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Hohenzollerlsche Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Jahrgang 1967 HOHENZOLLE Ii ISCHE HEIMAT 23<br />

sie auf eigene Kosten ein Kloster und eine Kirche, welche<br />

St. Johannes d. T. geweiht war.<br />

Das neue Kloster wurde 1138 von 62 Nonnen bezogen. Unter<br />

ihnen waren viele Frauen aus dem schwäbischen Hochadel,<br />

u. a. Hadwig, die Schwester von Gräfin Adelheid. Auch<br />

zwei Ekelinnen der Gräfin traten später in das Kloster<br />

ein. Die Frauen lebten nach der Regel des Hl. Benedikt<br />

unter einer Oberin (Magistra). Sie wetteiferten mit den Mönchen<br />

nicht nur in der Frömmigkeit, sondern auch in der<br />

Schreibkunst und Malerei, Besonders geschätzt war ihre<br />

Stickerei und ihre Arbeit an Altären und kirchlichen Gewändern.<br />

Neben den Grafen Cuno und Luithold von Achalm, den<br />

Klostergründern, war Gräfin Adelheid wohl die größte Wohltäterin<br />

von Zwiefalten. Um die Familie der Grafen von<br />

Gammertingen dauernd mit dem Kloster zu verbinden, ließ<br />

sie ihren verstorbenen Gatten von Gammertingen nach Zwiefalten<br />

überführen. Dort wurde er im Kapitelssaal des Männerklosters<br />

beigesetzt. Auch ihr Schwiegervater, Graf Arnold,<br />

war dort begraben. (Es ist nicht bekannt, ob auch er<br />

zunächst in Gammertingen sein Grab hatte.) Der Chronist<br />

Berthold berichtet, daß Gräfin Adelheid, solange sie lebte,<br />

den ganzen Konvent mit Korn und Wein versorgte. Dies<br />

bedeutet, daß ca 200 Personen über drei Jahrzehnte mit<br />

Lebensmitteln beliefert wurden. Auch zur Ausschmückung<br />

des Münsters hat sie viel beigetragen. U. a. stiftete sie die<br />

„Hungertücher". Dies waren die Vorhänge, mit denen in der<br />

Fastenzeit der Chor und die Altäre verhängt wurden. Auch<br />

Schmuck schenkte sie, der zu Reliquienbehältern und kirchlichen<br />

Geräten verarbeitet wurde.<br />

Das Pfarrarchiv Benzingen verwahrt einen Brief des Fürsten<br />

Joseph Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen, den<br />

wir hier in moderner Rechtschreibung wiedergeben. Mehrere<br />

lateinische Zitate aus der hl. Schrift sind übersetzt.<br />

Sie zeigen, daß der Fürst mit ihnen vertraut war.<br />

Der ganze Text atmet eine patriarchalische Verbundenheit<br />

des Landesherrn, der sich als Vater der Untertanen fühlt und<br />

mit ihnen alle Sorgen der Untertanen teilt. Als Landesvater<br />

fühlt er sich auch für die Seelen der Landeskinder verantwortlich.<br />

Er will den Sterbenden, die in den letzten Zügen<br />

liegen, in ihrer Not beistehen, indem alle Ortsbewohner zum<br />

Gebet aufgefordert werden durch das Zügenglöcklein.<br />

Mancherorts nennt man „Zügenglöcklein" ein Glockenzeichen,<br />

wenn der Priester mit der Wegzehrung von der<br />

Kirche weggeht, begleitet vom Mesner oder Ministranten.<br />

Nach altem Brauch kommen daraufhin die Bewohner der<br />

Straße, durch die der Weg zum Kranken führt, aus dem<br />

Haus und beten auf den Knien den Heiland an. Früher<br />

wurden die Leute ermuntert, den Priester betend zum Hause<br />

des Kranken zu begleiten. Es waren besondere Ablässe<br />

damit verbunden. Normalerweise müßte man dieses Glockenzeichen<br />

„Versehglocke" nennen.<br />

Es scheint, daß auch bei nächtlichen Versehgängen ein<br />

