Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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6 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />
3) Zu mehrer Zierde des gantzen Bronnenstocks selbigen<br />
behörig ausschweifen, noch weitere Bildhauer Arbeit mit<br />
Muschelen und abhängenden Blumen daran machen, worauf<br />
endlich die Statue, welche mit 3 Dibel in den Stein ein zuelaßen...<br />
5) ... das Bild, welches hin und wider zerstümmelt, besonders<br />
ohne Nasen gewesen reparieren . ..<br />
Einen Betrag von 95 Gulden erhielt Großbayer für seine<br />
Arbeit, die er aber erst nach mehrmaligem Besuch des Stadtrechners,<br />
als Mahner für den Termin zur Einhaltung der<br />
abgemachten Lieferung, ausbezahlt bekam. Kein Wunder,<br />
wenn man bedenkt, daß Großbayer zur gleichen Zeit mit<br />
dem Bau der St. Annakirche zu Haigerloch sehr überlastet<br />
Johann Evangelist Stauß<br />
war. Die Arbeit wurde fertig und sie wurde auf einem besonders<br />
verfertigten Wagen von 8 Pferden in 7 Stunden<br />
sicher nach Ebingen gebracht. Hier war alles gut vorbereitet,<br />
so daß die neue Säule mit der reparierten Statue zur Zierde<br />
der Stadt neu aufgerichtet werden konnte. Großbayers Brunnenstock<br />
wurde 1880 von dem Bildhauer und Zeichenlehrer<br />
Ziegler durch einen neuen ersetzt, der im Stil der damaligen<br />
Zeit als Block geformt war, und auch für den neuen<br />
Brunnenstock übernommen wurde. Leider ist die, von alten<br />
Ebingern oft erwähnte Säule urkundlich zu spät gefunden<br />
worden, so daß man diese bei der Neugestaltung hätte wieder<br />
verwenden können. Ein erneuter Beweis, daß im Volksmund<br />
erhaltenen Ueberlieferungen mehr Glauben geschenkt<br />
werden kann, als man es oft tut. Joseph Halm.<br />
Zum 90. Todestag eines eifrigen Seelsorgers und verdienstvollen Schulmannes<br />
Am 9. Oktober 1966 waren 90 Jahre verflossen, seit im<br />
Pfarrhaus in Bingen nach kurzer Krankheit der Pfarrer und<br />
Geistl. Hat Johann Ev. Stauß, ehemaliger Schul-Commissär<br />
für das Oberamt Sigmaringen und einstiger Direktor des<br />
SchuJlehrerseminars Habsthal, im 75. Lebensjahr für immer<br />
seine leiblichen Augen schloß, um die geistigen im ewigen<br />
Lichte in der Anschauung Gottes wieder zu öffnen.<br />
Was hat uns Heutigen dieser Mann noch zu bedeuten?<br />
Unter der Spalte „Landsleute" werden in der Beilage „Vom<br />
See zum Main" der Monatsschrift „Mann in der Zeit" ehemals<br />
bedeutende Persönlichkeiten aus dem Badnerland den<br />
Zeitgenossen wieder in Erinnerung gebracht, um ihnen zu<br />
zeigen, wie ihre Väter und Großväter zu ihrer Zeit gehandelt,<br />
gewirkt und sich für Land und Volk verdient gemacht<br />
haben. Dieses Bestreben dürfte auch für uns in Hohenzollern<br />
gelten, getreu dem alten Spruch: „Wohl dem, der seiner Väter<br />
gedenkt!"<br />
Der Mann und sein Werk<br />
Ueber den Werdegang, die Tätigkeit als Priester, Religionslehrer,<br />
Direktor des Lehrerseminars Habsthal, zweimaliger<br />
Schul-Commissär (Schulinspektor) des Oberamtes Sigmaringen<br />
und über den Menschen J. E. Stauß hat sein ehemaliger<br />
Schüler (Archivrat Eugen Schnell) anläßlich des goldenen<br />
Priesterjubiläums in den Nummern 129—131 der „Hohenzollerischen<br />
Volkszeitung" vom Jahre 1875 (die ich in dankenswerter<br />
Weise in der Fürstl. hohenz. Hofbibliothek in<br />
Sigmaringen einsehen konnte), so ausführlich und eingehend<br />
berichtet, daß ich seine Ausführungen nur in verkürzter Fassung<br />
wiedergeben kann. Er schreibt:<br />
„Ein 50 jähriger Priester"<br />
„Johann Evangelist Stauß wurde am 28. Dezember 1801<br />
in Benzingen geboren. Seine Eltern waren einfache Landleute,<br />
welche ein kleines Lehengut besaßen, bei dessen Umtrieb<br />
