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Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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22 HOHEN Z Ö L LERISCHE HEIMAT Jahrgang 1967<br />

der Straße offener Wirtschaftshof entsteht. Die große getäfelte<br />

Wohnstube liegt auf der Südwestecke mit 3 Fenstern<br />

zur Straße und dreien zum Hof. Erst in den letzten Jahren<br />

wurde das ganze Anwesen wieder neu hergerichtet und erhielt<br />

dadurch wieder ein schönes und anmutendes Gesicht.<br />

So recht originell zeigt es jetzt wieder den so anheimelnden<br />

altdeutschen Stil und trägt so auch zur Dorfverschönerung<br />

bei. Einige Grundstücke südlich von Nr. 147 liegt das<br />

Haus Nr. 150, das heute Jakob Flad gehört. Das Fach werk<br />

war in allen Geschossen sichtbar. Der Straßengiebel ist ebenfalls<br />

mit 4 Schutzdächern versehen. Erbaut wurde es im<br />

Jahre 1756. Der Grundriß entspricht ebenfalls dem des Hauses<br />

Nr. 147, nur daß hier Scheune und Stall unmittelbar in<br />

Verlängerung des Wohnhauses angefügt sind. Die südliche<br />

Langseite des Hauses, auf der die Eingänge liegen, ist einer<br />

Nebengasse zugekehrt.<br />

Kommerzienrat Mauser in Oberndorf machte dem Pater<br />

Desiderius in Beuron, dem Haigerlocher Sohn und Begründer<br />

der Beuroner Kunstschule, wiederholt das Anerbieten, er<br />

wolle ihn gern im Auto nach Haigerloch bringen, damit er<br />

den Ort, wo seine Wiege stand, noch einmal sehen könne.<br />

Jedesmal lehnte er dankend ab, aus dem Grunde: ich will<br />

Haigerloch nicht mehr sehen, seitdem die Haigerlocher ihr<br />

altehrwüriges Rathaus abgebrochen haben. Mit Künstleraugen<br />

hatte er oft in der Jugend vom Marktplatz aus das<br />

schöne Idyll betrachtet: Vom Marktplatz führt eine Holzbrücke<br />

über die oft reißende Eyach. In der Mitte der Brücke<br />

erhebt sich am Geländer ein Kreuz, drüben geht der Weg<br />

unter dem Rathaus hindurch, das „Stiegle" hinauf. Der Steig,<br />

eine Steintreppe, führt am Rathaus vorbei hinauf in die<br />

Oberstadt, für Buben eine ideale Kletterpartie, hinunter Gelegenheit<br />

zu allen möglichen tollen Sprüngen. Die Giebelseite<br />

des Rathauses gegen den Marktplatz zu war mit Bildern<br />

geschmückt, auch eine Statue des hl. Johannes Nepomuck,<br />

jetzt an einem Haus auf dem Marktplatz, zierte und belebte<br />

die Mauerfläche. Früher erfreute das Auge auch noch sichtbares<br />

Balkenwerk. Auf der Spitze des Daches ein Türmchen;<br />

der Klang seines Glöckleins weckte aber keine gehobene<br />

Stimmung, denn beim Steuereinzug mahnte es immer wieder:<br />

zahlen, zahlen! Manchen allerdings regte seine Mahnung<br />

nicht auf, er dachte: Läute mein Glöcklein nur zu, mich<br />

bringst du nicht aus der Ruh.<br />

Am unteren Stock des Hauses war ein Schreckbild: Der<br />

Pranger. Wer den guten Ruf seiner Mitbürger mit seinem<br />