Glockenzeichen gegeben wurde. Das mußte begreiflicherweise<br />

wieder abgestellt werden. Ein Glockenzeichen zu geben bei<br />

eingetretenem Sterbefall, „die Scheidung", als Aufforderung,<br />

für die Seele zu beten, wird schon von dem Kirchenschriftsteller<br />

Durandus Ende des 13. Jahrhunderts als bekannter<br />

Brauch erwähnt. Für Frauen wurde damals zweimal, für<br />

Männer dreimal geläutet. In dem Fürstenbrief finden wir<br />

diesen Brauch auch noch angedeutet.<br />

Den Gebetstext, von dem der Fürst spricht, fand ich<br />

nicht im Pfarrarchiv. Es ist mir nicht bekannt, ob der Vorschlag<br />

des Landesherrn durchgeführt wurde. Wie ein Mißklang<br />

findet sich gerade 100 Jahre später der Eintrag: „1846<br />

genehmigt das Oberamt Straßberg, das 13 Pfund schwere<br />

Zügenglöcklein von Benzingen, das seit 30 Jahren unbenützt<br />

im Pfarrhaus dort stehe, nach Blättringen zu schenken, da<br />

die Kapelle dort nur eine Glocke habe."<br />

Ehrwürdiger, besonders lieber Herr Cammerer!<br />

Gleich wie einem regierenden Herrn nebst Beförderung der<br />

Ehre Gottes in seinen Landen nichts mehr angelegen sein lassen<br />

sollte, als das Heil der Seelen seiner lieben getreuen Untertanen,<br />

für welche alle und eine jede insbesondere der einstens<br />

vor einem jetzt noch barmherzigsten, dort aber strengsten<br />

Richter wird Rechenschaft geben müssen, und zwar eine<br />

solche Rechenschaft, die in dem gegenwärtigen blinden finsteren<br />

Lebenslauf nicht kann gefaßt noch begriffen werden, „ein<br />

sehr strenges Gericht wird über die kommen, die vorgesetzt<br />

Das Zügenglöcklein<br />

Als Schwester des Bischofs von Konstanz und als Stifterin<br />

und Wohltäterin genoß Adelheid im Kloster höchstes Ansehen<br />

und Verehrung. Besonders gelobt wird von den Chronisten<br />

jedoch ihre Frömmigkeit. Auf ihr Bitten wurde das<br />

Kloster Neresheim von Zwiefalten aufs neue besetzt und reformiert.<br />

Ob Adelheid selbst Oberin des Frauenklosters war,<br />

ist nicht bekannt. Sie lebte etwa 30 Jahre in Zwiefalten und<br />

wurde über 80 Jahre alt. Am 1. Dezember 1141 ist sie verstorben.<br />

Ihr Grab ist nicht mehr bekannt. Aber ihr Andenken<br />

lebte in Zwiefalten weiter bis zur Aufhebung des Klosters.<br />

In einem Bericht aus dem 18. Jahrhundert wird sie<br />

sogar als die „Heilige Adelheid" bezeichnet.<br />

Ihre Gründung, das Frauenkloster Zwiefalten, hatte leider<br />

keinen Bestand. Auf die Blütezeit im 12. Jahrhundert folgte<br />

ein langsamer Rückgang. Die Einkünfte reichten auf die<br />

Dauer zur Unterhaltung von zwei Klöstern nicht aus. Im<br />

Pestjahr 1349 wird das Frauenkloster zum letzten Mal urkundlich<br />

erwähnt. Wahrscheinlich starben damals viele der<br />

Nonnen. Die Ueberlebenden sollen in das Kloster Mariaberg,<br />

welches seit 1292 der Aufsicht von Zwiefalten unterstand,<br />

versetzt worden sein. Fortan übernahm Mariaberg die Tradition<br />

des Frauenklosters von Zwiefalten.<br />

Die Gebäude des Frauenklosters wurden später abgerissen.<br />

Nur die Klosterkirche steht heute noch. Sie wird jetzt als<br />

Friedhofskapelle benützt. Trotz der später ausgebrochenen<br />

gotischen Fenster sieht man dem Bau sein hohes Alter noch<br />

an. Die Kirche ist das letzte Andenken an eine bedeutende<br />