auch die Kinder schon frühzeitig Hand anlegen mußten.<br />
Bald aber machte sich die geistige Begabung des jungen<br />
Knaben bemerklich. Im Herbst 1813 kam er nach Gammertingen,<br />
um von dem Benefiziaten und späteren Stadtpfarrer<br />
Ludwig K i e n e r, vielj ähriger Schul-Commissär des Oberamtes<br />
Gammertingen, den Vorbereitungsunterricht zum Gymnasium<br />
zu erhalten, den er auch durch 2 Jahre genoß. Im<br />
Herbste 1817 bezog er das Gymnasium Rottweil, das er in 4<br />
Jahren mit so günstigem Erfolge absolvierte, daß er beim<br />
Schlüsse mit einer öffentlichen Belobigung entlassen wurde.<br />
Seine philos. und theol. Studien machte er in den Jahren<br />
1821—1824 an der Universität Freiburg i. B. Nach bestandenem<br />
Concurs wurde er am 3. November 1824 in das (Priester)Seminar<br />
Meersburg aufgenommen und am 24. September<br />
1825 vom Bischof J. B. v. Keller in Rottenburg zum Priester<br />
geweiht. Nach seiner am 11. Oktober 1825 in Benzingen erfolgten<br />
Primiz begann seine praktische Tätigkeit und Laufbahn<br />
als Vikar in Sigmaringen mit der Verpflichtung, die<br />
beiden Filialen Ober- und Unterschmeien zu versehen.<br />
Neben dem Vikariate erteilte Stauß jungen Knaben,<br />
zu denen auch der Schreiber (E. Schnell) gehörte, den Vorbereitungsunterricht<br />
zum Gymnasium. Im Juli 1827 erstand er<br />
in Sigmaringen die Staatsprüfung als Pfarrer (eine Folge des<br />
im Fürstentum herrschenden Staatskirchentums) mit dem<br />
Zeugnisse der „vorzüglichen Befähigung" und erhielt schon<br />
am 15. Oktober 1827 die Pfarrei Betra, welche bei einem<br />
geringen Einkommen eine starke Bevölkerung und 2 Filialen<br />
umschloß. Da er überdies den Unterricht in der ersten Klasse<br />
der Volksschule und vielerlei Aushilfen bei benachbarten<br />
Pfarrherren übernommen hatte, war im Jahre 1834 seine Gesundheit<br />
so erschüttert, daß er mit seinem Freund, dem<br />
Von Josef Deschler<br />
nachherigen Reg.-Rat Mock, eine Erholungsreise nach Italien<br />
und an das südliche Frankreich (Riviera) unternehmen mußte.<br />
Körperlich gestärkt und geistig erfrischt kehrte Stauß in<br />
sein Vaterland zurück. Nachdem er auf die präsentierte<br />
Pfarrei I m n a u resigniert hatte, erhielt er am 6. November<br />
1835 die von mehreren Bewerbern begehrte Pfarrei W a 1 -<br />
bertswej 1er, die er 8 Jahre versah, und welche Zeit er<br />
zu der glücklichsten seines Lebens rechnete.<br />
Durch seine kluge Seelsorge, seine Schultätigkeit erregte<br />
er die Aufmerksamkeit und das Vertrauen des damaligen<br />
Fürsten Karl und des Reg.-Direktors Freiherrn von Laßberg,<br />
der in Verbindung mit dem geistlichen Rate Engel und dem<br />
Professor Miller durch seine Organisation das Schulwesen<br />
von Hohenzollern-Sigmaringen auf einen allseits anerkannten<br />
blühenden Stand gebracht hatte. Nach dem Tode des<br />
Direktors Lorenz Maier in Habsthal erschien Stauß die geeignetste<br />
Persönlichkeit, und er erhielt deshalb auf den Antrag<br />
zur Uebernahme der Pfarrei Habsthal mit der<br />
Pfarrei die Leitung der seit kurzer Zeit bestehenden Staatsanstalten<br />
für Waisen, für Blinde und Taubstumme und zur<br />
Ausbildung für Schullehrer im Mai 1843 in provisorischer<br />
und ein Jahr darauf, nachdem er auf die Pfarrei Walbertsweiler<br />
verzichtet und von der geliebten Pfarrgemeinde einen<br />
herzlichen Abschied genommen hatte, in definitiver Weise.<br />
Trotz mannigfacher Schwierigkeiten verwaltete Stauß die<br />
verschiedenen Anstalten mit einer musterhaften Ordnung,<br />
wobei er sich der wirksamen Unterstützung der trefflichen<br />
Lehrer Blessing, Fischingen und Schreiner zu erfreuen hatte.<br />
Er würde gewiß die Anstalten auf einen noch höheren Grad<br />
der Vollkommenheit gebracht haben, wenn nicht die Stürme