Lügenmaul verlästert hatte, wurde auf das Postament hinaufgestellt,<br />

angebunden, eine große Zunge aus rotem Tuch<br />

wurde ihm auf die Brust gehängt, so mußte er stundenlang<br />

seine Lästerreden abbüßen. Sehr heilsame Medizin für böse<br />

Mäuler! — Im Innern des Rathauses war unten ein Raum für<br />

Feuerlöschgeräte, darüber eine Halle zum Abhalten kleiner<br />

Wochenmärkte, im oberen Stock der große Ratssaal und das<br />

Amtszimmer für den Bürgermeister. Da war es auch, wo<br />

man anno 1848 Kugeln austeilte, als wie ein Lauffeuer das<br />

Gerücht von Ort zu Ort eilte: Die Franzosen kommen! Die<br />

Haigerlocher, tapfer wie sie immer waren, einige sagen ja;<br />

Gräfin Adelheid ist wohl eine der interessantesten Persönlichkeiten<br />

aus der Geschichte von Gammertingen. Bisher<br />

wurde ihr Leben und Werk noch nie zusammenhängend dargestellt.<br />

Solange das Kloster Zwiefalten noch bestand, gab<br />

es dort noch Erinnerungen an Adelheid. Seit der Aufhebung<br />

des Klosters ist sie völlig in Vergessenheit geraten. So wird<br />

es gut sein, wenn man sich wenigstens in Gammertingen an<br />

sie erinnert. In Gammertingen, dessen Name sie trug und<br />

wo sie viele Jahre ihres Lebens als Frau und Mutter verbrachte.<br />

Gräfin Adelheid wurde vor mehr als 900 Jahren (um 1060)<br />

als Tochter des Grafen Hartmann von Dillingen geboren.<br />

Die Grafen von Dillingen waren damals eines der mächtigsten<br />

und bedeutendsten Hochadelsgeschlechter in Südwestdeutschland.<br />

Durch seine Frau hatte Graf Hartmann den<br />

reichen Besitz der Grafen von Kyburg geerbt. Sein Sohn<br />

Hartmann d. J. übernahm die Grafschaft. Der zweite Sohn,<br />

Ulrich, wurde Bischof von Konstanz, Eine Tochter, Hadwig,<br />

ging ins Kloster und die Tochter Adelheid heiratete den<br />

Grafen Ulrich von Gammertingen.<br />

Durch die Ausgrabungen beim „Alten Schloß" wissen wir<br />

heute wenigstens, wo Adelheid und Graf Ulrich ihren Wohn-<br />

Das alte Rathaus in Haigerloch<br />

Gräfin Adelheid von Gammertingen<br />

Schräg gegenüber dem Hause von Jakob Flad ist wieder<br />

eine Inschrift zu lesen: Engelbertus Steimer, Vogt und Anna<br />

Seitzin. Anno 1774. Ein dem Rathaus entsprechendes Fachwerkhaus<br />

ist das Haus Nr. 104 am Nordausgang des Dorfes,<br />

das Max Ruff gehört. Das Erdgeschoß ist massiv, darüber das<br />

verputzte Fachwerk des Obergeschosses. Genau wie beim<br />

Rathaus finden wir bei diesem Haus das Satteldach mit<br />

Krüppelwalmen und großen Dachüberständen. Die Verbreiterung<br />

am Giebel hat Dreipaßform. Die ganze Form und das<br />

Aussehen entsprechen einem sogenannten Bernerhaus. Es<br />

wurde etwa um das Jahr 1800 erbaut. Die beschriebenen<br />

Häuser sind typisch für eine größere Anzahl Bauernhäuser<br />

im Dorfe, die jedoch vielfach das Fachwerk verputzt haben.<br />

Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert. So drückt sich hier ein<br />

