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Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 9<br />

Von der Veringendorfer Michaelskirche<br />

Die Pfarrkirche in Veringendorf im Tal der Laudiert, deren<br />

Doppeltürme im unteren Teil mit kleinen Apsiden (Ausbuchtungen,<br />

Nebenchören) und zwischen ihnen ein Teil des langen<br />

Chores aus der romanischen Zeit (ca. 1130—1200) stammen,<br />

dagegen die östliche Verlängerung des gerade geschlossenen<br />

Chors aus der gotischen Periode (um 1300), das Schiff aus<br />

der Barockzeit 1723, wurde in den letzten Jahren außen und<br />

innen renoviert, bzw. innen umgestaltet. Besucher, welche die<br />

Kirche von früher kannten, waren beim Betreten zunächst<br />

schockiert: Der neuromanische Hochaltar, Kommunionbank,<br />

Kanzel und die vier barocken Seitenaltäre im Querschiff<br />

(d. h. von den zwei westlichen waren nur noch die Rückwände<br />

da; vergl. Kunstdenkmäler 1948, S. 382 f.) sind völlig verschwunden,<br />

ersterer angeblich auf ausdrückliches Drängen<br />

des Landeskonservators. Die Kanzel und die beiden barocken<br />

Seitenaltäre von 1730 habe mit Freude der Pfarrherr von<br />

Langenenslingen für seine alte Mauritiuskirche übernommen,<br />

die beiden Rückwände der anderen seien beim Renovator.<br />

Im Chor, dessen Wände in ihrer derzeitigen Unvollendetheit<br />

etwas düster wirken, steht jetzt nah gegen das Kirchenschiff<br />

ein neumodischer Theken-Altarblock, östlich dahinter<br />

an der Stelle des bisherigen Allerheiligsten der dem<br />

Bischofsthron nachgeahmte Priestersitz. In der nördlichen<br />

Seitenapsis ist der alte kufenförmige Tauf stein (nicht „die<br />

Taufe", wie eine Zeitung berichtete) aufgestellt. Dessen neuer<br />

Kupferdeckel in Treibarbeit nach ungelenker Art einer<br />

Gisela Bär zeigt die Szene „Christus mit Nikodemus" und<br />

die Inschrift: „Wenn jemand nicht wiedergeboren wird aus<br />

dem Wasser und dem Hl. Geist. . ." Der Hals des Herrn<br />

scheint an einer morbus deformans zu leiden. Besucher<br />

stellten fest, daß der Tabernakel in der südlichen Apsis<br />

nicht gut sichtbar und nicht durch besondere Zier hervorgehoben<br />

sei, wie es dem Herzstück der Kirche geziehme, was<br />

sich wohl noch verbessern ließe. Das Untergestell freilich —<br />

kein Altar sondern eine steingewordene Astgabel mit langen<br />

Enden — wirkt nüchtern, sodaß sich ein Vergleich mit den<br />

spätmittelalterlichen reichgeschmückten Sakramentshäuslein<br />

anderer Kirchen nahelegt. Sagt doch Art. 95 der<br />

Liturgiereform des Konzils: „Die hl. Eucharistie soll in einem<br />

sicheren Tabernakel in der Mitte des Hochaltars oder<br />

einem besonders ausgezeichneten Nebenaltar aufbewahrt<br />

werden. Wenn rechtmäßige Gewohnheiten vorliegen,<br />

und in besonderen Fällen mit Zustimmung des Bischofs, ist<br />

die Aufbewahrung auch an einer anderen wirklich<br />

vornehmenundwürdighergerichtetenStelle<br />

in der Kirche zulässig."<br />

Das einzig erhaltene Siegel Gebhards von Pitengau (d. i.<br />

Peiting in Oberbayern), der sich später Graf von Sigmaringen<br />

nannte, ist vom 9. Januar 1244 leider sehr beschädigt erhalten.<br />

Es zeigt einen heraldisch rechts (also vom Beschauer aus<br />

nach links) galoppierendes künstlerisch erstklassig durchgebildetes<br />

Pferd, dessen Reiter einen Topfhelm mit Büffelhörnern<br />