Frau aus Gammertingen, an Gräfin Adelheid.<br />

Dr. Herbert Burkarth.<br />

sind": Darum ist ganz natürlich, daß ein jeder Regent „dem<br />

vom Herrn Gewalt und Kraft gegeben", zuweilen durch unverdiente<br />

Gnad Gottes auf solche heilsame Gedanken verfalle,<br />

durch welche er auf Mittel und Weg gelange, die kostbaren<br />

Seelen seiner Untertanen nebst ihrer eigenen Mitwirkung in<br />

den Himmel zu bringen. — Folglich die Last einer so schweren<br />

auf ihn wartenden Verantwortung, wo nicht gänzlich ablehnen<br />

doch wenigstens verringern. Eigene Mittel und Wege<br />

gibt es sehr viele, welche alle vorderhand zu erkennen unsere<br />

Kräfte nicht vermögen, drum glauben wir nicht Unrecht<br />

daran zu sein, um vielleicht eines der kräftigsten gefunden<br />

zu haben, welches in folgendem besteht: „So wir unsern in<br />

beiden Herrschaften und hoher Jurisdiction unterstehenden<br />

ehrwürdigen, viel geliebten Herrn Dekanen, Pfarrherren und<br />

Seelsorgern keineswegs als einen Befehl sondern zu einer<br />

willigen Annehmung eröffnen: Die zusagende Einführung<br />

aber uns zu einem großen innerlichen Trost, ihnen aber zu<br />

noch größerem Verdienst gereichen würde. Gewiß und unwidersprechlich<br />

ist, daß die menschliche, aber kostbare Seele<br />

nach so vielen mühseligen, betrübten zurückgelegten Stünden<br />

ihres armseligen zeitlichen Lebens, jedoch den Schatten<br />

noch nicht gesehen, alles dessen jedoch, was mir annoch bevorstehet<br />

auf dem Todbett in der Stunde des Todes, von<br />

welcher die ewig glückliche oder unglückliche Ewigkeit abhängt.<br />

Sie wird daliegen ohne Trost, ohne Hilf zwischen Furcht<br />

und Hoffnung, nichtwissend, ob sie der Liebe oder der Strafe<br />

würdig sei, sie wird zu vergleichen sein einem Baum, der<br />

zum Abhauen wirklich verurteilt, nicht aber durch eine materialische<br />

Not, sondern durch hervorgebrachten guten oder<br />

bösen Werke, als dessen Früchte werden ihnen fallen machen.<br />

„Wie der Baum fällt, bleibt er liegen", bleibt er gegen Mitternacht<br />

liegen, so erbarmet es Gott, damit dieses aber nicht<br />

geschehe, sondern so viele Bäume als Wir Untertanen in unserem<br />

Fürstentum haben, um welche Wir Red und Antwort<br />

geben müssen, gegen Mittag fallen mögen. So ist anders<br />

nichts übrig, als daß man bei diesem allerwichtigsten und<br />

letzten Umstand gleich wie bei allem andern Vorhergegangenen,<br />

die Zuflucht zu dem heiligen Gebet, welches allein<br />

die Wolken durchdringt und der Lebendigen und Toten<br />

strengsten Richter in einen sanftmütig, barmherzigen Gott<br />

verändert. —<br />

Zu diesem Ende werden Wir nächstens, sobald Wir das<br />

Gehörige und bereits Angebrachte von ihrer päpstlichen Heiligkeit<br />

erhalten haben, in Unserer Residenzstadt allhier einführen,<br />

daß sobald ein Kranker in die Züge gerissen würde,<br />

augenblicklich eine Person von dem Haus, in welchem der<br />

Sterbende liegt, zu dem Mesner, oder demjenigen, der die<br />

Schlüssel des Glockenturmes verwahrt, laufen solle, dieser<br />

aber ohne Verzug eines Augenblicks dahin eilen solle, allwo<br />

er mit einer Glocke ein solches Zeichen geben wird, das von<br />

anderen unterschieden: und man aberkennen könne, ob es ein

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