leuten im Städtchen und<br />

der Umgegend, wohin ich öfter allein spazierte, habe ich nur<br />

beste Erfahrungen gemacht, was für mich wieder ein Beweis<br />

war für die Unsinnigkeit von Völkerhändeln und Kriegen.<br />

Aus dem Leben der Fürstäbtissin M^ria Franziska von Buchau, Herrin von Straßberg<br />

Die reichsritterliche Herrschaft Straßberg mit Kaiseringen<br />

und Frohnstetten gehörte bis zur Säkularisation im Anfang<br />

des 19. Jahrhunderts zum adeligen Damenstift Buchau am<br />

Federsee. Die Aebtissin dieses Stiftes hatte schon im Mittelalter<br />

die reichsfürstliche Würde. (1347 wird sie vom Kaiser<br />

„unsere liebe Fürstin" genannt.) Sie führte vor ihrem Familiennamen<br />

den Titel: „Erbfrau der Herrschaft Straßberg".<br />

Manche dieser Aebtissinnen haben in kriegerischen Zeiten<br />

und in den Jahren des Aufbaues nach den Kriegen Großes<br />

geleistet. Man denke an die Fürstin Katharina, geb. Gräfin<br />

von Spaur und Valor, die 1650 auf Schloß Straßberg starb.<br />

Als die Witwe des Georg Dietrich von Westerstetten, Barbara<br />

geb. von Stauffenberg, für ihre Familie das Lehen in<br />

Straßberg in Anspruch nahm, erschien die mutige Frau in<br />

der Herrschaft, ließ sich den Huldigungseid leisten und rettete<br />

durch diese mutige Tat die Rechte des Stiftes. Einem<br />

Gelübde von ihr verdankte die Schloßkirche ihr Entstehen.<br />

(Heute Ruine.) Unter ihrer Herrschaft sah Straßberg mitten<br />

im 30jährigen Krieg die Hochzeit der Nichte dieser Fürstin,<br />

Maria Isabellas von Spaur mit dem berühmten Reitergeneral<br />

Jan von Werth. (Siehe Hohenz. Kalender 1928 Seite 54.) Die<br />

Grafen von Fürstenberg und von Zollern waren Trauzeugen<br />

(21. Oktober 1637). Raub, Brand und Pest hatten in jenen<br />

Kriegs jähren so im Stift Buchau aufgeräumt, daß nach dem<br />

Tod dieser Fürstin nur noch eine Stiftsdame und ein Geistlicher<br />

vorhanden waren und man zur Neuwahl eine eigene<br />

Kommission von benachbarten Geistlichen ernennen mußte.<br />

Heute ist das Andenken an die einstigen Beherrscherinnen<br />

in Straßberg nahezu erloschen, obwohl sie gern im Sommer<br />

auf der schöngelegenen Burg und später im „neuen Schloß",<br />

dem heutigen Amtshaus, sich aufhielten. Immerhin erinnern<br />

an die alte Zeit noch einige Wappen: am Eingang in den<br />

Bauhof und an der Zunftlade das Wappen der Fürstäbtissin<br />

Maria Theresia von Montfort (1693—1742) und am Portal<br />

des Amtshauses das der Fürstäbtissin Maria Carolina von<br />

Königsegg-Rotenfels (1742—1774).<br />

Die in obiger Ueberschrift genannte Fürstin Maria Franziska<br />

regierte nur von 1692—1693. Sie war eine geborene<br />

Gräfin zu Zeil-Waldburg. Ueber ihr Leben gibt eine gedruckte<br />

Leichenrede einige interessante Angaben. Die Rede,<br />

die am 30. Tag nach dem Tod, anscheinend bei Enthüllung<br />

des Grabmals der Fürstin gehalten wurde, ist für die Pfarrei<br />

Straßberg auch deshalb bemerkenswert, weil der Redner Johann<br />

Heinrich Biermann, Ss. Th. Lic. und Kanonikus des<br />