trägt, die Rechte mit dem Schwert ist erhoben, so<br />

daß dieses wagrecht hinter dem Helm sichtbar wird. Die<br />

Linke führt den Wappenschild gegen den Beschauer gewandt.<br />

Doch dieser ist leider nach Auskunft des Hauptstaatsarchivs<br />

München unkenntlich, was auf dem von dort übersandten<br />

Foto nicht ganz deutlich wird. Herr Helmut Rischert, der s.<br />

Zt. in der „Hohenz. <strong>Heimat</strong>" über den Adel von Burladingen<br />

berichtete und jetzt am genannten Archiv angestellt ist, teilte<br />

ergänzend am 26. Sepember 1966 mit, auf dem Schild des<br />

gewappneten Reiters sei tatsächlich nichts mehr zu erkennen,<br />

da die Oberfläche des Schildchens vom Betrachter aus<br />

rechts abgeblättert und links abgerieben sei. Von der Umschrift<br />

sei nur noch erhalten: „ + S. GEBHARDI.." In der<br />

Urkunde selbst bietet Gebhard von Byedingowe (nicht Graf<br />

genannt) zu Ulm der Kirche von Bamberg 100 Mark Silber<br />

an, um innerhalb eines Jahres Lehensgüter desselben Wertes<br />

zurückzuerhalten (Reg. boic. II. 345: Hauptstaatsarchiv<br />

München Abt. I. Bestand HU Bamberg Nr. 623). Den ganzen<br />

Umständen nach (Reitersiegel mit Lehenantrag für eine solch<br />

hohe Summe) muß es sich um einen Angehörigen des Hochadels<br />

handeln, wozu auch der spätere Grafentitel paßt (Hhz.<br />

JHeft 1951, 28 f.). Ich möchte Gebhard für ein Glied des<br />

Grafenhauses von Hirschberg (bei Beilngries in Niederbayern)<br />

rechnen, das einen stehenden Hirsch im Wappen führte und<br />

1306 ausstarb. Angemerkt sei, daß ein Graf von Nellenburg-<br />

Veringen 1267 im Schild seines Siegels einen mit einer<br />

Hirschstange besteckten Topfhelm führte (WUB 6, 330). K.<br />

Th. Zingeler hat 1888 behauptet, Graf Gebhard von Sigma-<br />

Zu Gebhard von Peitingau<br />

Zu den schon 1941 aufgedeckten Fresken im Chorgewölbe<br />

aus dem 14. Jahrhhundert sind wieder neue aus verschiedenen<br />

Epochen gekommen aber noch nicht konserviert. Der<br />

Steinboden (keine Ziegelplatten) unter den Bänken wirkt<br />

nobel, dürfte aber kalt sein! Einige wertvolle gotische Figuren<br />

sind in der Kirche verteilt.<br />

Anläßlich der Grabungen zur Einrichtung einer Heizung<br />

fand sich wieder das schon 1886 festgestellte Fundament der<br />

alten runden Chorapsis und inmitten derselben das Grab<br />

eines Mannes mit gut erhaltenem Skelett, vermutlich des<br />

Erbauers der romanischen Kirche, was auf den Grafen M a rquard<br />

von Altshausen passen könnte, der sich 1134/37<br />

erstmals „Graf von Veringen" nannte und bis 1172 vorkommt.<br />

Nördlich davon fand sich ein zweites Grab mit spärlichen<br />

Gebeineresten. Ganz leer war eine aus Ziegeln aufgemauerte<br />

Grabgrube neuerer Zeit, die vielleicht für den hiesigen Pfarrer<br />

Meinrad von Hohenzollern bestimmt war, aber nie belegt<br />

wurde. Innerhalb der jetzigen Kirche fanden sich schließlich<br />

die Fundamente einer viel kleineren vorausgehenden, die<br />

schätzungsweise um 900—1000 entstand. Unter deren Grundmauern<br />

trat merkwürdigerweise früheres Totengebein zutage.<br />

Diese Frühkirche scheint also auf einem alten Friedhof<br />

errichtet worden zu sein, dessen Alter freilich so lange<br />

problematisch bleibt, als diese Gebeine nicht durch andere<br />

Funde datiert werden können. Von einer früheren Holzkirche<br />