wichtiger Erwerbszweig (Hausiergewerbe) der Einwohner in<br />

einer besonderen Art des Ortsbildes aus.<br />

jener Ritter unter Kaiser Rotbartlobesam, der den „Schwabenstreich"<br />

lieferte, sei aus Haigerloch gewesen — die Haigerlocher<br />

also zogen mutig mit Flinten, Heugabeln, Dreschpflegeln<br />

bewaffnet, Nordstetten zu, dem Feinde entgegen.<br />

Es war Marä Verkündigung im Revolutionsjahr. Einer war<br />

dabei, der hatte auch Kugeln gewollt, hatte aber keine Flinte.<br />

Auf die Frage, wozu er dann Kugeln brauche, wenn er kein<br />

Gewehr habe, antwortete er in feuriger Kampfesfreude: Ich<br />

werfe sie den Franzosen ins Gesicht. Das alte Rathaus könnte<br />

ja viel erzählen; es entstand schon zur Zeit der Entdeckung<br />

von Amerika 1492, denn es war 1468 erbaut worden mit<br />

reichlicher Unterstützung der Gräfin Mechthild, des Fräuleins<br />

von Oesterreich. Zu ihrer Zeit war Unter- und Oberstadt<br />

in einer Gemeinde vereinigt worden, unter ihr wurde das<br />

„Stadtbüchle" verfaßt, in welchem das Stadtrecht zusammengestellt<br />

war. Das Rathaus sah die Greuel der Schweden im<br />

Dreißigjährigen Kriege, die Durchmärsche von Franzosen,<br />

Oesterreichern, Russen zur Zeit Napoleons, es hat Freud und<br />

Leid redlich mit der Bürgerschaft geteilt.<br />

Das Jahr 1872 kam, man baute die neue Straße durch Haigerloch,<br />

eine neue eiserne Brücke mußte erstellt werden;<br />

gewissen Kreisen war das ein willkommener Anlaß, das altehrwürdige<br />

Rathaus abzubrechen, angeblich wegen der neuen<br />

Straße und Brücke, die man beide hätte erstellen können,<br />

ohne dem Rathaus den Todesstoß zu versetzen. Allein wozu<br />

sind die Dummheiten, wenn man sie nicht macht! Jetzt denkt<br />

man anders! Aber die Toten kann man nicht mehr lebendig<br />

machen. Schließen wir mit dem Schlußsatz einer schön geschriebenen<br />

Urkunde aus dem Jahre 1773, in welchem man<br />

das Rathaus gründlich renovierte. Er lautet: „Gott segne<br />

diese Stadt und beschütze sie und bewahre sie vor Wasserund<br />

Feuersnot, auch vor allen anderen Uebeln des Leibes<br />

und der Seele." Ein kleiner Trost ist uns geblieben: Das alte<br />

Rathausglöcklein lebt noch und hängt im Türmchen des<br />

Missionshauses. Die Stadt schenkte es, nachdem das erste<br />

Glöcklein im Kriege mußte abgeliefert werden. Es hat jetzt<br />

eine höhere, schönere Aufgabe als ehedem; es ladet zum<br />

Beten ein. Aber klingt nicht auch noch ein wehmutsvoller<br />

Ton durch, das Heimweh nach seiner alten <strong>Heimat</strong>, dem alten<br />

Rathaus?<br />

sitz hatten. Sicher wurde ein Teil der Mauer, die wir heute<br />

wieder sehen können, in ihrer Zeit errichtet. Auch mancher<br />

der Gegenstände, die in den letzten Jahren dort gefunden<br />

wurden, mag Graf Ulrich und Adelheid gehört haben. Aus<br />

der Ehe gingen zwei Söhne hervor, die in der Geschichte als<br />

Grafen von Gammertingen, Hertingen und Achalm erscheinen.<br />

Graf Ulrich starb wohl zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr,<br />

Er wurde in seiner Eigenkirche in Gammertingen<br />

begraben. Vielleicht stand diese Kirche an der Stelle der<br />

heutigen Michaelskirche. Jedenfalls deutet der Patron St.<br />

Michael auf ein sehr hohes Alter der Kirche hin.<br />

Nach dem Tode ihres Mannes zog Gräfin Adelheid nach<br />

Zwiefalten, wo das neugegründete Kloster mächtig aufblühte.<br />

Viele Mütter und Schwestern der Mönche hatten den Wunsch,<br />

sich hier niederzulassen und ein klösterliches Leben zu<br />

führen. Die Frauen wohnten zunächst in Bretterhütten,<br />

welche die Hirsauer Gründermönche als Notunterkunft gebaut<br />

hatten. Sie durften einen Teil des neuen Münsters als<br />

Chor benützen. Auf die Dauer war dies jedoch ein unguter<br />

Zustand. Mit Genehmigung des Abtes Ulrich übernahm Gräfin<br />

Adelheid die Gründung eines eigenen Frauenklosters. In<br />

der Gegend des heutigen Friedhofes von Zwiefalten baute

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