Stifts Buchau später Pfarrer in Straßberg wurde und dort<br />

begraben ist (1716—1731). Das Titelblatt der Rede: Eclipsis<br />

solis Truchsaessiani, das ist Truchsässischer Sonnen Finsternuß<br />

oder: Schuldigste Leich- Lob- und Ehren-Red von dem<br />

... Christlichen Wandel und . . . seeligen Abieiben ... der<br />

Hochwürdigst. . . Reichsfürstin und Frawen .. deren Kayserl.<br />

Frey-weltlichen Stifter Buchaw und Essen Respective Fürstin,<br />

Äbtissin und Pröbstin Erbfrawen der Herrschaft Straßberg<br />

... 1693 den 15 December ... Typris Marchtaliensibus.<br />

Die „von Wort zu Wort" in der Stiftskirche Buchau vorgetragene<br />

Rede umfaßt 48 Druckseiten in Quart. Das Thema:<br />

Isaias 13, 10: Die Sonn ist verfinstert bey ihrem Aufgang. —<br />

(Man liebte in damaliger Zeit die Vergleiche von Sonnenauf-<br />

und Untergang.)<br />

Schon in ihrer Jugend kam die Grafentochter von Zeil an<br />

das adelige Frauenstift Essen, wo sie die „Oberdeutsche"<br />

genannt wurde. Die andern Stiftsdamen waren in Norddeutschland<br />

beheimatet. Immerhin hatte sie eine Tante im<br />

gleichen Stift. Bald wurde sie Präsidentin im Gräflichen<br />

Kapitel des Stiftes.<br />

Der Prediger rühmt die Frömmigkeit der Verstorbenen.<br />

„Laßt uns nur ein wenig näher hinzutreten<br />

und in Obacht nehmen, wie tief in dem Gemüt Ihrer Hochfürstlichen<br />

Gnaden die Frucht der Göttlichen Majestät eingepflanzt?<br />

Mit welcher Ergebenheit ihres Herzens und untertäniger<br />

Neigung ihrer Seele die gottesfürchtige Fürstin<br />

sich für eine Dienerin ihres Erschaffers erkannt? Wie sie<br />

sich gut in acht nahm, daß, wo sie so große Gelegenheit<br />

und Macht hatte, viel zu tun, sie gleichwohl nichts täte, was<br />

dem Göttlichen Willen mißfiele? Wie sie, wo jedermann ihr<br />

gehorchte, sich selbst in den Gehorsam des großen Gottes<br />

stellte .... Könnte ich hier zeigen und zur Prob auflegen die<br />

vielen von ihrer Hand geschriebenen kräftigen Schutzgebete<br />

und Betrachtungen; die vom täglichen Gebrauch ganz verblätterten<br />

und abgenutzten Bücher, Betschnur oder Rosenkranz;<br />

könnte ich die fürstlichen und gräflichen Zeugen vorbringen,<br />

denen die Fürstin gemäß ihrer bekannten Offenheit,<br />

vertraulich (doch ohne einige eitle Ehrsucht) kecklich<br />

sagen und beteuern konnte, daß in 43 Jahren von der<br />

Zeit an nämlich, da sie das große Brevier und die kleinen<br />

Tagzeiten der Unbefleckten Empfängnis gelernt zu beten, sie<br />

nie dieselben unterlassen habe.<br />

Bei Maria Franziska ist wahr, was sonst von dem unüberwindlichen<br />

Weltenmonarchen Carl V. hinterlassen ist: er<br />

habe öfter mit Gott als mit Menschen gesprochen. Ihre tägliche<br />

Gewohnheit war, bei dem kanonischen Offizium von<br />

Anfang bis zum Ende zu verharren. Ihre Freude war, täglich<br />

zwei, drei, vier und noch mehr Aemtern und Messen<br />

beizuwohnen. Ihre Lust und Begierde schien zu sein, die<br />

Predigten und das Wort Gottes anzuhören. Darum fuhr<br />

sie auch bei ihrer jährlichen Anwesenheit zu Köln am Rhein<br />

