Ulrich Roehm - Fördervereins Tanzkunst Deutschland
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Interview mit Bertram Müller / Herbsttagung des Dachverbands Tanz <strong>Deutschland</strong><br />
Warum Tanz? Darum!<br />
von Bertram Müller<br />
Weil zeitgenössischer Tanz heute mehr denn je<br />
Poesie und Verdichtung des Lebens ist.<br />
Weil sich im Tanz der Körper, die Psyche und der<br />
Geist des Menschen auf einen gegenwärtigen<br />
Moment zu konzentrieren und sich so die Vielseitigkeit<br />
des Menschen ganzheitlich zu integrieren<br />
und dadurch stimmig zu entfalten vermag.<br />
Weil sich die im Tanz innewohnende Integrität,<br />
Unmittelbarkeit und Verletzlichkeit kaum für<br />
oberflächliche Kompromisse bei der künstlerischen<br />
Darstellung eignet.<br />
Weil Tänzerinnen und Tänzer weitgehend ohne<br />
theatralische Schutzmechanismen, wie z.B. Rollen,<br />
Masken und Erzählungen wagen, ihre Persönlichkeit,<br />
ihre Sexualität, ja sogar ihre Intelligenz<br />
ganz unmittelbar auf der Bühne vor anderen<br />
zu entblößen.<br />
Weil Tänzer auf der Grundlage jahrelanger konsequenter<br />
Praxis unvorstellbare Leistungen des Erinnerns<br />
und Darstellens von äußerst komplizierten<br />
Bewegungsabläufen vollbringen.<br />
Weil der Tanz in der Regel eine kollektive Kreation<br />
von mehreren ist, die höchste „Team-Play«-Qualitäten<br />
erfordert und diese nachhaltig zu bilden<br />
vermag.<br />
Weil Tanz uns die kompliziertesten und oft noch<br />
unausgegorensten Ideen und Konflikte unserer<br />
Zeit ganz unmittelbar durch einen bewegten Körper<br />
kunstvoll/konkret vor Augen führt, die auf andere<br />
Weise nicht vermittelbar wären.<br />
Weil es das ureigenste Thema der <strong>Tanzkunst</strong> ist,<br />
das innige Verhältnis von Raum und Zeit, von Körpern,<br />
Form und Dynamik, immer wieder neu am<br />
eigenen Leib zu erforschen und uns damit auf immer<br />
neue Weise hilft, die rapid sich verändernde,<br />
multilokal und multitemporal gewordene Welt<br />
begreifbar und in Würde lebbar werden lässt.<br />
Weil von allen Künsten noch am ehesten der<br />
Tanz live und ganz real mit der äußerst rasanten<br />
Geschwindigkeit und Verdichtung der Bilder der<br />
digitalen Medien zu konkurrieren vermag.<br />
Weil der Tanz über kulturelle Grenzen hinweg die<br />
Substanz der verschiedensten kulturellen Identitäten<br />
vermittelt und diese ohne sprachliche Übersetzung<br />
ganz unmittelbar verständlich machen<br />
kann.<br />
Weil <strong>Tanzkunst</strong> zu erleben und selbst zu tanzen<br />
uns verbindet, herausfordert, spontan gerne<br />
glücklich macht und einfach gesund ist. ■<br />
Bertram Müller 08/07, Text basierend auf einem Interview mit John<br />
Ashford, ehemals The Place London, mit dem Titel »IDEE: Defining<br />
the Undefinable« in der Fachzeitschrift »Theater der Zeit«<br />
Jung, stark, selbstbewusst<br />
Herbsttagung des Dachverbands Tanz <strong>Deutschland</strong><br />
von Günther Rebel<br />
Mit dem Appell »Eine Stimme für den Tanz!« lud der Dachverband<br />
Tanz <strong>Deutschland</strong> (DTD) seine Mitglieder zur Herbsttagung in das<br />
tanzhaus nrw nach Düsseldorf ein. Das volle Zwei-Tage-Programm<br />
bestand aus einem umfangreichen Themenkatalog, von der sozialen<br />
Lage der Tänzer über das Kulturerbe Tanz bis hin zur kulturellen Bildung.<br />
Vorstellungen des gleichzeitig stattfindenden Festivals »Frash<br />
Tracks Europe« standen ebenso auf dem Programm wie die jährliche<br />
Mitgliederversammlung und die Neuwahl des Vorstands.<br />
Zu den Themen schreibt der DTD in seiner Zusammenfassung<br />
vom 26.10.2012 in einem Rundbrief an die Mitglieder: »Die Verbände,<br />
herausragende Institutionen und Persönlichkeiten des Tanzes<br />
diskutierten aktuelle Entwicklungen im Tanz – insbesondere<br />
im Bereich kulturelle Bildung. Hier hat der Bundesverband Tanz<br />
in Schulen (in Kooperation mit dem DTD) erfolgreich den Antrag<br />
»Chance Tanz« beim Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung<br />
platzieren können und wird in den nächsten fünf Jahren<br />
bis zu 6 Millionen Euro für lokale Projekte erhalten. Zugleich zeigt<br />
die äußerst erfolgreiche Petition zur weiteren Befreiung der Musik-<br />
und Tanzschulen von der Mehrwertsteuer (96.567 Stimmen),<br />
welche vom Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik (DBfT<br />
e. V.) initiiert und vom DTD weiter verbreitet wurde, die Stärke des<br />
Tanzbereichs.« Zum Erfolg der Petition muss unbedingt gesagt<br />
werden, dass neben dem DTD vielleicht nicht nur sporadisch eine<br />
Solidargemeinschaft entstanden ist, der z. B. auch der Beirat Tanz<br />
im Deutschen Kulturrat, der Musikschulverband und die Royal Academy<br />
of Dance ® angehörten.<br />
Sehr engagiert berichtete Linda Müller über das Projekt »Chance<br />
Tanz« und regte zugleich einen spontanen Gedankenaustausch über<br />
die Nachhaltigkeit von gut gemeinten, aber nicht unbedingt sinnvollen<br />
Projekten an. Zwei Wochen vor dieser Diskussion äußerte sich<br />
interessanter Weise bereits der Deutsche Bühnenverein zu diesem<br />
Thema mit folgender Pressemitteilung:<br />
Dachverband Tanz<br />
Ständige Konferenz Tanz<br />
<strong>Deutschland</strong><br />
PRESSEMITTEILUNG – Köln, den 11. Oktober 2012<br />
Künstlerischer Ausschuss des Bühnenvereins kritisiert<br />
zunehmende Projektförderung im Kulturbereich<br />
Anlässlich seiner Sitzung am 9. und 10. Oktober 2012 in Köln kritisiert<br />
der künstlerische Ausschuss im Deutschen Bühnenverein,<br />
dass sich die Finanzierung von Kunst und Kultur zunehmend in die<br />
Projektförderung verlagert. Im Gegensatz zur institutionellen Förderung<br />
mangele es Projektförderungen vor allem im pädagogischen<br />
Bereich an der notwendigen Nachhaltigkeit; sie seien zudem unüberschaubar<br />
und oft unkoordiniert und bürokratisch. Auch erlaubten<br />
sie kein kontinuierliches Arbeiten. Dies zeige sich insbesondere<br />
8 Ballett Intern 5/2012