scheint nichts gefunden worden zu sein, wie sie in<br />

einem so alten Ingen-Ort wie Veringen seit ca. 580—600 n.<br />

Chr. angenommen werden müßte. Längere Grabarbeiten in<br />

einer laufend benützten Kirche sind freilich unmöglich. Eine<br />

Krypta war wegen des nahen Lauchertbaches wohl nicht<br />

praktisch. Die alte Burg Veringen stand bekanntlich südlich<br />

der Kirche auf den Felsen links des Baches und der Landesbahn,<br />

wo sich jetzt Aecker ausbreiten. Später bauten die<br />

Grafen von Veringen dann lauchertaufwärts eine neue Burg,<br />

in deren Ruinen noch die Peterskapelle erhalten ist, unterhalb<br />

deren sich als Burgflecken Veringenstadt entwickelte.<br />

Man muß die Möglichkeit erwägen, die bereits im Oktober<br />

1966 in einer Zeitung geäußert wurde, daß die älteste Michaelskirche<br />

aus Holz nicht hier unten an der alten Furt, mit<br />

der einige sogar den Namen Veringen-Faringen in Zusammenhang<br />

bringen wollen, sondern auf dem nahen „Kirchb<br />

e r g" rechts der Laudiert stand, wie dies bei Kirchen des<br />

Erzengels ja gewöhnlich der Fall war. Es wäre eine lohnende<br />

Aufgabe der <strong>Heimat</strong>forscher, dieser Frage näher nachzugehen. <br />

ringen habe die drei Veringer Hirschstangen im Wappen<br />

gehabt wie Württemberg, was sicher nicht stimmt. Er will<br />

sie auf die alten Eritgaugrafen zurückführen. Zum Unterschied<br />

habe man (wer ist dies?) für die Stadt Sigmaringen<br />

den Hirsch gewählt und für die Grafschaft als Helmzier zwei<br />

goldene Hirschstangen. Nach Schwarzmann soll diese letzteren<br />

Graf Karl von Zollern-Sigmaringen 1559 vom Kaiser<br />

Ferdinand wegen der Grafschaft Sigmaringen erhalten haben.<br />

Doch gehören diese zwei Stangen als Helmzier offenbar zum<br />

Sigmaringer Hirsch, wie ihn neben dem Zollerwappen z. B.<br />

Graf Karl II. führte. Graf Gottfried von Sigmaringen-Helfenstein<br />

hatte 1231 ein gespaltenes Siegel: Auf einer Hälfte<br />

einen halben Elefanten (Helfenstein) auf der andern eine<br />

aufrechte Hirschstange (wohl aus dem Wappen seiner Gattin<br />

Adelheid, einer geborenen von Wirtemberg-Grüningen. Diese<br />

selbst hatte noch 1289 und 1291 ein Siegel mit den drei wirtembergisch-veringischen<br />

Hirschstangen). Nach Hansmartin<br />

Maurer müßte Graf Gebhard als angeblicher Graf von Helfenstein<br />

einen Elefanten geführt haben. Aber warum nannte<br />

er sich dann 1241 und 1244, also nach dem Tod seines angeblichen<br />

Vaters noch von Pitengau? Die Helmzier der Grafen<br />

von Helfen stein war teils ein Elefant oder Elefantenrumpf,<br />

teils ein mit Pfauenspiegeln besteckter Fächer, manchmal<br />

mit einem Ball obenauf; die der Grafen v. Hirschberg<br />

dagegen ein weiß-schwarz gegittertes oder mit Blättern<br />

bestreutes Schirmbrett mit schwarzen Federn, die je<br />

eine weiße Perle tragen (Merz-Hegi). Die Unterschiede<br />

rühren meist von verschiedenen Linien der Familie her,<br />

weswegen die Helmzier kein dauerndes Unterscheidungszeichen<br />

sein kann, also auch nicht gegen unsern Gebhard<br />

von Peitinggau spricht. Die zwei goldenen Hirschstangen der<br />

Helmzier der Grafschaft Sigmaringen im großen fürstlich<br />

hohenzollerischen Wappen scheinen auf Konrad Grünenbergs<br />

Wappenbuch von 1483 zurückzugehen. J. A. Kraus

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