... alle Sonn- und Feiertage nicht allein frühmorgens in die<br />

hohe Domkirche, sondern auch den Tag durch bisweilen in<br />

die sechste und siebente Kirche. Wer aus Gott ist, der hört<br />

gerne Gottes Wort. Joan. 8, 47 (S. 13/15).<br />

Nun lege einer auf die Waage das in so vieler Jahren<br />

Zeit von J. fürstl. Gnaden bei der Dekane! sowohl als bei<br />

der Probsteilichen Verwaltung in immer notwendigen Geschäften,<br />

vielfältigen Reisen, bei mühsamer Regierung beständig<br />

verrichtetes Gebet, der alle Sonn- und Feiertage<br />

auch noch in letzter tätlicher Krankheit fortgesetzte Empfang<br />

des hochheiligen Sakramentes des Altars, die morgendliche<br />

tägliche Betrachtung, die schönen geistlichen Diskurse<br />

und Schutzgebete, das in allen Geschäften durch heldenmütige<br />

Uebung schier stündlich erhebte Herz und Gemüt zu<br />

Gott: lege dies, sage ich auf die Waage deiner Gedanken<br />

und sieh, ob ich nicht im Namen der toten Fürstin sagen<br />

könne mit dem Propheten David: Ich sah immer vor mir den<br />

Herrn (Ps. 15, 8)."<br />

Aus dieser Liebe zu Gctt entsprang, so fährt Canonicus<br />

Biermann weiter aus, eine große Liebe zu den Mitmenschen.<br />

Maria Franziska wollte alle zur Bekenntnis Gottes,<br />

zum alleinseligmachenden Glauben und zu christlichem Wandel<br />

führen. Bevor sie Dekanin im Kloster Essen wurde, sei<br />

in der Stadt eine furchtbare Gleichgültigkeit in religiösen<br />

Dingen gewesen. (Anm.: Essen a. d. Ruhr unterstand<br />

— vergl. Buchau — dem freiweltlichen Kaiserlichen Stift.<br />

Noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts hatte Essen aber nur<br />

3 000 Einwohner. Während der Reformation gab es im Fürstentum<br />

einige hundert Wiedertäufer, nach dem 30jährigen<br />

Krieg war der Wohlstand vernichtet. ... „Aber sobald die<br />

ober-teutsche Dechantin ankommen,... da seyend auß underschiedlichen<br />

Dorfschaften die irrende Lehrer, auß den<br />

Händen der Unterthanen die verführende Bücher, auß denen<br />

übelberichteten Gemüthern die Fehler und Irrthumb, auß<br />

den Kalt-Catholischen Hertzen die Faul- und Trägheit verschwunden."<br />

(S. 18.) Die Dechantin habe da mit ihrem Vermögensanteil<br />

„auß Schwabenland" so wenig gespart, wie mit<br />

der ansehnlichen Erbschaft einer Tante, die auch Stiftsfräulein<br />

war, oder mit dem Einkommen der Dechantei; all<br />

das sei ihr nichts gewesen gegen die Vermehrung der Ehre<br />

Gottes. Sie habe die Väter des Seraphischen Ordens<br />

unterstützt, besonders aber die Jesuiten, die nach dreimaliger<br />

Vertreibung zurückgerufen wurden. Maria Franziska<br />

habe zwei Jesuiten fünf Jahre hindurch Wohnung und Nahrung<br />

gestellt. Außerdem versah die Dekanin drei Priester<br />

schon vor 20 und mehr Jahren mit beständigem Einkommen,<br />

dotierte 2 Kaplaneien, war eine Beschützerin derer,<br />

die wegen ihres Glaubens zu leiden hatten. Die Bruderschaften<br />

des Hl. Rosenkranzes und des Scapu-

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